Die Pensionierung ist ein neuer Lebensabschnitt. Während die einen sehnlichst den letzten Arbeitstag erwarten und viele Pläne schmieden, sehen andere diesem Tag mit gemischten Gefühlen entgegen: Wie wird es sein, nicht mehr berufstätig zu sein? Kommt da nicht Langeweile auf? Wird das zur Verfügung stehende Geld reichen? Oftmals ist es auch der Ehepartner, der sich Gedanken darüber macht, ob man sich nicht auf die Nerven gehen wird.

Loslassen in Schritten

Ganz andere Gedanken im Hinblick auf die Pensionierung machen sich die Bauern. Denn bei ihnen geht es um die Frage, wer den Betrieb in Zukunft weiterführen wird. Wohl die meisten hoffen, dass der Sohn – oder die Tochter – den Betrieb übernimmt. Doch viele davon bieten keine Existenz mehr für eine Familie. Der Bauer muss einem Nebenerwerb nachgehen. Hier ist es dann ideal, wenn der pensionierte Vater noch Hand anlegt. Die meisten übernehmen gerne solche Einsätze. Sie freuen sich, wenn sie gebraucht werden und regelmässig in den Stall  gehen können, vielleicht nach einem Rat gefragt werden. Das Loslassen vom Betrieb erfolgt so in kleinen Schritten und nicht dermassen abrupt, wie bei 
jemandem, der in einer Firma angestellt war. 

Der Sohn kommt zurück

Ein Abschied in Raten ergab sich auch für Wendelin Kölbener im innerrhodischen Unterschlatt. Einst übernahm er den elterlichen Betrieb, der später für seine eigene Familie mit drei Kindern aber nur zeitweise eine Existenz war. Es gab eine Zeit, in der er noch auswärts arbeitete, erzählt Wendelin Kölbener. Da er den Stall hätte umbauen müssen, stellte er vor einigen Jahren den Schweinebetrieb ein. Das sei für ihn das Schwerste gewesen: jeden Tag in den leeren Stall zu schauen. Bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren hatte er noch einige Kühe. Er sorgte für den Betrieb, seine Frau arbeitete zu diesem Zeitpunkt bereits auswärts.

Er habe sich schon immer vorgenommen, den Jungen einmal nicht im Weg zu stehen, wenn es um die Zukunftsplanung geht. Er freute sich deshalb, als sein Sohn Adrian vor fünf Jahren im Alter von 25 Jahren den Betrieb kaufte. «Es ist doch schön, wenn ein eigenes Kind hier wohnen wird, wenn das Ganze in der Familie bleibt.» Beim Verkauf  an den Sohn war klar, dass dieser «nöd sölber buure» wird. Es fand sich schnell ein Pächter für Boden und Stall. Ins Wohnhaus werden Adrian Kölbener und seine zukünftige Frau einziehen, aber erst im kommenden Dezember.

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Vreni Peterer

Die Autorin ist Mitglied der Redaktionskommission des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes SBLV www.landfrauen.ch