Am Wochenende stellten auf dem Hof Masesselin in Soubey JU mögliche Nachfolger ihre unterschiedlichen Visionen vor. Ziel war es, einen guten Pächter für die nächsten fünf bis zehn Jahre für den Demeter-Hof zu finden. Während fünf Minuten und mit einem Plakat bewarben die Kandidierenden ihre Ideen.

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Familie Zellen möchte etwa Kindern ein Leben abseits von hohem gesellschaftlichem Druck ermöglichen.

Hof der Integration

Hinter der ersten Idee steht die erweiterte Familie Zellen. «Wir wollen die Demeter-Philosophie weiterführen, Kurse anbieten und Leute verschiedenster Art eingliedern. Das könnten hyperaktive Kinder, Behinderte, Flüchtlinge oder andere Randgruppen sein», erklärte Florian Zellen, selbst ausgebildeter Chefkoch und Sozialarbeiter. Alle sollen auf dem Hof mitarbeiten können, man wolle zusammen kochen, Yoga-Kurse anbieten und Familien zusammenbringen, anstatt einzelne «Problempersonen» auszuschliessen.

Um sich landwirtschaftliches Wissen anzueignen, wollen einige Familienmitglieder den Quereinsteiger-Kurs besuchen. In Sachen Finanzierung ist auch schon etwas angedacht: die Familie hofft auf eine vom Bund subventionierte Wohnung neben dem Betrieb, wo die betreuten Familien oder Personen wohnen könnten.

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Die Vision des Familien-Hofes wurde von einem Stellvertreter verlesen.

Offene Familienverwirklichung

Eine weitere Familie konnte am Casting selbst nicht anwesend sein und liess ihre Vision daher von einem Stellvertreter vorlesen. Die Eheleute haben beide einen landwirtschaftlichen Hintergrund (er als Bauernsohn, Handwerker, erfahrener Hufschmied und Kutscher, sie als studierte Anthroposophin mit Bäuerin mit Fachausweis in biologischem Landbau und einem Gartenbaukurs). Auch die beiden Töchter würden gerne anpacken, mögen Tiere und seien durch einen Alpsommer bereits gut vorbereitet. Konkret will die Familie wie bisher auf Masesselin Fleisch und andere Hofprodukte verkaufen, aber auch offene Türen bieten für Seminare, Events und vor allem um Kinder wieder in die Natur zu bringen. Ausserdem wünschten sich diese Kandidaten, mit einer weiteren Familie zusammen auf dem Betrieb zu leben.

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Henrik Hoeren führte eingangs durch eine kurze Gruppenmeditation.

Der Hof als «pulsierendes Herz»

Die dritte Präsentation begann mit einer kurzen Meditation, während der die Anwesenden ihr Herz mit der Erdmitte und der Quelle des Lichts im Himmel verbinden und mit diesen Sphären ihre Liebe teilen sollten. Der Hof sei «der perfekte Boden, um Lebens-mittel herzustellen», stellte Henrik Hoeren fest. Der Sprecher repräsentierte eine Gruppe von 8 Leuten, die auch landwirtschaftliche Erfahrungen mitbringen. Er selbst und auch Rapha, die an diesem Tag nicht anwesend sein konnte, haben eine Ausbildung in Betriebswirtschaft. Die Idee sei, den Hof Masesselin als «pulsierendes Herz» einer Gemeinschaft aufzubauen, die national und international Strahlkraft haben sollte. Ansätze aus Demeter, Permakultur, Traditioneller Chinesischer Medizin, Osteopathie, Phytotherapie und gesunder Ernährung sollten genutzt werden, um den Menschen die Ausschöpfung ihrer Potenziale zu ermöglichen. Kompetenzen und Netzwerke würden sie bereits mitbringen, man wolle aber mit bisher Aussenstehenden kooperieren und einander nicht konkurrenzieren.

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Hannes Blaser engagiert sich auch in Sachen Klimabewegung.

Zukunftsatelier für eine neue Landwirtschaft

Das Ziel von Hannes Blaser, der sich als Vierter vorstellte, ist eine autarke Landwirtschaft, ein neues, zukunftsfähiges System. Er und seien Partnerin (nicht auf dem Bild) stellen sich eher einen Archehof vor, ohne grosse Fleischproduktion, dafür mit Yoga, Meditation und Übernachtungsmöglichkeiten. Man wünsche sich eine Art Biohof-Schule für die Zukunft, mit Kunst, Theater und Konzerten, wo die Menschen auf dem Betrieb in Symbiose mit Gaia (der Erdgöttin) leben und das auch zeigen können. Die beiden haben nach eigenen Angaben viel Erfahrung mit Permakultur und im Gemüsebau, mit Getreide und Tieren. «Wir wollen Zusammenhänge verstehen und Dankbarkeit zeigen», schloss Blaser die Präsentation.

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Dieses Paar hat Erfahrungen in Agroforst in Nicaragua gesammelt.

