Nach einem ungewöhnlich trockenen und warmen April ist der ersehnte Regen endlich gefallen. Bis Ende Woche rechnet Meteo Schweiz mit zirka 30 bis 50 mm Niederschlag im Flachland. Entlang des Alpennordhangs werden 50 bis 90 mm erwartet. «Das bringt auf jeden Fall Entspannung», sagt Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband erleichtert. Doch die Wetterprognose für kommende Woche ist eher ernüchternd: «Es geht voraussichtlich mit trockenem und warmem Wetter weiter», sagt Bernd Konantz von Meteo Schweiz.

Wie die Klimaszenarien des Bundes zeigen, wird die Landwirtschaft auch zukünftig unter Niederschlagsmangel und Trockenheit leiden. Wie kann man sich darauf vorbereiten? Annelie Holzkämper sieht in der Bewässerung eine naheliegende Form der Anpassung.

Der Wasserbedarf wird zunehmen

Der aktuelle Wasserbedarf für die landwirtschaftliche Bewässerung in der Schweiz wird vom Bundesamt für Landwirtschaft auf 144 Mio m3 für ein durchschnittliches Trockenjahr geschätzt. Zirka 55'000 ha werden bewässert. «Im Zuge der aktuellen Klimaerwärmung müssen wir von einer Zunahme der ­Sommertrockenheit ausgehen», weiss Annelie Holzkämper, Forschungsgruppe Klima und Landwirtschaft bei Agroscope. Damit verbunden ist auch der Anstieg des Wasserbedarfs für die landwirtschaftliche Bewässerung. 

In Spezialkulturen wie Gemüse, Obst und Beeren ist die Bewässerung mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Durch die Trockenheit sahen sich aber vermehrt auch Landwirte mit Ackerkulturen gezwungen, zu bewässern. Gerhard Aebi von Aebi Suisse berichtet von Zuckerrüben-Bauern, die in diesem Frühjahr nach Bewässerungssystemen bei ihm nachfragten. Sandra Helfenstein ergänzt: Zum Teil würden auch Kunstwiesen bewässert, die normalerweise nicht bewässert werden.

Wasserressourcen sind knapp

Doch nicht überall stehen Wasserressourcen für Bewässerungen in ausreichendem Masse zur Verfügung. «Um lokal entstehende und sich verschärfende Wassernutzungskonflikte möglichst zu vermeiden, ist vorausschauendes Planen bei der Entwicklung der Bewässerungsinfrastruktur erforderlich», sagt Annelie Holzkämper.

Gerhard Aebi bestätigt: «Die landwirtschaftliche Bewässerung kann nicht von heute auf morgen erfolgen. Es sind langjährige Projekte, die eine Baubewilligung, Infrastruktur und Wasserquelle benötigen», so der Geschäftsführer von Aebi Suisse. Sein Unternehmen ist mit dem Verkauf und in der Beratung unter anderem von Bewässerungssystemen ­vertraut. Aebi beobachtet, dass sich Landwirte vermehrt Bewässerungsgenossenschaften anschliessen, die über die nötige Infrastruktur und Wasserquelle bereits verfügen. 

Bewässerungsgenossenschaften versorgen Landwirte mit Wasser 

In der Schweiz gibt es aktuell nur einige wenige Bewässerungsgenossenschaften, schätzt Ueli Forster. Er ist Präsident der Bewässerungsgenossenschaft im Furttal im Kanton Zürich. Die Produzentenvereinigung umfasst zur Zeit 20 Mitglieder und wurde aus der Not heraus gegründet. «Die kantonalen Wasserlizenzen im Furttal laufen 2022 ab und werden nicht mehr verlängert. Um die Landwirtschaftsbetriebe aber weiterhin mit Wasser versorgen zu können, haben wir die Bewässerungsgenossenschaft gegründet», erklärt er.

Bis 2022 sollen eine neue Wasserfassung, ein Pumpwerk, ein Hochspeicher und das Hauptleitungsnetz der Bewässerungsanlage gebaut werden. Finanziert wird die Anlage durch Subventionsbeiträge sowie freiwilligen Darlehen von Mitgliedern und befreundeten Genossenschaften. Die Amortisationen sowie der laufende Betrieb wird über den Wasserpreis weiterverrechnet. (zirka Fr. 1.– pro m3). 

