"Stellen Sie sich vor, früher wurden die Schlachtabfälle in die Birs geworfen und im gleichen Wasser färbten die Weber ihre Stoffe", sagte der Metzgerzunftmeister Andreas Brütsch an der Generalversammlung der Proviande in Basel und verwies auf die Geruchsentwicklung an Tagen wie diesem mit Höchsttemperaturen von um die 35 Grad. Brütsch zeichnete die Geschichte des Metzgergewerbes in der Stadt nach und erinnerte an die tragende Rolle von Bell in diesem Geschäft.

"Alle müssen am gleichen Strick ziehen"

Es war deshalb folgerichtig, dass Proviande-Verwaltungsrat und Bell-CEO Lorenz Wyss die Versammelten begrüsste, und zwar im altehrwürdigen Safransaal, einem Zunftlokal mit Patina. Wyss erinnerte an die Geschichte der Metzgerzunft und zog Parallelen zur Gegenwart. Alle müssten am gleichen Strick ziehen, so sagte er, der Gegenwind sei stark und wenn alle in verschiedene Richtungen ruderten, führe das zu schlechten Ergebnissen. Die Proviande rühmte er als beste Branchenorganisation, sowohl im In- und Ausland. Er sei stolz, dabei zu sein.

Präsident Markus Zemp betonte in seiner Eröffnungsrede, dass der Konsum unverändert hoch ist. "Fleisch wird gegessen», so Zemp, der Prozentsatz der regelmässig Fleischessenden sei mit 94% genau gleich hoch wie 2012. Vor diesem Hintergrund sei die Zunahme der Protestaktionen gegen den Fleischkonsum erstaunlich. Illegale Aktivitäten wie Schlachthof-Blockaden und Störungen von Tiertransporten müssten konsequent zur Anzeige gebracht werden.

Lob für die Schweinehalter

In Sachen Agrarpolitik 2022+ unterstrich Zemp, dass die Proviande nichts halte von der Abschaffung der Inlandleistung (als Basis für zollreduzierte Importanrechte) und der Marktentlastungsmassnahmen, wie sie der Bundesrat vorgeschlagen habe. "Diesen Schritt lehnt Proviande entschieden ab", so Zemp. Eine erste Sichtung der Vernehmlassungs-Antworten habe gezeigt, dass die Abschaffung der Inlandleistung breit auf wenig Verständnis gestossen ist, "wir gehen deshalb davon aus, dass sie in der Botschaft nicht mehr vorgeschlagen wird", so Zemp.

Im Weiteren verteilte der Präsident Lob: Es sei der Branche hoch anzurechnen, dass im vergangenen Sommer dank den verlängerten Betriebszeiten in den Schlachthäusern alle Kühe hätten verwertet werden können.  Ein Kompliment verdienten die Schweineproduzenten, so Zemp, sie hätten es geschaffte, die Produktion den Marktrealitäten anzupassen und profitierten dieses Jahr von besseren Preisen.

Mehrwerte besser verkaufen

Direktor Heinrich Bucher stieg mit einigen Antifleisch-Schlagzeilen aus den Medien in den Jahresbericht ein und fragte, ob die Branche dem Untergang geweiht sei. Nein, so Bucher, das sei nicht der Fall. Dafür müssen man aber auch etwas unternehmen. Er erinnerte an die Vision von Proviande, die der Verwaltungsrat 2018 verabschiedet hat: "Schweizer Fleisch geniesst hohe Beachtung und Vertrauen". Daran arbeite man. Es erwähnte an Aktivitäten in drei Handlungsfeldern:

  • Ernährung: Stärkung des Images von tierischen Fetten.
  • Tierwohl: Einrichtung einer neutralen Meldestelle für Tierschutzverstösse. Wenn immer möglich bereinigen vor Medien.
  • Nachhaltigkeit: Mehrwerte eruieren, kommunizieren und umsetzen was «den feinen Unterschied» ausmacht, den die Branchenorganisation bewirbt. Ein grüner Teppich wie ihn die Milchwirtschaft dieses Jahr eingeführt hat, sei an sich bereits vorhanden, man müsse die Leistungen aber noch besser kommunizieren, so Bucher.

Transparenz, Übersicht und Ordnung seien Qualitäten, welche Proviande bei der Umsetzung der Bundesaufträge auszeichne, so Bucher. Mit dem DNA-Herkunftscheck, der ein Jahr nach Einführung 87% aller Rindviehschlachtungen abdeckt, habe die Branche einen grossen Schritt für bessere Rückverfolgbarkeit erreicht.

Irritation über den Schafzuchtverband

Als Produzentenvertreter der Geflügelbranche im Verwaltungsrat wurde Claus Ullmann aus Eschenz TG ersetzt durch Adrian Waldvogel aus Stetten SH. Die Wahl erfolgte einstimmig.

Ebenfalls einstimmig Einzug im VR erhält Peppino Beffa, neuer und alter Präsident des Schafzuchtverbands (SSZV). Auch die neue Branchenorganisation Schafe Schweiz hatte einen Antrag auf Einzug in den Verwaltungsrat gestellt, erklärte der Präsident, habe aber nach Vermittlungsgesprächen für eine zweijährige Periode auf den Sitz verzichtet.

"Wir sind etwas irritiert, dass in den letzten Tagen ein Brief des Vorstands des SSZV eingegangen ist, dass man dieses Vorgehen nicht unterstütze", so Zemp. Man werde jetzt Beffa aber trotzdem zur Wahl vorschlagen. In zwei Jahren gehe man erneut über die Bücher. "Niemand hat einen garantierten Anspruch auf einen Sitz im Proviande-VR", sagte Zemp.

Niklaus Neuenschwander vom BLW rief den Versammelten in Erinnerung, dass Bernard Lehmann den letzten Arbeitstag als Direktor hat. Er rühmte die Branche für die effektive Bewältigung der Trockenheitskrise 2018 und dankte für die gute Zusammenarbeit. In Sachen AP 22+ machte er keine konkreten Aussagen. Der Bundesrat werde nach den Sommerferien die Botschaft in Angriff nehmen und Anfang des kommenden Jahres verabschieden, sagte Neuenschwander.