Über 60 Personen aus den Kantonen Thurgau, Zürich, Schaffhausen und auch St. Gallen haben am ersten Direktvermarkterstamm in Ossingen teilgenommen. Der Anlass fand auf dem Thurhof von Sandra und Martin Schurter statt. 2002 fingen sie mit der Damhirschhaltung an. Sie wollten in der Nische ein Premiumprodukt herstellen.

Zu Spitzenzeiten leben 150 Tiere in den Gehegen. Dreimal pro Jahr wird auf der Weide geschossen – dazu kommen Jäger auf den Betrieb. Das Fleisch, 800 kg pro Jahr, verkaufen Schurters bis auf wenige Ausnahmen ab Hof. Der Hirschpfeffer wird nicht so gut nachgefragt, den verkaufen sie in Ossingen oder Andelfingen am Markt. Zudem beliefern sie zwei Restaurants. "Mehr wollen wir nicht, sonst haben wir wieder dieses Klumpenrisiko wie beim Rindfleisch", hob Martin Schurter hervor.

Vier Direktvermarkter berichten

Beim Podium zum Thema Wirtschaftlichkeit sprach Manuela Vogel vom BBZ Arenenberg mit Martin Schurter, Andreas Eberle, Lisa Fuchs und Jessica Bolli über ihre Erfahrungen in der Direktvermarktung.

Die Schaffhauser Bäuerinnen Lisa Fuchs und Jessica Bolli sind noch nicht so lange in der Direktvermarktung tätig. Bolli hat seit 2018 einen Hofladen, in dem sie Schaf- und Lammfleisch, Wollprodukte und Gebäcke verkauft. Fuchs hat sich 2018 selbstständig gemacht und betreibt einen Hauslieferdienst mit Eiern, verarbeiteten Produkten und Gebäck. Beide möchten nicht mehr zurück in ihre erlernten Berufe. So wie sie es jetzt hätten, bräuchten sie keine Kinderbetreuung. "Wir sind flexibel und können uns den Tag selber einteilen", sagen die Bäuerinnen, die bei ihrer Direktvermarktung eng zusammenarbeiten. 

Weniger Diebstahl beim bedienten Hofladen

Andreas Eberle ist seit 20 Jahren Direktvermarkter.  Diesen Frühling haben sie ihren neuen Hofladen mit Bedienung eröffnet, zuvor hatten sie einen Laden mit Selbstbedienung. Eberle begründet: "Bei uns ist sowieso immer jemand da, fürs Früchte richten oder Konfi machen. Jetzt haben wir eine Angestellte, die den Hofladen betreut und für uns stimmt es so." Einfach sei sie Sache mit dem Neubau aber nicht gewesen, gab Eberle zu. "Wir haben die ganze Planung etwas unterschätzt und sind zum Schluss in Zeitnot gekommen." Er rät, eine vertiefte Analyse zu machen, wenn man etwas Neues beginnen will.

Für Jessica Bolli kommt ein bedienter Hofladen nicht in Frage. "Bis jetzt hatten wir wenig Probleme mit Diebstahl. Lieber jemand klaut etwas, als wenn wir den ganzen Tag im Laden stehen müssen", lautet ihre Devise.

 

Netzwerkabend statt Fachtagung

Der Direktvermarkterstamm wurde von den Beraterinnen ZH, SH und TG in das Leben gerufen, da die bisherige Fachtagung nicht mehr rege besucht worden seien. Oft reichte die Zeit nicht, um Tageskurse oder Fachtagungen zu besuchen. So gehe aber das Netzwerken verloren. Der Direktvermarkterstamm soll diese Lücke nun schliessen.  Als Unternehmer und Unternehmerin, sei der Austausch mit Berufskollegen und -kolleginnen, welche mit den gleichen Herausforderungen kämpften sehr wichtig für den langfristigen Erfolg.

 

Unabhängig vom Handel sein

Obwohl die vier Produzenten vier ganz unterschiedliche Angebote der Direktvermarktung haben, waren sie sich in einer Sache einig: Mit ihren Produkten wollen sie einen besseren Preis lösen als ihnen der Handel zahlen würde. Martin Schurter formulierte es so: "Eines unserer Ziele muss sein, dass wir die Leute auf den Hof bringen. Der Einkauf soll ein Erlebnis sein." Gleichzeitig sollen Direktvermarkter diese Situation nutzen und durch Gespräche ein besseres Verständnis für die landwirtschaftliche Produktion  schaffen. 

Der Netzwerkabend in Ossingen sei ein Erfolg gewesen, heisst es von Seiten der Organisatoren, dem Strickhof und dem BBZ Arenenberg. Am nächsten Direktvermarkter-Stamm in einem Jahr soll es um die Deklaration gehen.