Pflanzenkohle und Agroforst

Matthias Leuenberger ist wie seine Frau Marta Ostertag Ethnologe und Umweltwissenschaftler, setzt sich für die Klimabewegung ein und ist körperliche Arbeit und das bäuerliche Handwerk gewohnt. Die Beiden suchen ein Zuhause, wo sie Menschen und Umwelt verbinden und ihre Ideen umsetzen können. Sie interessieren sich für neue Ansätze wie Regenerative Landwirtschaft, Resilienz stärken, Agroforst oder Vertragslandwirtschaft. Die Beiden ziehen die Produktion von pflanzlicher Nahrungsmitteln vor und auf Flächen wo dies nicht sinnvoll möglich ist, würden sie auch gerne Tiere halten. Ein Schwerpunkt wäre der Aufbau des Bodens, zum Beispiel mit Pflanzenkohle. Weiter sollen Kinder auf dem Hof Platz haben, etwa im Sinne einer Schule auf dem Bauernhof oder Pflegekinder. Auch wolle man den Austausch von Praktiken und Wissen pflegen, insbesondere mit anderen Bauern aber auch Wissenschaftlern. Nicht zuletzt soll der Hof Begegnungsräume für verschiedene Menschen bieten.

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Henrik Hoeren habe ihnen aus dem Herzen gesprochen, sagen diese beiden Frauen.

«Ein Platz, wo man sein darf»

Als nächstes traten zwei junge Frauen auf, die einen ziemlichen Kontrast zu den beiden Wissenschaftlern boten: ihre Visionen waren sehr spirituell. Sie bezeichneten sich als dem Schamanismus nahe und wollen sich auf Masesselin als Heilpraktiker und mit Kindertherapie betätigen. Sie mache viel Frauenarbeit, beschäftige sich mit dem weiblichen Zyklus, dem Muttersein und Mutter Erde, führte die Sprecherin aus. Dieser Ort sei voller Möglichkeiten und solle von ihrer Gruppe (etwa sieben Leute, auch mit landwirtschaftlicher Erfahrung) in einen Ort der Freude, Liebe und Kreativität verwandelt werden, wo man einfach «sein darf». Auch habe man schon Investoren auf ziemlich sicher: «einige Private, die von uns wissen und dieses Projekt umgesetzt sehen möchten».

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Fergus würde sich gerne mit seiner Familie in der Schweiz niederlassen.

Feste als Werkzeuge des sozialen Zusammenhalts

Ydillia, so betitelte eine international-aufgestellte Gruppe ihre Vision. Unter ihnen der englisch-sprachige Ecotown-designer Fergus, der im Ausland bereits derartige Öko-Siedlungen aufgebaut hat und für fünf bis sieben Jahre einen Experimentalraum auf Masesselin für ganzheitliches Zusammenleben schaffen möchte. Die Idee solle hier entwickelt werden, fuhr seine Begleiterin Felicitas fort, man wolle wie indigene Völker mit der Natur in Balance zusammenleben, damit jede Person ihren «Zweck» oder ihren Lebenssinn erfüllen könne. Die Sprechenden repräsentierten eine Gruppe von 18 Leuten, verteilt über die Schweiz, Kalifornien und Südafrika, die Feste als transformative Werkzeuge einsetzen will, um sozialen Zusammenhalt und gesellschaftliche Transformation zu ermöglichen. Das Kapital für dieses Projekt komme aus Erspartem und aus dem Freundeskreis. Das Ganze solle aber beweglich sein, jetzt brauche es vor allem mal einen Platz, um die Idee «zu säen». Auch diese Gruppe hat verschiedenste Mitglieder, aus der Zero-Waste-Bewegung, Permakultur, Demeter und weitere, man wolle aber gerne weitere Leute «aufpolieren».

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Der Mann links im Bild verwandelte die Vision dieser Gruppe in ein Jodel-Lied.

Das Gedankengut Anastasias umsetzten

Auch der Verein Familienlandsitze Schweiz präsentierte eine Projektidee. Inspiriert vom Gedankengut der sibirischen Einsiedlerin Anastasia hatte die Gruppe «Siedler» dieses Vereins auf ihrem Plakat ihre Werte in der Form von Sechsecken aufgemalt. Per Definition seien Familienlandsitze etwa eine Hektare gross, zentriert um einen «Urhof» (in diesem Fall wäre das Masesselin) und verbunden mit den Gemeinden und Dörfern der Umgebung, erklärte Ursula. Auch wichtig sei eine integrale Umsetzung der Permakultur-Grundsätze, Bildung und Forschung und Feste. Zum Schluss der Präsentation wurden die vorgestellten Visionen dieser Gruppe mit einem Jodel-Lied kurz vertont.

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Omari träumt von einem freien Ort, wie es ihn kaum mehr irgendwo gebe.

Ein positives Vermächtnis

Der letzte Kandidat war ein braun gebrannter Mann, der sich Omari nannte, alleine auftrat und die Idee eines freien Ortes vortrug. Vermarkten wolle er nichts, «was wächst, kann man haben». Dafür würde er einen «schönen Krug» für freiwillige Beiträge aufstellen. Um Störungen zu vermeiden, würde er auch gerne die Strasse nach Masesselin umleiten. Sieben Punkte hob der Visionär als zentral hervor: Nachhaltige Landwirtschaft, Ökologie und Ökonomie (einfaches Leben und Arbeiten), regelmässige Feste (z.B. zu den Jahreszeiten), Administrationen (als Zentrum für alle Lebensfragen, Büro und Raum für Medien), Atelier Kreativität (Kurse und Selbstverwirklichung), Bewusstsein (um sich mit dem Ort zu verbinden)  sowie neue Wohnformen (naturnah, auch für Gäste).