Die Kontrollen zeigten, dass Verstösse zu häufig vorkommen würden, als dass von Einzelfällen gesprochen werden kann. Das schreibt der Kanton St. Gallen in einer Mitteilung vom 12. Dezember. Der Kanton kontrollierte in den Jahren 2018 und 2019 gemeinsam mit den örtlichen Behörden in 26 Gemeinden, ob beim ­Be­wirtschaften von Landwirtschaftsland die Abstände zu ­Gewässern, Hecken, Feld- und Ufergehölzen oder Waldrändern eingehalten werden. Wegen ­Verstössen gegen die Puffer­streifenvorschriften wurden im Jahr 2018 Direktzahlungen in der Höhe von rund 73 000 Franken gestrichen; im Jahr 2019 waren es bis Mitte Dezember rund 56 000 Franken. Für Andreas Widmer ist die Tonalität der Mitteilung nicht ­akzeptabel. «Die Vorstösse liegen im Promille-Bereich», sagt der ­Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbands.

Andreas Widmer, vor einigen Jahren erhob der WWF St. Gallen den Vorwurf, die St. Galler Landwirte würden sich in zu vielen Fällen nicht an die vorgeschriebenen Pufferzonen halten. Jetzt kommt der gleiche Vorwurf vom Kanton. Wie genau nehmen es denn die St. Galler Bauern mit diesen Vorschriften?

Andreas Widmer: Für den St. Galler Bauernverband ist die Art und die Tonalität der Medienmitteilung der St. Galler Behörden gegen die Landwirtschaft nicht akzeptabel. Sie passt in das allgemeine Bashing gegen die Landwirtschaft. Da wird die ganze Landwirtschaft in globo verurteilt und schlecht gemacht. Die St. Galler Bauern halten die Vorschriften generell und insbesondere bei den Pufferstreifen gut ein. Es kann aber aus Gründen der Unachtsamkeit Verstösse gegen die Abstandsregelungen bei den Pufferstreifen geben. Es sind ganz wenige «schwarze Schafe», denen Fahrlässigkeit oder gar Vorsätzlichkeit im Umgang mit der Abstandsregelung unterstellt werden kann.

Die Verstösse würden zu häufig vorkommen, als dass von Einzelfällen gesprochen werden könne, hält der Kanton in seiner Mitteilung fest. Der Umkehrschluss würde lauten: Verstösse sind die Norm.

Jeder Verstoss ist einer zu viel. Diese Haltung teilen wir mit den Behörden. Doch die von den Behörden kritisierte Häufigkeit muss man in Relation setzen. Die Anzahl der Hofdüngerausträge unserer 3500 Landwirtschaftsbetriebe im Kanton St.Gallen liegt pro Jahr bei weit über 100 000 Austrägen. Dazu haben wir 2000 Kilometer Bäche in der Landwirtschaftszone und mehrere Tausend Kilometer Waldrandanstoss. Die 70 Verstösse liegen im Promillebereich.

Im Normalfall finden diese Übertretungen beim Güllen statt. Wie sieht es in der Praxis aus? Wie schwierig ist es, die vorgeschriebenen Abstände einzuhalten?

Trotz modernster Technik ist das Einhalten der obligaten drei Meter Abstand nicht immer ganz einfach. Insbesondere geschwungene Waldränder und Bachläufe sowie coupiertes Gelände erschweren die Einhaltung der Mindestabstände oftmals. Dessen muss sich der Landwirt bewusst sein.

Die Verstösse wurden mit Fotos und Meterband dokumentiert. Können Sie sagen, wie schwerwiegend die Übertretungen waren? Wurden da auch geringe Übertretungen mit Kürzungen bei den Direktzahlungen sanktioniert?

Die Kontrollen werden sehr genau durchgeführt. Die drei Meter sind messbar und es gibt ­keinen Graubereich. Es gab verschiedene Landwirte, welchedie maximale Sanktion von 2000 Franken erhielten. Ein Nichteinhalten der Abstände gegenüber dem Pufferstreifen auf einer Länge von 140 Metern genügt bereits für diese Maximalsanktion. Bereits ab zehn Metern Nichteinhaltung der Abstandsregelung pro Betrieb wird sanktioniert. Von Bedeutung war und ist jedoch, dass trotz Nichteinhaltung der Abstandsregelung keine Gewässerverschmutzungen entstanden sind.

Die Kontrolleure stellten fest, dass innerhalb der Pufferstreifen auch unerlaubtes Material wie Siloballen, organischer Dünger oder Grüngut gelagert wurde. Diese Vorschrift sollte eigentlich einhaltbar sein.

Ja, diese Vorschrift wäre eigentlich problemlos einzuhalten. Bei vielen Verstössen dieser Art ist es oft Unwissenheit. Der Landwirt ist sich dessen oft nicht bewusst oder er schätzt die negativen Einflüsse auf den Pufferstreifen falsch ein.

Die St. Galler Gemeinden sind nun verpflichtet, die Kontrollen in Zusammenarbeit mit dem landwirtschaftlichen Kontrolldienst KUT weiterzuführen und jährlich einen Bericht zur Kontrolltätigkeit zu verfassen. Wie beurteilen Sie diesen Stand der Dinge?

Der Kanton war mit der Kontrollarbeit der Gemeinden nicht zufrieden und hat die Kontrollen deshalb während zwei Jahren selber durchgeführt. Nun sollen die Gemeinden wieder in die Pflicht genommen werden. Sie können mit einem Kontrolldienst zusammenarbeiten oder die Kontrollaufgaben selber durchführen. Der Kanton erwartet jedoch mehr Verbindlichkeit und regelmässiges Reporting. Die ganze Pufferstreifengeschichte zeigt die schwierige Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden in dieser Thematik deutlich auf.

 

Kontrollen in 26 Gemeinden

Der Kanton St. Gallen kontrollierte zusammen mit den Gemeinden im Jahr 2018  in
26 Gemeinden, ob die Vorschriften für Pufferstreifen eingehalten wurden. Die Behörden stellten laut Mitteilung insgesamt Dutzende von Verstössen fest. 68 Verstösse wurden geahndet.
Im Jahr 2019 waren die Kontrolleurinnen und Kontrolleure in 25 Gemeinden unterwegs und stellten 72 Verstösse fest. In dieser Zahl ent-
halten sind auch Verstösse, die bei den ordentlichen Betriebskontrollen entdeckt wurden.
Die Zahlen der Jahre 2018 und 2019 sind laut Mitteilung beschränkt miteinander zu vergleichen, da die Kontroll-
basis in den beiden Jahren nicht ganz vergleichbar ist. So wurden beispielsweise nicht alle berücksichtigten Gemeinden in beiden Jahren kontrolliert. Die Gemeinden sind aufgefordert, die Kontrollen weiterzuführen.