Jürg Kunz bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb mit 40 Holstein-Kühen im 2017 erbauten Laufstall. Für die Kälber wird gerade ein Teil des alten Anbindestalles zu Liegeboxen umgebaut. Er habe sich bewusst für Liegeboxen entschieden, meint Jürg Kunz. Diese haben sich bewährt, weil die Kälber das Liegen in den Boxen so schon von klein auf lernen. Tiefstreu wäre wegen der starken Wärmeentwicklung in den tiefen Räumen unpassend gewesen. Der Laufstall wurde an den alten Stall angebaut. Er ist hell und sehr luftig, was den Spaceboard-Wänden zu verdanken ist. Durchzug gibt es nicht, die Schlitzwände brechen den Wind. Auch hat sich Kunz bewusst gegen ein Strohlager entschieden, da sich darunter die Hitze staut. Zu den Tiefboxen im neuen Stall meint Jürg Kunz: «Im Anbindestall mit Schwemmentmistung gab es immer mal wieder offene Gelenke, das wollten wir einfach nicht mehr.» Die 26 Kühe, mit denen er in den Laufstall umgezogen ist, mussten zwar erst lernen in den Boxen zu liegen und vor allem: Zu laufen, wenn sie etwas wollten. Dies spielte sich aber nach zwei Wochen bereits gut ein.

 

Betriebsspiegel Betrieb Kunz

Name: Jürg Kunz
Ort: Mülchi BE
Ackerfläche: 17 ha
Viehbestand: 40 Kühe
Ackerbau: Kunstwiese, Mais, Gerste, Kartoffeln, Tiefkühlerbsen, Wechsel auf Futtergetreide geplant.
Arbeitskräfte: Jürg Kunz, Mitarbeiterin 60%, aktuell kein ­Lehrling.

 

Die Strategie der Fütterung ist klar definiert

Nebst den Monatsrückmeldungen, die Jürg Kunz immer genau studiert, lässt er Milchanalysen bezüglich Fettsäuren und Methan-Werten machen. Damit die Fütterung entsprechend angepasst werden könne, lasse er alle hofeigenen Futtermittel analysieren. Aufgrund der Futter- und Leistungsanalysen stellt er die Rationen zusammen. Die Sommerration besteht aus einem Drittel Weide plus Maissilage, Dürrfutter und Grassilage sowie maximal einem Kilo Trockenschnitzel. Die Winterration setzt sich aus Dürrfutter, Maissilage, Grassilage, Kartoffeln und silierten Nassschnitzeln zusammen. Zur Grundfutterration kommen ein Protein-Ausgleichsfutter sowie ein Mineralfutter mit Viehsalz. Das Leistungsfutter wird an die Milchleistung angepasst über den Automaten gefüttert, wobei keine Kuh mehr als 4 kg pro Tag bekommt. Der Raufutterverdrängung will er so entgegenwirken, das Grundfutter soll möglichst ausgenutzt werden. Dass damit bei sehr hoher Leistung Körperkondition eingebüsst wird, nimmt Kunz in Kauf. Berater hätten ihm empfohlen, die Weidezeit zu kürzen, damit die Kühe im Stall mehr Zeit zum Fressen hätten. «Es ist sicherlich nicht falsch, dass wir so einige Liter Milch verschenken. Arbeitstechnisch ist es für uns so aber angenehmer, als wenn die Tiere länger im Stall wären. Auch für die Klauengesundheit ist das viele Laufen wichtig: Laufen putzt die Klauen und durchblutet sie optimal. Auch passt das jetzige Weidesystem zu unserem Betrieb und Vorstellungen», zählt er seine Argumente auf. Bei höheren Leistungen werde es wahrscheinlich schwieriger, aber es gehe nicht nur ums «noch mehr und noch mehr». «Wir erreichen im Schnitt eine Milchleistung von 9600 kg, damit sind wir sehr zufrieden», so Kunz. Für die Klauengesundheit wird zweimal jährlich Klauenpflege durchgeführt. Ab und an gebe es mal Sohlenblutungen oder Druckstellen, diese seien aber seit dem Wechsel in den Laufstall deutlich weniger geworden. Bei Mortellaro versuche er, mit gründlichem Reinigen und Essig zu behandeln, ohne Antibiotika und Verband. Ausserdem werde auf die Stallhygiene grossen Wert gelegt.

