Der abtretende Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands (LBV) war achteinhalb Jahre im Amt und vorher schon fünf Jahre im Vorstand. Mitte Oktober gibt er die Leitung an Markus Kretz weiter. Ein Interview.

Was war das prägendste ­Erlebnis in dieser Zeit beim LBV?

Jakob Lütolf: Es gibt nicht einfach das Ereignis. Am eindrücklichsten war, den Luzerner  Bäuerinnen und Bauern zu dienen und viele Leute kennenzulernen. Die Präsidialzeit war auch sehr herausfordernd, brachte einem aber persönlich viel. Schön war für mich die gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden, dem Vorstand und speziell mit unserem Geschäftsführer Stefan Heller. Wir haben einen guten Draht zueinander, waren zwar nicht immer gleicher Meinung, haben aber eine gute Streitkultur entwickelt. Ich habe in meinem Leben ja bisher schon viel gemacht, aber die Tätigkeit als LBV-Präsident war mir die liebste.

Was mir sehr zu denken gibt, ist die aktuelle Kritik an der Landwirtschaft, auch die laufenden Initiativen. Da hat man als Bauer schon den Eindruck, man sei an allen Problemen schuld. Dabei hat sich die Landwirtschaft in den vergangenen Jahren sehr stark bewegt, gerade auch im Umweltbereich. So fragt man sich schon, ob die Gesellschaft respektive die Umweltverbände die Umweltleistungen nicht sehen will, oder ob wir diese zu wenig kommuniziert haben. 

An Ihrer Präsenz kann es ja nicht gelegen haben. Ihre ­Vorstandskollegen sagen, dass Sie dem LBV ein Gesicht gegeben haben.

Die bäuerlichen Organisationen, der LBV wie der Schweizer Bauernverband, sind sehr präsent. Weil eben viele Themen zu behandeln sind und die Landwirtschaft viel mehr in den Schlagzeilen ist.  Deshalb braucht es Leute, und das bin ja nicht nur ich, die in der Öffentlichkeit präsent sind und die Positionen vertreten. Ich denke, die Arbeit des LBV wird von der bäuerlichen Basis geschätzt. Allerdings gibt es halt immer Unzufriedene.

Zum Beispiel aktuell wegen der Phosphorauflagen um die Mittellandseen?

Ja, zum Beispiel. Da gibt es sicher einige Bauern, welche vom LBV mehr Einsatz gegen diese Verschärfung erwartet hätten. Wir hatten in der Arbeitsgruppe den Eindruck, die jetzige Verordnung sei ein gangbarer Mittelweg. Schliesslich muss man sehen, dass die Forderungen viel weiter gingen und die jetzige Lösung ein Kompromiss ist.

Das Verhältnis des LBV zu den Umweltverbänden und zum Kanton ist ja derzeit eher gespannt. Stichworte sind Raumplanung, Ammoniak, Phosphor, Gewässerräume usw. Ihre Meinung?

Sicher gibt es unterschiedliche Ansichten. Wir haben aber mit den Umweltverbänden schon lange einen runden Tisch, und dort führen wir recht vernünftige Diskussionen, auf Augenhöhe und konsensorientiert. Es ist für uns dann jeweils befremdend, wie harsch und auf Konfrontationskurs diese jeweils gleichwohl nach aussen kommunizieren, offenbar um ihre Klientel zu befriedigen. Am gemeinsamen Tisch tönt es oft ganz anders.

Beim Kanton haben wir zu einigen, aber nicht allen Dienststellen einen guten Draht, und auch mit der Führungsebene führen wir gute Gespräche. Beim Vollzug auf operativer Ebene erleben wir dann aber oft etwas anderes, und das gibt dann wieder Diskussionen.

Ende Oktober sollen Sie zum Präsidenten des Zentralschweizer Bauernbundes per Anfang 2021 gewählt werden. Was sind dort die Ziele?

Weiterführen und ausbauen möchte ich sicher die Koordination untereinander, zwischen den beteiligten Kantonen. Wir müssen mehr mit einer Stimme auftreten in der Zentralschweiz, und unsere Kräfte bündeln. Schliesslich sind alle Innerschweizer Kantone und Luzern ähnlich strukturiert. Alle haben Berggebiete und alle haben eine relativ kleinflächige und tierintensive Landwirtschaft. Erst recht müssen wir gemeinsame Anliegen gemeinsam vertreten. Wichtig scheinen mir auch die Nähe und ein guter Draht zur Regierung, die sind in den Innerschweizer Kantonen noch viel ausgeprägter als in Luzern.

Welche Tipps geben Sie den Luzerner Bauernfamilien für die Zukunft?

Ich stelle fest, dass die Luzerner Bauern schon immer sehr agil und innovativ waren, deshalb hatten wir auch einen vergleichsweise geringen Strukturwandel. Allerdings werden sich künftig sicher einige Betriebe neu orientieren müssen, nicht nur, weil wir insgesamt im Kanton bei den Tierbeständen anstehen. Dass die Konsumenten wieder mehr Nähe suchen und eine transparente Produktion erwarten, ist eine Chance für die Bauern. Ich bin zuversichtlich aufgrund unserer unternehmerischen und gut ausgebildeten Bauern und Bäuerinnen. Innovationen müssen allerdings möglich sein und nicht durch ständige Auflagen behindert werden.