«Als ich meiner Familie mitteilte, es gebe ein Porträt von mir in der Bauernzeitung, fügte ich an, ich könne leider nicht auftrumpfen wie andere Berufskolleginnen», erzählt Claudia Brodbeck. Sie hat keinen Hofladen mit eigenen Produkten, hilft nur in Spitzenzeiten im Stall und auf dem Feld und arbeitet nicht mehr auswärts, um Lohn nach Hause zu bringen. Sie findet sich eher uninteressant. 

Freut sich über Familienlob

Ihr Mann Stephan und ihre fünf Kinder haben aber protestiert. «Du machst seit Jahren so viel
für Bauernfamilien allgemein», sagten sie, «das kommt vielen
zugute.» Claudia schmunzelt. Das Kompliment freut sie. Denn ihre Familie sei eher zurückhaltend mit Lob. 

Obwohl sich die Bäuerin stark fürs allgemeine Wohl einsetzt, kommt die Familie zuerst. «Ich bin keine Glucke», hält sie fest, «aber glücklich, dass alle Kinder noch daheim wohnen.» Urs (21) lernte Zimmermann, Lukas (20) Landwirt, Tobias (18) ist im 2. Lehrjahr als Bauer, Kathrin (16) im 1. Lehrjahr als Pflegefachfrau und Flavio (14) besucht die Sekundarschule. Der Mutter gefällt der Zusammenhalt in der Familie. Alle sind interessiert und helfen mit. Ausserdem lebt auf dem Hof ein Onkel, der ebenfalls Hand anlegt. 

Sie wollte Tierärztin werden

Die Bäuerin stammt aus einer nichtbäuerlichen Familie und bekam die Freude an der Landwirtschaft durch ihre Schulfreundin, eine Bauerntochter. Als Teenager hielt sie ihr eigenes Pferd und wollte Tierärztin werden. Doch nach einem Jahr Studium beschloss sie, sich dem kaufmännischen Beruf zuzuwenden, was ihr heute zugutekommt, daheim und bei ihren Ämtern.

Schritt nach auswärts 

1991 heiratete sie und zog auf den Hof, nahe der französischen Grenze. 1995 übernahmen das Paar den Betrieb. Sie arbeitete, bis ihr fünftes Kind zur Welt kam. Gleichzeitig baute sie mit ihrem Mann eine Pferdepension auf und die Milchwirtschaft aus. Seit zwölf Jahren bietet sie Schulklassen mit dem Projekt «bim Buur in d’Schuel» Gelegenheit, die Landwirtschaft kennenzulernen und eine Kuh zu melken. 

«Da ich mich auswärts einbringen wollte, trat ich 1994 dem Vorstand der Ehemaligen Ebenrain bei und wurde 2001, bei der Fusion mit den Männern, als Präsidentin des neuen Vereins gewählt», blickt sie zurück. 

Viel gefragte Frau für Ämter

Das Amt betreute sie während zwölf Jahren und wurde bekannt. Das heisst, immer wieder wurde sie für neue Ämter angefragt. Wie beispielsweise als Präsidentin des Schulrats Ebenrain, als Vorstandsmitglied für das Ressort Bildung im Bauernverband der beiden Basel, dessen Vizepräsidentin sie heute ist. Auch in der Gemeinde wurde man auf die aktive Frau aufmerksam und sie engagierte sich beim Erarbeiten des Leitbildes, bei der Entstehung des Schul-
Elternrates als Aktuarin und im Bürgerrat als Kassierin. 

Mitreden und mitgestalten

«In unserem Dorf mit 3300 Einwohnern gibt es keine etablierten Parteien», sagt Claudia. Das bedeutet, dass der Gemeinderat wenig Rückmeldungen erhält von der Bevölkerung. Das ergab oft Unzufriedenheit, wenn der Gemeinderat etwas ausarbeitete und die Einwohner vor vollendete Tatsachen stellte. 2016 wurde deshalb eine 15-köpfige Gemeindekommission ins Leben gerufen. Claudias Devise «Nur wer mitredet, kann auch mitgestalten» und ihre jahrelange Erfahrung in vielen Gremien ermutigten sie, als Präsidentin der Gemeindekommission anzutreten. 

Zusammenhalt hat Tradition

«Die Zusammenarbeit der Bauernfamilien in unserem Dorf hat eine lange Tradition», erklärt sie. «Wir sind unseren Vorfahren dankbar für das, was sie in die Wege geleitet haben.» Die bäuerlichen Organisationen, die seit Jahrzehnten existieren, schlossen sich 2005 zum Landwirtschaftlichen Verein Biel-Benken zusammen. Neben dem Betreiben einer Maschinengemeinschaft wird auch Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Die Betriebe stellen sich in einer attraktiven Broschüre vor. Sie organisieren Anlässe wie der Tag der offenen Türe «Ab ufs Land» am 1. Mai und engagieren sich bei relevanten politischen Themen. In den Marketing-Arbeitsgruppen tritt Claudia Brodbeck an wichtigen Positionen auf. «Es sind viele froh, wenn es ‹jemand› macht», ist ihr trockener Kommentar dazu.

Benildis Bentolila