Eine Abfolge von Fehlern hätte Provins in diese prekäre Finanzlage gebracht, zitiert die Zeitung "Le Temps" ein Ex-Kadermitglied der Genossenschaftskellerei. 

Keine Produzenten im Verwaltungsrat

Der erste Fehlentscheid sei die Besetzung des Verwaltungsrats mit Nicht-Produzenten gewesen, meint diese anonyme Quelle. So habe man seine fundamentalen Werte vergessen. Und wenn man nicht mehr wisse, wer man sei, passierten Fehler. 

Seit Mitte Januar steht Provins unter der Führung von Otmar Hofer, der zuvor bei der Mirgosgruppe arbeitete. Der Verwaltungsrat wird von einem Finanzexperten präsidiert, es sitzen darin aber auch Repräsentanten von Coop oder Mövenpick.  

Die Fehlentscheide

Le Temps listet folgende Entscheide auf, die Provins Stück für Stück in die heutige Schieflage gebracht haben sollen:

  • Verkauf alter Kellereien in unterschiedlichen Dörfern und Städten im Zentralwallis
  • Auslagern des Abfüllens in Flaschen und der Zustellung der Produkte an eine Luzerner Firma
  • Fragwürdige Diversifizierung mit der Umwandlung des Castel d'Uvrier in ein Restaurant
  • Die Wiederaufnahme der Aktivitäten der Kellerei Régence-Balavaud mit einer Önothek, einem Restaurant sowie vier Hotelzimmern

Ein früherer Präsident soll in punkto Diversifizierung noch weiter gegangen sein und gesagt haben, die Önologen von Provins seien Spezialisten, aber sie könnten genauso gut Bier oder Kaffee machen.

Der Grund für die Probleme bei Povins war laut Le Temps nicht die schlechte Ernte 2017, von dem sich die Kellerei nicht mehr erholt hat.

Der Gemeinsinn ging verloren

Über die Zeit ist laut Jean Actis, Direktor von Provins in der Zeit von 1972 bis 1993, der Geist der Genossenschaft verloren gegangen. Es gebe eine Tendenz zum Individualismus, sagte er gegenüber Le Temps.

Heute bewege sich die Provins irgendwo zwischen zwei gegensätzlichen Konzepten: einer Genossenschaft und einer Aktiengesellschaft, deren oberstes Ziel das Geldverdienen ist. So drückt es das anonyme Ex-Kadermitglied aus.

Provins soll eine Aktiengesellschaft werden

Tatsächlich gibt es von der Führungsebene Pläne, die Genossenschaftskellerei in eine Aktiengesellschaft zu verwandeln. Es sei daher nicht ganz sicher, ob die Lage wirklich so schlimm sei, oder ob nicht Schwarzgemalt werde, um die Genossenschafter für das Vorhaben zu gewinnen.

Statutenänderung wäre nötig

Denn um Verkaufskredite von den Banken zu bekommen, müssten die Statuten von Provins geändert werden: es müsste erlaubt werden, in Ausnahmesituationen einen Teil der Ernte der Lieferanten abzulehnen, um Lagerbestände zu bewältigen. 

Eine Abkehr von den Wurzeln

Das wäre eine Abkehr von den Wurzeln, denn die Kellereigenossenschaft war einst gegründet worden, um Produzenten zu helfen, die ihre Ware nicht absetzen konnten. Bisher ist Provins dazu verpflichtet, die gesamte Ernte ihrer Genossenschafter anzunehmen. Die Mitglieder wiederum dürfen nur an Provins liefern.