"Juli’s Hoflädeli" kann man nicht verfehlen. An der Aeschstrasse 19 im Baselbieter Ettingen steht das umgebaute Bauernhaus direkt an der Strasse. Bequem parkt man vor dem Hofladen, geht durch die Ladentür, die im Stil des ehemaligen Scheunentors gestaltet ist, kommt in den Hofladen und schon streicht einem der Duft von frisch gebackenem Brot um die Nase.

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Halb vier in der Backstube

Im Raum neben dem Hofladen, in der abgetrennten Backstube, produziert Brigitte Thüring Zöpfe. Freundlich begrüsst mich die junge Frau. Während sie Teige von 290 Gramm abwägt, diese zu Strängen rollt und jeweils zwei davon schnell und geschickt zu einem Zopf flechtet, erzählt sie von ihrer Arbeit. Am späteren Nachmittag des Vortages hat sie bereits sechsmal die Teigmaschine mit zehn Kilogramm Mehl gefüllt und Teig für rund 60 Zöpfe und 70 Brote angerührt, der über Nacht bei einer Temperatur von ungefähr zwölf Grad Celsius im Kühlraum ruhte. "Kurz nach drei Uhr nachts stand ich auf und um halb vier begann meine Arbeit in meiner Bäckerei", erklärt sie.

Zuerst feuert sie den mit Schamottsteinen ausgekleideten Holzofen ein und formt die ersten 16 Brotlaibe, die 45 bis 50 Minuten im Ofen backen. Zur halben Backzeit schichtet Brigitte mit der Backschaufel geschickt die Brote um. "Die Brote werden einmal gedreht, die von oben hinten kommen nach unten vorne und umgekehrt. So bekommen alle eine gleichmässige und schöne Kruste", erzählt sie.

Tücken des Holzofens

Ihre Kundinnen schätzen ihre Brote und Zöpfe aus dem Holzofen, weil sie ganz frisch sind und auch lange haltbar sind. "Backen mit dem Holzofen hat aber einige Tücken", verrät sie. Die Temperatur im Ofen soll 350 bis 360 Grad betragen. "Bei Zöpfen so um die 350 Grad, bei den Broten um die 360 Grad", weiss die Bäckerin aus dreijähriger Erfahrung. Das Feuer im Ofen brennt unten und ständig. "Die Temperatur regle ich mit Nachlegen von Scheitern, oder wenn der Ofen zu heiss wird, öffne ich kurz die Türen und Fenster", erklärt sie ihre eigene Holzofen-Temperaturregelung. "Die Holzart, das aktuelle Wetter und die Jahreszeit beeinflussen Temperatur und Backzeit ebenfalls", verrät Brigitte.

Ab halb acht kommen die ersten Kundinnen durch die Ladentür in den warmen, fein duftenden Hofladen. "Bei Brigitte bekomme ich das beste Weissbrot Europas", schwärmt Margrit Bachofner aus Ettingen. Sandra Probst, Coiffeuse aus dem Dorf, liebt Brigittes Brot weil "ich direkt vor der Ladentüre parkieren kann, der Laden wunderhübsch eingerichtet ist und ich Brot frisch aus dem Backofen erhalte", rühmt sie lachend.

Laden mit Selbstbedienung

Frau Probst bezahlt direkt bei Brigitte. Der Hofladen funktioniert jedoch grundsätzlich mit Selbstbedienung, das geschuldete Geld legen die Kunden in die eiserne, angeschraubte Kasse neben der Ladentür. "Vielen Dank" und "Videoüberwachung" steht auf der Kasse. Von der Seite filmt die Videokamera, wer Geld in die Kasse legt und eine zweite Videokamera, was im Laden bezogen wird. Im Grossen und Ganzen sei die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden gut, leider gebe es auch einzelne Profiteure, präzisiert sie. Kurt Rüegger aus dem Nachbardorf Reinach holt vier Zöpfe für sich und die Nachbarn wie jeden Samstag. "Hier gibt es die allerbesten Zöpfe weit und breit", gibt er als Grund an.

Das Mehl beziehe sie aus der Mühle in Maisprach, erzählt die Bauernhof-Bäckerin. "Das Zopfmehl enthält neben Weizen- auch Dinkelmehl", erklärt sie "den Dinkel liefern wir von unserem Hof an die Mühle", präzisiert sie. Ihr Mann Christian bewirtschaftet die 19 Hektaren eigenes Land mit Ackerbau und Ostbäumen, aber ohne Tierhaltung. Dazu arbeitet er 70 Prozent bei der benachbarten Gemeinde Reinach im Werkhof als Mechaniker.

Die eigene Mutter ist Kundin

Um acht Uhr erscheint Christian mit ihren beiden Töchtern Alena, dreieinhalb Jahre alt, und Ramona, eineinhalb Jahre alt, im Hofladen. Gemeinsam frühstücken alle zusammen mit frisch gebackenem Brot. Dabei erzählt Brigitte, dass sie beide beim Umbau des Bauernhauses im Jahr 2012 den Verkaufsraum mit der Backstube einrichteten.

Im und vor dem Hofladen verkauften Brigitte und Christian anfänglich Brennholz, Kirschen vom eigenen Hof, Eier von Nachbars Hühnern und Holzofen-Brot von Landwirt Louis Doppler aus der Nachbargemeinde Bättwil.Louis hatte einen Unfall, als Brigittes Tochter Alena drei Monate alt war, er konnte verübergehend nicht arbeiten.

Das war der Zeitpunkt, als sie zu backen begann. "Die ersten Brotbackerfahrungen machte ich vor Jahren auf dem Tromsberg AG, auf einem meiner Praktikumsbetriebe, für den Hofladen brachte ich mir das Backen selber bei", betont sie. Das Zöpfe flechten lernte sie von ihrer Mutter "aber heute kauft meine Mutter jeden Samstag einen Zopf bei mir", vermerkt sie lächelnd.

Zöpfe sind bald ausverkauft

Jeden Samstag verkauft sie 50 bis 60 500-Gramm-Zöpfe und je rund 35 helle und 35 dunkle Bauernbrote zu 750 Gramm. Das Geschäft läuft sehr gut "Die Brote und Zöpfe werden vor allem von den Leuten im Dorf und der näheren Umgebung gekauft" betont sie, aber einige Brote reisten auch schon im Gepäck der Kunden weiter nach Berlin, nach Spanien, ja sogar in die USA.

Es ist jetzt halb zehn Uhr und im Gestell müssen erneut Brote und Zöpfe nachgefüllt werden was Brigitte mit den Worten "ich fürchte, alle 60 Zöpfe sind vor Mittag ausverkauft", kommentiert. Jetzt vor Weihnachten laufe das Geschäft gut, betont Brigitte. Kein Wunder, heute ist zusätzlich Weihnachtsbaumverkauf auf dem Hof und das bringt mehr Kunden als gewöhnlich zu Brigittes Hofbäckerei. Denn auch die Chistbaumkäufer riechen schon von weitem Brigittes feine Zöpfe und Brote.

Hans Rüssli