 

Bewusster Verzicht auf Roboter

Jürg Kunz sagt über sich selber, dass er kein Computermensch sei. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb beim Umbau vor zwei Jahren kein Roboter, sondern eine Occasion-Melkmaschine eingebaut wurde. Auch diese könne noch weitaus mehr, als er heute im Alltag brauche, dennoch sei der Kauf zu einem guten Preis auch im Nachhinein eindeutig die richtige Entscheidung gewesen. «Wir kennen all unsere Kühe genau und sie kennen uns. Viel Zeit mit den Tieren im Stall zu verbringen, zahlt sich bezüglich Tiergesundheit und Brunsterkennung aus», schildert er seine Erfahrungen. Der Bezug zu den Tieren sei ihnen im Alltag sehr wichtig. Täglich gehen sie deshalb mit Striegel und Bürste durch den Laufstall und pflegen den Kontakt zu den Tieren. Natürlich können sich die Kühe auch an der Bürste kratzen, trotzdem mögen sie dies, es fördere die Mensch-Tier-Beziehung und sei bei der Brunsterkennung ein zentraler Punkt. Hilfsmittel bei der Brunsterkennung brauche es so auf dem Betrieb keine. Jürg Kunz ist überzeugt: Seine Tiere zu kennen und täglich genau zu beobachten ist unumgänglich für ein gutes Herdenmanagement. Dies sei aber auch sehr zeitintensiv. Auf einem Betrieb, wo jeder seine Stunden aufschreibe, sei dies deshalb womöglich schwieriger zu handhaben, gibt er zu bedenken.

 

Die eigene Regeneration der Tiere fördern

Alle Kälber impft Kunz gegen Rota- und Coronaviren sowie gegen Rindergrippe. Bei Bedarf spritzt Jürg Kunz den Kälbern Selen. Die Kälber bekommen Aufzuchtfutter, Heu und Wasser, die Milch werde nicht angesäuert. Abgetränkt werden sie mit drei bis vier Monaten, so verbraucht er 500 bis 600 Liter Milch pro Kalb. Die Mastkälber werden auf dem Betrieb gemästet, die Aufzuchtkälber kommen nach dem Abtränken auf den Aufzuchtbetrieb im Emmental. Dieser hat nur Aufzuchttiere von Kunz. Der Tierverkehr ist somit geschlossen, dazugekauft hat Jürg Kunz seit zehn Jahren keine Tiere mehr. Dies zahle sich bezüglich Gesundheit der Kühe aus. «Eine Kuh sollte mit ihrer Umgebung auf natürliche Art und Weise klarkommen. Ich möchte, dass meine Tiere auf ihre eigenen Regenerationsmechanismen zurückgreifen können. Ein gutes Immunsystem, eine angepasste Aufzucht, abgestimmte Fütterung und Hygiene sind dabei zentral», ist Kunz überzeugt.

 

Auf die Geburt kommt es an

Für die Galtkühe ist im Stall von Familie Kunz ein Teil des Stalles abgesperrt. Diese bekommen Ökoheu und werden separat geweidet. Dass man die Galtkühe heute separat halten könne sei sicherlich ein Vorteil gegenüber dem alten Anbindestall. Zum Anfüttern kommen die Kühe eine bis drei Wochen vor dem Abkalben in die Gruppe der laktierenden Kühe. Hier können sie an die Grundfutterration angewöhnt werden und bekommen dazu etwa ein halbes Kilogramm Kraftfutter, um den Pansen optimal auf die Laktationsphase vorzubereiten. Diese Gewöhnung an die Herde und die Futterumstellung brauche seine Zeit und es zahle sich aus, wenn die Tiere rund um das Abkalben weniger Stress ausgesetzt seien. Die Rinder werden früher, etwa einen Monat vor dem Abkalben, in die Herde integriert. Laut Jürg Kunz ist der Moment rund um die Abkalbung entscheidend: «Die Tiere sollen keinen Stress haben, die Hygiene in der Abkalbebox muss stimmen und die Kuh und das frisch geborene Kalb sollten stets bestens betreut sein. Bei den Geburten helfen wir meistens. Auf eine korrekte Erstversorgung von Kuh und Kalb legen wir viel Wert. Hier gibt es kein Pardon, ganz egal ob das nachts um 3 Uhr ist.» Seit einem Jahr lasse er das Kalb noch einen Tag bei der Kuh. Natürlich würden diese danach mehr rufen, trotzdem sei es doch für Mutter und Kalb besser, wenn sie nicht sofort nach der Geburt getrennt würden.

