Der Schweizer Bauernverband (SBV) will die Vorwürfe der Tamedia-Zeitungen an die Adresse der Bauern nicht unbeantwortet lassen. Tierschutz und Tierwohl seien für den SBV wichtige Themen, heisst es in einer Mitteilung vom Dienstagabend. Der SBV erwarte grundsätzlich, dass die Bauernbetriebe die Gesetze einhalten und akzeptiere weder grobe Verstösse noch wiederholte Vergehen.

"Ungerechtfertigte Pauschalverurteilung"

Die Berichterstattung im Artikel der Sonntagszeitung und in den Folgeartikeln der Tamedia-Gruppe seien aus Sicht des SBV aber verzerrend gewesen und den Fakten nicht gerecht geworden. "Tatsache ist, dass die Schweizer Bauernhöfe streng und regelmässig kontrolliert werden", hält man fest. Bei 10'647 Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben im Jahr 2018 seien bei knapp 87% der Betriebe keinerlei Tierschutz-Mängel festgestellt worden.

Über alle Kantone betrachtet fanden laut den Zahlen des Bundesamts für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BVL) rund 35% dieser Tierschutz-Grundkontrollen unangemeldet statt. Wenn Tiere leiden mussten und/oder Schaden nahmen, leiteten die Behörden ein Strafverfahren gegen den entsprechenden Tierhalter ein, fasst der SBV zusammen. Das sei 2018 bei 613 Fällen nötig gewesen. "Das ist unschön und eine hohe Zahl", hält man fest.

Es seien aber nicht Tausende von Bauernbetrieben, sondern 1.3 Prozent der Tierhalter. "Ebenso wenig kann man daraus auf generell skandalöse Zustände auf den Schweizer Bauernhöfen schliessen", betont der Verband, "diese ungerechtfertigte Pauschalverurteilung ist ein Schlag ins Gesicht der grossen Mehrheit der Bauernfamilien, die sich tagtäglich vorbildlich um ihre Tiere kümmern". Der SBV reiche deshalb beim Presserat eine Beschwerde gegen die Berichterstattung der Tamedia-Gruppe und speziell der Sonntagszeitung ein.

Berner Bauernverband lädt zur Besichtigung ein

Auch der Berner Bauernverband (BBV) wandte sich heute mit einem offenen Brief gegen die Berichterstattung der Tamedia. Zunächst hält der BBV fest, dass er es nicht toleriert, wenn Tiere gesetzeswidrig gehalten werden. "Aus diesem Grund arbeiten wir seit Jahren eng und gut mit dem kantonalen Veterinärdienst zusammen und sind bestrebt Probleme aktiv anzugehen und zu lösen", heisst es im Brief an die Tamedia-Redaktionen.

"Wir tolerieren es aber auch nicht, wenn in einseitigen Berichterstattungen einmal mehr alle Landwirtinnen und Landwirte dem Generalverdacht der Tierquälerei ausgesetzt werden", heisst es weiter. Es sei schlicht nicht korrekt, wie in den Artikeln von Sonntag und Montag unter den Titeln "Tausende Bauern verstossen gegen den Tierschutz" (Sonntagszeitung) und "Zu wenig Kontrollen: Tierquäler bleiben unentdeckt" (Berner Zeitung u.a.) generalisiert werde. Es gelte hier zu differenzieren. "Wenn über den Strassenverkehr berichtet wird in Bezug auf Geschwindigkeitsvergehen, dann wird auch unterschieden zwischen leichten Überschreitungen und einem Raser. Nicht alle die zu schnell fahren sind automatisch Raser. Bei Berichten über die Landwirtschaft wird das offenbar nicht so eng gesehen", so der BBV.

Zum Schluss reicht der BBV den Journalisten die Hand: "Gerne laden wir Sie ein, diesen Sommer den einen oder anderen Betrieb mit uns zu besuchen und sich und Ihren Leserinnen und Lesern ein echtes Bild der Schweizer Landwirtschaft und Tierhaltung zeigen zu lassen. Ein Bild das nicht nur heile Welt darstellt, sondern ein Spiegel ist von harter Arbeit und echter Sorge um die eigenen Tiere."