Josef Mettler aus Dussnang TG betreibt einen Landwirtschaftsbetrieb mit Milchwirtschaft und Schweinezucht. Seine Kühe fressen gerne Silofutter, deshalb lässt er Gras und Mais zu Siloballen pressen. Gut 500 Ballen fallen jährlich an. Eine lange Schlange weisser Ballen schlängelt sich um seinen Betrieb. „Wir sammeln die Folien und fahren ungefähr drei Mal jährlich zur Innorecycling nach Eschlikon”, erklärt Josef Mettler. Da die Distanz zum Entsorger nur gering sei, halte sich der Aufwand in Grenzen, so Mettler. Für seine Folien kriegt er ein Entgelt von 20 Franken pro Tonne, weil er sie selber anliefert. Für ihn ist klar: „Das ist eine gute Sache, die muss man unterstützen.”

Ungenutztes Potenzial

Markus Tonner, Geschäftsführer der Innorecycling AG, freut sich über solche Landwirte, bedauert aber, dass die Zahl der Bauern, die ihre Plastikfolien regelmässig recyclen lassen, noch sehr klein ist. „Das Potenzial zur Wiederverwertung ist gross und grösstenteils ungenutzt”, so Tonner weiter. Die ungefähr 10 Prozent der Siloballen-Abfälle, die in der Schweiz dem Recycling zukommen, seien viel zu wenig. Weil Siloballen sortenrein und in grossen Mengen vorliegen, könnten sie mit wenig Aufwand separat gesammelt werden – anstatt verbrannt zu werden. Dadurch könnte einer hohe CO2 Belastung vermieden und das Klima geschützt werden. Mögliche Gründe sieht Tonner bei den Bauern selbst, aber auch bei den Kehrrichtverbrennungen, die auf den Brennstoff „Kunststoff” nicht verzichten wollen.

Silofolien erzeugen zu viel Hitze

Dass KVAs nicht auf Silofolien verzichten wollen, sieht Peter Steiner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der KVA Thurgau, ganz anders. „Selbstverständlich können wir auf Siloballen-Kunststoff verzichten”, sagt er auf Anfrage. Das Verbrennen von Plastikfolien erzeuge eine sehr grosse Hitze und deshalb sei es notwendig, dass Polyethylen mit anderem Abfall gemischt werde. „Hingegen sind KVAs Gesamtentsorger für Haushalt und Gewerbe und deshalb ist es für Landwirte legitim, Silofolien bei uns abzugeben.”

Meistens bringen Landwirte Silofolien zusammen mit anderem Kehricht zu ihnen. Zudem seien die Silofolien, beispielsweise im Kanton Thurgau, eine vernachlässigbare Grösse. Von den schweizweit geschätzten 15‘000 Tonnen entfallen nur ungefähr 400 Tonnen Silofolien auf den Thurgau. Im Vergleich verbrennen die Kehrrichtverbrennungen im Thurgau jährlich 150‘000 Tonnen Kehricht. Zudem sei der Anreiz, Folien zu recyclen, längst über den Preis gegeben. Bei den KVA Thurgau kostet die Anlieferung von einer Tonne 190 Franken, die Preise seien schweizweit aber nicht identisch, so Steiner weiter.

Er findet das Recycling von Polyethylen sinnvoll, hingegen könne es nicht Aufgabe seiner Branche sein, eine eigene Logistik für die Entsorgung dieses Kunststoffes aufzubauen. Zudem würden sie die Broschüre über „RESI”, dem nationalen Projekt zur Förderung des Recyclings von Landwirtschaftsfolien, das vom Schweizerischen Bauernverband, den Lohnunternehmern Schweiz und der Organisation Agrocleantech unterstützt wird, auflegen.

Unnötiger Ressourcenverschleiss

Markus Tonner ist enttäuscht, dass in der neuen Verordnung über die Verwendung und Entsorgung von Abfällen (VVEA), welche Anfang Januar 2016 in Kraft trat, der Artikel 21 ersatzlos gestrichen wurde. Dieser sah ursprünglich vor, dass Landwirtschaftsfolien gesammelt und stofflich verwertet werden müssten. „In der Schweiz kann also weiterhin nicht damit gerechnet werden, dass Silofolien flächendeckend stofflich verwertet werden”, so Tonner weiter. Dies führe zu einem unnötigen Ressourcenverschleiss und zu einer hohen CO2-Belastung. Ökobilanzen zeigen, dass durch das Recycling, pro Kilogramm Regranulat 3,10 Kilogramm CO2 durch die Vermeidung der Verbrennung und dem kleineren Energieaufwand für neue Kunststoffteile eingespart werden können. Würde man die 15‘000 Tonnen Silofolien recyclen, könnten dadurch 46‘500 Tonnen CO2 eingespart werden. Das Recycling schone nicht nur das Klima, sondern auch die Ressource Erdöl. „Jedes Gramm Rohstoff, das in der Schweiz aus dem Abfall zurückgewonnen wird, muss nicht vom Ausland importiert werden”, so Tonner weiter.

Noch viel zu tun

Ähnlich tönt es bei Marlis Biland, Geschäftsführerin des Verbandes der Lohnunternehmer Schweiz. „Wir informieren unsere 350 Mitglieder regelmässig, die Folien, die sie bei den Landwirten zum Ballenpressen benutzen, auch wieder zurück zu nehmen und artengerecht dem Recycling zuzuführen.” Viele führen eine eigene Abnahmestelle, andere achten eventuell zu wenig darauf, sagt Biland. Zu beachten sei auch, dass es in der ganzen Westschweiz, im Jura, Wallis, Tessin und Graubünden nur sehr wenig Annahmestellen gebe. Sie ist überzeugt, dass in diesen Regionen die allermeisten Silofolien noch in den KVAs verbrannt werden. „Da haben wir noch ziemlich viel zu tun.”

Auch Bruno Aemisegger, Agro Bedarf und selber Landwirt im Appenzeller Land, weiss um die Problematik. Als Importeur der Folien sei er schon lange mit Innorecycling in Kontakt und für ihn sei es selbstverständlich, dass er alle Arten von Folien – ob lose, zu Würfeln gepresst oder in den sogenannten Big Bag – zurücknehme und nach Eschlikon in die Innorecycling transportiere. Er kriegt bei Innorecycling einen tagesaktuellen Preis. Bei den Landwirten verlangt er für den gepressten Würfel 40 Franken, für den Big Bag sechs Franken. Das sei viel billiger, als wenn die Landwirte die Folien ins die KVA bringen.

Ruth Bossert, lid