 

Unkomplizierte Kühe sind das Ziel

Der Betrieb ist Mitglied im Betriebsnetz. An Ausstellungen nehme Jürg Kunz nicht teil, das sei zu zeitaufwendig. Bezüglich Zuchtziel meint er: «Ich will gut funktionierende Kühe, die ­wenig Aufwand machen. Ich will nicht unbedingt jedes Jahr ein Kalb, aber ich lege Wert darauf, langlebige Kühe mit einer guten Lebensleistung zu haben. 10 000 Liter ab dem zweiten Kalb oder mehr, das streben wir an.» Dafür wählt er Tiere aus, die bezüglich Exterieur und Gehalten leicht über dem Durchschnitt liegen. Früher, als sein Vater den Betrieb geführt habe, hätten sie noch viele Rote gehabt. Jürg Kunz setzt heute auf schwarze Kühe. Besamt werden die Kühe erst etwa nach hundert Tagen. «Die Regel lautet Milchleistung mal zwei, und nicht früher», meint Kunz. Gesextes Sperma setzt er nur selten ein. Es sei sehr teuer im Verhältnis und bis jetzt hätten sie Glück gehabt, es habe viele Kuhkälber gegeben. Auf die Frage, was die Zukunft bringen mag, meint Kunz: «Auch wenn wir hier in einer Ackerbaugegend sind, wir bleiben sicherlich bei der Milch. Uns war wichtig, dass wir auf dem Betrieb Vollzeit arbeiten können. Mit Ackerbau wäre dies nicht möglich. Und jetzt ist ja der neue Stall da, das ist ein Projekt für die nächsten 20 Jahre. Die Tiere und wir haben Freude daran und wir hoffen, dass vieles weiterhin so gut läuft.»

 

Kurs zum Herdenmanagement

Gutes Herdenmanagement heisst nicht, einfach den Computer für sich arbeiten zu lassen, sondern eine Kuhherde rundum optimal zu betreuen. Dazu brauchen die Betriebsleiter ein breites Wissen, Erfahrung und die Bereitschaft, die eigene Strategie immer wieder zu überdenken. Ein Kurs am Inforama soll nun interessierten Betriebsleitern das nötige Rüstzeug für ein erfolgreiches Herdenmanagement vermitteln. Der Kurs mit dem Titel Herdenmanager befasst sich mit Überlegungen rund um die Milchviehhaltung. Der Kurs wird an sechs Tagen im Dezember 2019 und Januar 2020 erstmals am Inforama Rütti durchgeführt. Verschiedenste Themen rund um das Management von Milchviehherden werden dabei behandelt, unter anderem Aufzucht, Klauengesundheit, Eutergesundheit, Zucht, Fruchtbarkeit, Fütterung, Digitalisierung, Arbeitsorganisation. Anmeldeschluss ist der 11. November.

Kursdaten: 10. und 11. Dezember, 7. und 8. Januar, 21. und 22. Januar, jeweils von 9 bis 16 Uhr
Kursort: Inforama Rütti, ­Zollikofen
Kosten: 800.– Franken (exkl. Material- und Verpflegungskosten)
Anmeldung: Inforama Waldhof, 4900 Langenthal, Tel. 031 636 42 40 oder per E-Mail inforama.waldhof@vol.be.ch
Informationen: www.inforama.ch/herdenmanager oder E-Mail selina.ulmann(at)be.ch.