In der Europäischen Union EU gibt es zwar Mindestvorschriften zum Tierschutz, die für alle 27 EU-Mitgliedsländer gelten, doch deren Anforderungen sind gering. Die Schweizer Tierschutz-Vorschriften sind durchs Band strenger und detaillierter als jene in der EU.

DossierZwei Muttersauen mit ihren Ferkeln in einem Gruppensäugestall.Volksinitiative 2022Massentierhaltungs-Initiative MTIDonnerstag, 28. Oktober 2021 Zudem bestehen bei den Tierschutz-Bestimmungen der verschiedenen EU-Länder grosse Unterschiede. Das EU-Parlament forderte 2012 eine einheitliche EU-Tierschutz-Gesetzgebung, deren Einhaltung zudem streng überwacht werden sollte.

Ausserdem sollten die neuen Gesetze auch Milchkühe, Haustiere und streunende Hunde (wegen der Tollwutgefahr) einbeziehen. Diese Tierarten fallen nämlich noch nicht unter die EU-Gesetzgebung. Doch dieser Vorstoss stiess aus zwei Gründen auf grossen Widerstand:

  • Bis heute ist es noch nicht einmal gelungen, die bisherigen Vorschriften in allen Ländern durchzusetzen
  • Die Mentalität in den EU-Staaten ist zu verschieden für einen gemeinsamen Nenner

Die Schweizer Tierschutz-Kontrollen sind vielleicht nicht perfekt. Im Vergleich zur EU steht die Schweiz aber sehr gut da.

Oft krasse Vollzugs-Defizite im Nutztier-Schutz in den EU-Staaten

2006 verfasste die EU-Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere in den EU-15 Mitgliedstaaten Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Vereinigtes Königreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien.

Die Kontrollergebnisse deuten darauf hin, dass es in den EU-Mitgliedsstaaten sowohl mit der Umsetzung der Vorschriften als auch mit der Durchführung der Kontrollen hapert.

Viele Richtlinien-Verstösse bei Legehennen-Betrieben in der EU

So nahm es das EU-Land Österreich bei den Kontrollen offensichtlich sehr genau und stellte in 1543 kontrollierten Legehennen-Betrieben total 7000 Verstösse fest.

Relativ hohe Beanstandungs-Raten in Legehennen-Betrieben gab es auch in folgenden EU-Ländern:

  • 70 Prozent Irland
  • 52 Prozent Grossbritannien
  • 50 Prozent Spanien
  • 31 Prozent Deutschland

Dagegen wiesen in Italien nur 2 Prozent der Legehennen-Betriebe Mängel auf, in Griechenland sogar 0 Prozent. Was die Griechen und Italiener wohl weniger der vorbildlichen Legehennen-Haltung zu verdanken haben, sondern ihren notorischen Vollzugs-Defiziten.

Beanstandungen in EU-Betrieben können nicht mit der Schweiz verglichen werden. Unsere Betriebe und die Kontrollen stehen auf einem sehr hohen Niveau. Eine kleine Beanstandung bei einer Kontrolle im Tierwohlprogramm RAUS ist von einem ganz anderen Kaliber als eine schwerwiegende Beanstandung auf einem EU-Betrieb.

Auch die Kälber-Betriebe in der EU sind alles andere als vorbildlich

Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Kälberhaltung: Hier kam Österreich bei 9378 Betriebsbesuchen auf 26'700 Verstösse.

Relativ hohe Beanstandungs-Raten in der Kälberhaltung gab es auch in folgenden EU-Ländern:

  • 78 Prozent Frankreich
  • 57 Prozent Finnland
  • 51 Prozent Grossbritannien
  • 35 Prozent Belgien
  • 28 Prozent Deutschland

Bei den Kälber-Betrieben in Italien ist die Beanstandungsrate mit 1 Prozent wiederum verdächtig tief. Von Griechenland mit nur einem einzigen Tierschutz-Sünder in 1100 besuchten Kälber-Betrieben (0,1 Prozent) reden wir gar nicht.

Eher ernüchtert stellte die EU-Kommission in ihrem Bericht über die Umsetzung der Richtlinie zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere fest, «dass eine mangelnde Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten nach wie vor gang und gäbe ist.»

Nutztier-Transporte in der EU im Vergleich zur Schweiz

In der Schweiz dürfen Tiere maximal 6 Stunden transportiert werden. Ganz anders in der EU:

– Schweine dürfen bis zu 24 Stunden transportiert werden, solange sie Zugang zu Trinkwasser haben.

– Pferde dürfen bis zu 24 Stunden transportiert werden, solange sie alle 8 Stunden Zugang zu Trinkwasser haben.

– Rinder, Schafe und Ziegen dürfen14 Stunden am Stück transportiert werden, und dann – nach einer Stunde Ruhezeit plus Tränke – weitere 14 Stunden.

Diese Transportabschnitte können beliebig oft wiederholt werden, wenn die Tiere dazwischen für 24 Stunden an einer zugelassenen Kontrollstelle entladen, gefüttert und getränkt werden.

Fachleute schätzen, dass in der EU bis zu 2 Millionen Schweine jährlich beim Transport verenden. Das sind fast so viele, wie in der Schweiz jährlich geschlachtet werden. Beim Geflügel wird geschätzt, dass in der EU jährlich 10 Millionen Tiere beim Transport verenden. Das entspricht praktisch dem ganzen Geflügelbestand der Schweiz.

In vielen EU-Ländern werden die Tiere mit Elektroschock ins Fahrzeug oder in den Schlachthof getrieben. Sie sind dann entsprechend gestresst und oft verletzt, wenn sie am Schlachthof eintreffen.

Das wirkt sich auch auf die Fleisch-Qualität aus: In der EU wird bei jedem vierten Schlachtschwein PSE nachgewiesen. Das Fleisch ist durch die Stresshormone bleich, weich und wässrig (pale, soft, exudative = PSE). Um das zu verhindern, werden den Tieren in vielen Ländern Beruhigungsmittel verabreicht.