Ein Mädchen in Rosarot und ihr Schwesterchen strecken einem Zicklein Futter zu. Mütter mit Kinderwagen machen Picknick im Schatten der Bäume. Auf der rumänischen Kleintierfarm von Andreea Manea und ihrer Familie kommen Besucher aus dem nahen Bukarest oft zum ersten Mal mit Tieren vom Bauernhof in Kontakt. 

Von Anfang an professionell

Andreea Manea und ihr Mann bemerkten, dass viele ihrer Freunde noch nie ein Entenküken gesehen hatten. Da wurde die Idee der Ferma Animalelor geboren. Ein Ort, wo Kinder und Erwachsene Tieren begegnen und diese kennenlernen können. Die gelernte Bankfrau flog mit ihrem Mann Radu Manea nach England, wo es schon viele Kleintierfarmen gab. «Es war uns von Anfang an wichtig, professionell und mit hoher Qualität zu arbeiten», konstatiert sie. Die Kleintierfarm wurde ein neuer Betriebszweig des grossen Milchbetriebes ihres Vaters. «Ohne ihn wäre das alles nicht möglich gewesen.» Die Ferma Animalelor begann 2009 in einem bescheidenen Rahmen, aber mit grosser Vision. Die nächsten eineinhalb Jahre arbeitete die Mutter von zwei kleinen Mädchen weiter in ihrem Beruf. Es war eine enorm anspruchsvolle Zeit, in der das neue Geschäft nicht vorwärtskam. Vom Familienrat bestimmt, wechselte Andreea dann vollzeitig auf die Ferma Animalelor. Ihr Mann unterstützt sie wo nötig und hilft an den Wochenenden mit. 

Statt Alkohol, schöne Zeit

Der Betrieb wuchs stetig. Seit 2014 steht eine renovierte, alte Getreidescheune auf dem Gelände. Darin sind ein Laden mit qualitativ hochwertigem Spielzeug und ein kleines Restaurant untergebracht. Damit wurde die Ferma Animalelor ganzjährig für Besucher zugänglich. 

Während der Woche kommen hauptsächlich Schulgruppen. Andreea Manea und ihre Mitarbeiter führen durch die Tierunterkünfte, erzählen über Esel, Ziegen, Strausse, Pferde, Truthähne oder vietnamesischen Schweinchen. Kälber werden mit der Flasche getränkt. Eine Kuh wird gemolken, damit die Kinder sehen, woher die Milch tatsächlich kommt. So wird ein wichtiger Beitrag zum besseren Verständnis der Landwirtschaft geleistet. «Mir ist einfach wichtig, dass die Kinder etwas Neues über Tiere lernen», sagt die Managerin. 

Am Wochenende kommen die Familien. «Wir verkaufen keinen Alkohol», erklärt Andreea Manea. «Die Väter sollen mit ihren Familien kommen. Nicht zum Trinken, sondern es soll für alle eine schöne Zeit sein.» Die Mütter sind dankbar für diese Regel. Überall auf dem Areal stehen Spielgeräte. Das grosse Trampolin kommt aus Dänemark, weil so die Qualität stimmt. Die Rechnung scheint aufzugehen – letztes Jahr zählte die Ferma Animalelor 80 00 Besucher. Das alles hält die Geschäftsfrau auf Trab.

Grosser Einsatz 

«Ich arbeite zehn Stunden, sieben Tage die Woche, und danach muss ich zu Hause zum Rechten schauen. Meine zwei Töchter sind in einem schwierigen Alter, 11 und 13 Jahre alt, sie brauchen mich. Ich habe einfach zu wenig Zeit für sie.» Am Wochenende helfen sie gerne auf dem Betrieb mit. «Die Ältere schaut draussen nach den Tieren und erzählt mir, was nicht stimmt. Die Jüngere arbeitet mit mir im Laden. Sie kann jetzt schon alles machen», erzählt die Mutter stolz. 

Acht Vollzeit-Angestellte gehören zum Team. An den Wochenenden helfen Studierende aus. «Wir sind wie eine Familie. Die Angestellten sehen Probleme, wir diskutieren sie und suchen zusammen nach Lösungen», sagt die Chefin. Das ist nicht selbstverständlich in einem Land, das erst seit 1989 nicht mehr kommunistisch regiert wird. Damals war das individuelle Denken meist gefährlich. 

Manchmal bereiten einige Besucher der Geschäftsführerin Probleme. Sie beklagen sich über Verhaltensregeln oder meinen, dass die Ziegen zu wenig Futter hätten. «Wenn sie einen Hund besitzen, denken sie, sie wissen bereits alles über Tiere.» 

Stärken einer Frau

Wie ist es für sie als Frau in der Geschäftswelt? «Ich muss mich schon behaupten», entgegnet Andreea Manea. «Aber es kommt auf jeden selber an. Du kannst sagen: ‹Ich bin eine Frau, das kann ich nicht.› Oder du sagst: ‹Ich kann das!› Als Frau habe ich eine Fähigkeit, die Männer nicht besitzen. Ich kann Kinder gebären und stillen. Das ist für mich eine enorme Kraftquelle.» 

Andreea Manea arbeitet zusätzlich in der Administration des Milchbetriebs der Familie. Ihr Bruder betreibt auf dem Betrieb seit 2015 eine kleine Milchverarbeitung. Dort wird Joghurt, Weichkäse und Rahm hergestellt. Diese Produkte werden an den Wochenenden auf der Kleintierfarm im Laden verkauft. Andreea Manea ist es wichtig, dass der Betrieb in der Familie bleibt. «Ich bin hier aufgewachsen», sagt sie. 

«Das Wichtigste an unserer Kleintierfarm ist, dass die Kinder, die uns besuchen, glücklich sind», stellt Andreea Manea fest. Sie zeigt auf einen strahlenden Jungen, der ein Geisslein streichelt. «Wenn ich das sehe, bin ich zufrieden.» 

Marianne Stamm