"Die Schweiz ist weltweit eines der Länder mit der grössten Menge an Siedlungsabfällen. Effektive Reinigungs-, Abfalltrenn- und Sammelsysteme sorgen aber dafür, dass die Abfallberge bei uns kaum sichtbar sind", stellt Greenpeace-Sprecher Yves Zenger auf Anfrage fest. Auch Schweizer Gewässer seien massiv mit Plastik verschmutzt.

Geringe Recyclingquote

Rund 13 Prozent der Abfallmenge hierzulande ist Plastik. Nur gerade mal gut 10 Prozent dieser Kunststoffabfälle landen nach Angaben des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) in Recyclinganlagen. Der Rest wird in Kehrichtverbrennungsanlagen oder Zementwerken verbrannt. Ökologisch würden sowohl Verbrennung als auch Recycling gut abschneiden, stellt Bafu-Sprecherin Rebekka Reichlin auf Anfrage fest.

Im Verbrennen von Plastikabfällen sehen hingegen Greenpeace und der Verein Zero Waste Switzerland eine gigantische Verschwendung von Ressourcen. Auch Recycling löse das Problem nicht. "Das meiste Plastik ist nicht sortenrein genug, um daraus ein gleichwertiges Recyclat zu gewinnen. Recycling verbraucht zudem viel Energie", erklärt Zenger.

Die Umweltorganisation beklagt, dass Firmen mit Einwegverpackungen falsche Anreize geben und die Verschwendung noch ankurbeln würden. Unternehmen sollten daher die Kosten der Abfallentsorgung nach dem Verursacherprinzip mittragen müssen.

Von Greenpeace ausdrücklich begrüsst werden daher Initiativen wie den in der Stadt Bern diskutieren, aber vorerst nicht eingeführten "Sauberkeitsrappen". Dabei sollen die Verursacher, und damit sind hier nicht die Konsumenten, sondern die Grossverteiler und Take-away-Anbieter gemeint, die Entsorgung von Abfall im öffentlichen Raum mitfinanzieren. Diese Entsorgungskosten beziffert die Stadt auf jährlich rund 11 Millionen Franken.

Ein Symbol und ein Anfang

Als Symbol für die Verschwendung von Plastik gelten inzwischen Plastik-Trinkhalme. In diversen Länder wurde und wird angesichts der weiten Verbreitung von Mikroplastik über ein Verbot diskutiert. Auch ein Verzicht auf Rührstäbchen für den Kaffee oder Wattestäbchen aus Plastik ist im Gespräch. Wohl kaum zufällig handelt es sich hier um Produkte, auf die ohne grossen Komfortverlust verzichtet werden kann.

Das Vorpreschen der Stadt Neuenburg erstaunt dennoch. Als erste Schweizer Stadt hat sich Neuenburg für ein Verbot von Plastikröhrli ab 2019 ausgesprochen. Bei der Umsetzung gibt es noch Unklarheiten. Rechtlich ist es nämlich nicht zulässig, ein Produkt nur in einem Kanton zu verbieten, wenn es in anderen Kantonen zugelassen ist.

Jedem ist klar, dass ein Verbot von Plastik-Trinkhalmen das Problem der Umweltbelastung durch Plastik nicht einmal ansatzweise lösen wird. Zu recht gibt das Bafu zu bedenken, dass Trinkhalme nur einen sehr kleinen Anteil an der Abfallmenge und am Littering ausmachen. Für das Bafu positiv ist, dass die Sensibilität für diese Umweltproblematik zunimmt.

Das Bafu strebt kein Verbot bestimmter Produkte an. Kurzlebige Einwegprodukte aus Plastik, für die gute Ersatzprodukte existieren, etwa für Plastikgeschirr, -besteck oder auch Wattestäbchen mit Plastikstiel, sollten nach Ansicht von Bafu-Sprecherin Reichlin zwar vom Markt verschwinden. Hier stehe aber vor allem der Handel in der Pflicht.

Ball bei Handel und Politik

Reichlin verweist in diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche Einführung einer Kostenpflicht für "Raschelsäckchen" oder ein Pfand für Plastikbecher respektive eine eingeschränkte Verwendung von Einweggeschirr bei Grossanlässen.

Vor drei Jahren haben Coop und Migros Gratis-Plastiksäcke in den Läden abgeschafft. Bei der Migros ist der Verbrauch dadurch nach eigenen Angaben um 83 Prozent gesunken. Inzwischen bestehen die Säckchen beim orangen Riesen zudem aus 100 Prozent Recyclingmaterial.

Laut Zero Waste Switzerland führten die Grossverteiler die Abgabe auf die Plastiksäcke aber nur freiwillig ein, um ein politisches Verbot zu verhindern. Massnahmen und Handlungen vonseiten der Politik seien daher auch künftig dringend nötig.

Verhalten ändern

Der Ersatz von Plastik-Einwegartikeln durch andere Einwegartikel ist, wie Natalie Bino, Gründungsmitglied von Zero Waste Switzerland, feststellt, nicht sinnvoll. "Auch in biologisch abbaubaren Einwegartikeln steckt viel Energie, Chemikalien und Ressourcen. Zielführend ist hingegen eine Umstellung auf regional organisierte Mehrwegsysteme", stellt Bino fest.

Ganz ähnlich tönt es bei Greenpeace. Der Ersatz von Plastik-Trinkhalmen durch Stroh-Trinkhalme sei ein erster Schritt, bei dem es aber nicht bleiben dürfe. Noch wichtiger sei es aber, in alternative Mehrweg-Liefersysteme zu investieren, die auf Wiederauffüllen und Wiederverwenden basierten.