Wassersparende Technik optimiert die Bewässerung

Parallel dazu sollten wassersparsame Massnahmen zum Einsatz kommen, zum Beispiel eine Tröpfchen- statt Sprinklerbewässerung, betont Annelie ­Holzkämper. Denn mit einer Sprinklerbewässerung werden zwischen 35 und 50 Liter Wasser pro Stunde abgegeben, was einer fiktiven Regenmenge von 2 bis 5 mm/h entspricht (Quelle: Bewässerung von Obstanlagen, Agroscope). Mit der Tröpfchenbewässerung wären dies ungefähr nur zwei Liter pro Stunde. 

Mit technischen Hilfsmitteln kann die Bewässerungssteuerung optimiert werden. Bodensonden etwa geben Auskunft über die Wasserverfügbarkeit im Wurzelraum und helfen Produzenten, das Bewässerungswasser gezielt einzusetzen. Die nötigen Informationen liefern schweizweit 250 Bodensonden, die kostenfrei auf www.bewaesserungsnetz.ch zur Verfügung stehen (siehe Kasten).

«Interessant ist die Investition für Landwirte bei Bewässerungskulturen mit längerer Kulturdauer», sagt Andrea Marti, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und Betreuerin des Bewässerungsnetzes. Hauptsächlich werden die Bodensonden in Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten, aber auch in Erdbeeren, Spargeln, Zucchetti und Kohl eingesetzt. 

Bedarfsgerechte Bewässerung dank Bodensonde

Seit 2016 hat die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) ein schweizweites Bewässerungsnetz aus insgesamt 250 Bodensonden aufgebaut. 210 Bodensonden gehören den Landwirten, 40 setzt die HAFL für verschiedene Versuche ein. Darunter auch zwölf Sonden für parzellenspezifische Krankheitsprognosen (Cercospora und Phytophthora). 

Wassermenge ermitteln 

Die Bodensonden messen kontinuierlich und parzellenspezifisch das verfügbare Bodenwasser. Dies hilft Produzenten, ihre Bewässerungsstrategie gezielt auf den Wasserbedarf der Pflanzen abzustimmen und zu optimieren. Um diese für diverse Kulturpflanzen ermitteln zu können, werden die Bodensonden nach der Saat respektive Pflanzung der Kultur installiert.
In einer Bodentiefe bis zu 60 cm messen die Sonden die Gesamtwassermenge und das Wasserdefizit im Wurzelraum. Die ermittelten Daten werden via Mobilfunknetz auf einen Server der Firma RMA übertragen und grafisch dargestellt. Sie sind öffentlich zugänglich auf der Website www.bewaesserungsnetz.ch. 

Optimiert der Landwirt die Bewässerung nach Angaben der Sonde, sollen einerseits die Ressource Wasser geschont, andererseits der Ertrag und die Qualität optimiert werden. 

Kosten einer Sonde

Die HAFL will langfristig das Bewässerungsnetz im bestehenden Umfang betreuen, aber mit keinen zusätzlichen Sonden erweitern. Wer trotzdem eine solche Bodensonde

für seinen Betrieb in Erwägung zieht, kann diese bei der niederländischen Firma RMA für etwa 2600 Franken erwerben. Inkludiert sind die Beratung sowie der Support für ein Jahr. Für einen 4-jährigen Vertrag ist sie für etwa 3100 Franken erhältlich.

Bodenschonende Massnahmen als Ergänzung

Um die Wasserverfügbarkeit im Boden zu verbessern, sei laut ­Annelie Holzkämper auch der Bodenbearbeitung Beachtung zu schenken. «Die reduzierte  Bodenbearbeitung sowie das ­Mulchen haben den Vorteil,
die natürliche Wasserspeicherkapazität des Bodens nicht zu schwächen.» Auch ein hoher Humusanteil im Boden verbessere diese. 

Dass die Bewässerung zukünftig in jeder Kultur einmal notwendig sein wird, bezweifelt  Annelie Holzkämper. «Winterkulturen leiden zum Beispiel grundsätzlich weniger unter Trockenheit, weil sie in der Regel vor der niederschlagsarmen Sommerperiode ausreifen.» Darüber hinaus gäbe es auch unter den Sommerkulturen solche, die geringere Ansprüche an die Wasserversorgung haben. Unter dem Klimawandel könnten beispielsweise Sorghum oder auch Quinoa interessant werden. 

Fakten zur Bewässerung im Feldbau und in den Spezialkulturen

Wasser ist eine limitierte Ressource, mit der verantwortungsbewusst umgegangen werden muss. Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg hat zu besonders häufig gestellten Fragen rund um das Thema Bewässerung Informationen auf seiner Website zusammengestellt. Wir haben einige davon aufgenommen.

