Markus Müller hat einen kleinen Hof mit nur 0,4 Standardarbeitskraft (SAK). Das wurde amtlich berechnet nach der «Verordnung über landwirtschaftliche Begrifffe und die Anerkennung von Betriebsformen». Für die kantonale Verwaltung des Kantons Zürich sind Müllers deshalb Freizeitbauern. Markus Müller kommentiert diese Einteilung im offenen Brief (morgige BauernZeitung, Seite 6) so: «Das ist grobes Unrecht.»

Müller ist fleissig, hat aber den Stempel «Hobbybauer»

Denn Müllers sind fleissig, innovativ und ihre Betriebszweige sind ein echtes Bindeglied zwischen Bevölkerung und Landwirtschaft:

  •  Wöchentlich zwei Tage hat Familie Müller ihr «Buurelädeli» geöffnet.
  •  Sie verkaufen selber gemachten Süssmost, eigenen Obstessig, Holzofenbrote, Konfi, Dörrobst und saisongemäss Beeren und Obst.
  • Sie haben schon 10 Mal den 1.-August-Brunch auf dem Bauernhof durchgeführt.
  • Müllers Kunden-Mosterei ist jährlich 180 Stunden in Betrieb.

Die Hälfte des Einkommes

«Mosterei und Lädeli bringen uns rund die Hälfte unseres bäuerlichen Einkommens», erklärt Müller. Aber genau diese zwei paralandwirtschaftlichen Betriebszweige zählen eben nicht zu der Berechnung der SAK. Und darum erreicht Müllers Hof mit offiziell nur 0,4 SAK die «Gewerbegrenze» nach dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) nicht, weil der Kanton Zürich nicht von der Möglichkeit Gebrauch machte, die Gewerbegrenze tiefer als eine SAK zu senken. Und deshalb steht jetzt der Neubau einer baufälligen Feldscheune auf der Kippe.

Gratis bekam Müller den amtlichen Stempel «Hobbybauer» vom Amt für Landschaft und Natur des Kantons Zürich, was ihn stinkhässig macht. Müller fragt in seinem offenen Brief an den Schweizer Bauernverband: «Was tut der Bauernverband, dass die Betriebszweige der Paralandwirtschaft auch zu den SAK zählen?»

Der Schweizer Bauernverband (SBV) erkannte dieses Problem, dass Paralandwirtschaft, die zum Beispiel mit Agrotourismus und Direktvermarktung sehr viel Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft macht, nicht zu den SAK zählt, schon länger.

Eine Standesinitative und ein Bericht sind unterwegs

Der SBV unterstützte deshalb die Standesinitiative des Kantons Bern vom 12. September 2012. Diese fordert:

  • Dass der Arbeitsaufwand für Direktvermarktung, Hofladen und Agrotourismus in der Berechnung des Arbeitsanfalls nach SAK besser berücksichtigt wird,
  • und dass der Aufwand für Buchhaltung. Datenverarbeitung, Produktverarbeitung in der SAK-Berechnung zu berücksichtigen ist.

Die WAK (Wirtschaft- und Abgabenkommission) des Ständerats wird diese Berner Standesinitiative am kommen 13. Februar behandeln. Weiter unterstützt der SBV das Postulat des Luzerner CVP-Nationalrats Leo Müller vom 28. September 2012. Dieses Postulat fordert einen Bericht, der unter anderem Antworten auf die folgenden Fragen gibt:

  • Ist das System zur Bemessung der SAK noch zeitgemäss?
  • Wie kann der Diversifizierung in der Landwirtschaft Rechnung getragen werden, damit alle effektiven landwirtschaftlichen und paralandwirtschaftlichen Tätigkeiten mitberücksichtigt werden?

«Der Bericht des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) zu diesen Fragen wird im kommenden Frühling erwartet», erklärt Martin Pidoux vom SBV. Ausserdem habe der SBV schon in seiner Eingabe zur AP 2007 eine flexible Gewerbegrenze gefordert.

Das Parlament gab in der Folge den Kantonen die Kompetenz, die Gewerbegrenze selbständig unter eine SAK festzulegen. Unter anderem die Mittellandkantone Zürich, Thurgau, Aargau, Schaffhausen, St. Gallen machten dies nicht.

Im Gegenteil, sie erhöhten ab dem 1. September 2009 die Gewerbegrenze nach BGBB von 0,75 auf eine SAK. Das heisst, Betriebe in diesen Kantonen mit weniger als einer SAK verlieren den Anspruch auf die Weitergabe des Betriebs innerhalb der Familie nach dem bäuerlichen Bodenrecht, und Bauten werden nicht mehr in jedem Fall unter 
dem Titel «Landwirtschaft» bewilligt.

Das Projekt Feldscheune wird neu begründet und vorgelegt

Zusätzlich wurde die Neuberechnung der SAK, die mit der AP 2014–17 in Kraft hätte treten sollen, vom BLW verschoben. Eine Arbeitsgruppe berechnet die SAK-Faktoren neu. 


Das alles nützt Markus Müller, der eine abbruchreife Feldscheune durch einen Neubau ersetzen möchte, kurzfristig nichts. Den Vorschlag, seine SAK mit dem Anbau von zusätzlich angebautem Gemüse, Beeren oder einer Obstanlage auf eine SAK zu erhöhen, bezeichnet Müller als «das wäre allenfalls eine Überlegung wert».


René Bünter vom Zürcher Bauernverband erarbeitet zurzeit ein vertieftes Betriebskonzept, damit Müllers von den Behörden bisher als nicht «zonenkonform» eingestufte Projekt «Feldscheune» neu beurteilt werden kann.

Hans Rüssli