Als kleines Mädchen verbrachte Ruth Wüthrich mit ihrer Familie die Sonntage auf dem Dahlienfeld der Gärtnerei Waldhaus im bernischen Lützelflüh. Seither sind 60 Jahre vergangen, aber "Dahlien-süchtig" sei sie noch immer, sagt sie im eigenen Blumenfeld stehend. Heute verkauft Wüthrich selber Dahlien, für 60 Rappen das Stück. Ihr Blumenfeld in Brittnau AG ist eines der grössten in der Region. Auf einer halben Hektare bietet das Ehepaar Wüthrich über 60 verschiedene Blumen an. "Von den Dahlien haben wir 80 Sorten, in allen Formen und Farben", sagt sie. Dabei hat vor rund 25 Jahren alles ganz klein angefangen.

Die Dahlien verhalfen ihnen zum Glück

Beim Tanz an der Dahlienschau in besagtem Waldhaus hatte Ruth ihren zukünftigen Ehemann Walter Wüthrich kennengelernt. Sie zog nach Brittnau und unterstützte ihn auf dem Hof. Damals hielten sie Milchkühe und Muttersauen. Und pflegten einen grossen Bauerngarten, in dem Ruth Wüthrich Gemüse und Blumen anbaute. Ihre Dahlien-Sammlung wurde bald zu gross und hatte keinen Platz mehr im Garten, darum versetzte sie die Zierblumen hinters Haus. "Nebst den Dahlien hatten wir Zinnien, Löwenmäulchen und Sonnenblumen", erzählt Ruth Wüthrich. "Wir haben eine Schere hingelegt und eine Kasse, wo die Leute sich selber bedienen konnten. Für meinen Vater war es anfangs komisch, dass immer wieder fremde Leute im Blumenfeld standen.

Angebot wächst, Arbeit nimmt zu

Von Jahr zu Jahr wuchs das Angebot. Und gleichzeitig die Arbeit, beispielsweise bei den Dahlien. "Ich grabe die Knollen im Herbst aus der Erde und sortiere sie nach Blütenfarbe. So überwintern sie im Keller und können im nächsten Jahr wieder ausgesät werden", sagt Ruth Wüthrich. Zwiebeln für Gladiolen und Tulpen müssen jedes Jahr gekauft werden, der Rest ist einjährig und wird im Treibhaus angesät und pikiert, bevor die Blumen aufs Feld kommen. Wenn die Pflanzen einmal auf dem Feld sind, nimmt ihre Pflege viel Zeit in Anspruch. "Im Sommer sind wir jeden Tag im Feld, vor allem das Jäten gibt viel zu tun. Dazu kommt die Bekämpfung von Schädlingen und Pilzkrankheiten, je nach Witterung", sagt Ruth Wüthrich. Das pensionierte Ehepaar sei langsam müde. "Viele Jahre waren wir betrieblich eingespannt. Jetzt wollen wir unsere Zeit geniessen, die Oldtimer-Cabriolets ausfahren oder gemütliche Radtouren unternehmen", sagt Walter Wüthrich.

Bestehenden Kundenkreis nutzen

Ruth Wüthrich hatte deshalb zu Beginn der Blumensaison einen Zettel neben der Kasse aufgehängt und die Besucher informiert, dass diese Saison die letzte sei. "Dann kam so viel Widerstand von den Kunden, dass wir es nochmals mit dem Junior besprochen haben", lächelt Ruth Wüthrich. Sohn Hanspeter führt den Betrieb mit 15 Mutterkühen und etwa 13 Hektaren nebst einem Vollzeitpensum auswärts, seine Frau geht auch einer externen Tätigkeit nach. Die beiden wollten das Feld zuerst nicht weiterführen. "Aber unsere Enkelin macht gerade die Ausbildung zur Floristin. Wenn sie einmal fertig ist, ist sie vielleicht interessiert am Feld", erklärt Ruth Wüthrich. So entschieden sie sich, das Feld trotzdem noch ein paar Jahre weiterlaufen zu lassen. "Die Lage des Feldes ist gut, der Kundenkreis über Jahrzehnte aufgebaut und wir haben viel Erfahrung gesammelt. Es macht uns froh, wenn das alles nicht einfach verloren geht sondern weitergeführt wird", sagt Walter Wüthrich. 

 

Lohnt sich ein Schnittblumenfeld?

Vom blossen Anschauen landet aber noch kein Geld in der Kasse. Wie rentabel ist denn das Blumenfeld? "Wir verkaufen die Blumen zu tiefen Preisen, verlangen für eine Sonnenblume einen Franken, während sie auf anderen Feldern 1.50 CHF kostet. Die Kunden runden sowieso selber auf oder ab", so Ruth Wüthrich. Allgemein liege weniger Geld in den Kassen als noch vor ein paar Jahren, obwohl sie gefühlsmässig mehr Kundschaft hätten, sagen Wüthrichs. Diebstähle gebe es sicher regelmässig, aber die meisten Kunden bezahlen für ihre Blumen, schätzt das Ehepaar die Lage ein. Einen Stundenlohn haben sie sich noch nie ausgezahlt, eine zusätzliche Arbeitskraft könnten sie wohl nicht entlöhnen. Das Wetter habe grossen Einfluss darauf, wie viel Geld abends in der Kasse liegt. "Wenn es regnet kommt niemand. Aber wir haben Freude am Blumenfeld und sind zufrieden", sagt Ruth Wüthrich.

«Mein Feld muss rentieren»

Als Hans Hagenbuch in Oberlunkhofen AG vor 30 Jahren mit seinem Schnittblumenfeld angefangen hatte, war er beinahe der einzige Anbieter. "Da wo jetzt die Autobahn ist, war eine Schnellstrasse. Pendler, die nach Zürich fuhren, hielten an meinem Blumenfeld an", sagt Hagenbuch und ergänzt, "es gab Zeiten, da standen 20 Autos da.". Ein geeigneter Standort sei das A und O bei den Schnittblumen, sobald man einen Wegweiser aufstellen müsse, kämen die Leute nicht mehr. Für ihn waren die Schnittblumen immer ein wichtiges zweites Standbein neben der Milchproduktion: "Es gab Zeiten, da war der Erlös der Milch gleich gross wie derjenige meiner Schnittblumenfelder". Die Wirtschaftlichkeit steht noch immer im Zentrum, so Hagenbuch. "Wir haben gerechnet, die Ausgaben von den Einnahmen abgezogen. Dem Mitarbeiter haben wir stets einen Stundenlohn von 35 Franken bezahlt. So haben die Schnittblumen immer rentiert", erklärt der Landwirt. Gerade am Anfang setzte er auf Sonnenblumen, deren Samen billig sind, und pflanzte nicht viele der teuren Tulpenzwiebeln, denn: "Der Absatz ist und bleibt wetterabhängig. In manchen Jahren haben wir 5% verkauft von dem, was wir gesät haben." Hagenbuch war stets bedacht, Anbau und Pflege zu optimieren. Er will effiziente Modelle für seinen Betrieb. Das schulde er Mitarbeitern und Familie. "Mit den Schnittblumen ist das möglich, man muss es nur schön, effizient und gut machen. Dann verdient man einen anständigen Lohn dabei." Inzwischen hat er den Betriebszweig etwas zur Seite gelegt, weil er andere Projekte hat. "Und weil es inzwischen viele andere Blumenfelder in der Region gibt", sagt Hagenbuch.