Woher bekommt man eine Bewilligung zur Wasserentnahme aus einem Oberflächengewässer?

Wer regelmässig Wasser aus Bächen, Flüssen oder Seen nutzt und/oder zur Wasserentnahme feste Einrichtungen erstellt, benötigt eine kantonale Konzession. Landwirte, die in Trockenzeiten kurzzeitig und mit mobilen Einrichtungen Wasser aus einem Oberflächengewässer nutzen
möchten, können eine entsprechende Bewilligung bei der Standortgemeinde beantragen. 

Bei welchen Kulturen lohnt sich eine Bewässerung?

Aus finanzieller Sicht lohnt sich eine Bewässerung erst, wenn der Ertrags- und/oder der Qualitätsgewinn grösser ist als die Kosten für die Bewässerung. Dies wäre vor allem bei Spezialkulturen wie Gemüse, Obst und Beeren der Fall.

Zu welcher Tages- oder Nachtzeit sollte bewässert werden?

Nach der Bewässerung sollten die Pflanzen möglichst rasch trocknen können, um Krankheiten zu vermeiden.

Früh am Morgen: Der Boden ist nicht mehr warm und leicht angefeuchtet; das Wasser verdunstet nicht oberflächlich.

Am Abend: Damit der Pflanzenbestand noch
abtrocknen kann.

Nach einem kurzen Gewitter: Der Boden ist schön angefeuchtet – war die Regengabe zu klein, ist das der optimale Zeitpunkt zum Nachbewässern.

Was sind die ausschlaggebenden Faktoren, um den Bewässerungszeitpunkt zu bestimmen?

  • Aktuelle Bodenfeuchtigkeit
  • Witterung/Strahlung/Prognose
  • Bodentyp/Speicherkapazität/nutzbare Feldkapazität
  • Bewurzelungstiefe
  • Pflanzenart, -typ und Pflanzenstadium
  • Verfügbarkeit/Kosten
  • Bewässerungsverfahren

Welche Möglichkeiten zur Wasserausbringung gibt es?

  • Tröpfchenbewässerung im Obst-, Reb-, Beerenbau und in einzelnen Gemüsekulturen
  • Mikrosprinkler, stehend oder hängend, vor allem in Tafelkirschenkulturen
  • Sprinkler im Gemüsebau, (Erdbeeren)
  • Rollomat im Ackerbau (Kartoffeln), Gemüsebau
  • Düsenwagen im Gemüsebau
  • Wasserlanze im Rebbau

Welche Kosten müssen bei der Kalkulation einer Wassergabe berücksichtigt werden?

  • Wasserzins (Gebühren zur Entnahme)
  • Pumpkosten
  • Verteilkosten (Rollomat, Tröpfchen, Sprinkler)
  • Arbeitskosten (Bedienung, Verstellen, Bereitstellen, Wartung)

Je nach System ist eine einzelne Wassergabe sehr teuer (ausser beim Rollomat), da die Installation des Systems viel Zeit braucht und dadurch hohe Arbeitskosten anfallen. Hier können Sie Ihre Kosten berechnen.

Wie ist die Flächenleistung der Bewässerungstechnik?

Die Flächenleistung ist abhängig von der Pumpenleistung und von der Wassermenge, die ausgebracht werden soll. Eine Pumpe mit 50 m³/h schafft 5 mm/ha in einer Stunde. Bei einer Bewässerung von 40 mm schafft diese Pumpe also 0,125 ha/h.

Wie hoch sind die Anschaffungskosten für eine Bewässerungsinfrastruktur?

Die Anschaffungskosten sind stark von der Art der Bewässerung abhängig. Beispiele:

Rollomat mit Starkregner, 350 m Schlauch: Fr. 25'500.– zusätzlich etwa Fr. 2266.– pro Jahr

Tröpfchenbewässerung: Fr. 6000.–/ha, zusätzlich etwa Fr. 1656.–/ha pro Jahr

Die Tröpfchenbewässerung eignet sich vorwiegend für Kulturen, die mehrmals bewässert werden müssen (Dauerkulturen, Obstanlagen, usw.). Die Kosten für eine einmalige Bewässerung sind sehr hoch.

Wird eine Bewässerungsinfrastruktur unterstützt?

Die Strukturverbesserungsverordnung sieht vor, gemeinschaftliche Bewässerungsanlagen unter gewissen Bedingungen finanziell zu unterstützten.