Wie funktioniert die Integrationskälbermast?
Jörg Oberle: Wir organisieren Kälber, Futter und Tränkeautomaten. Die Bauern sind für das Wohl der Tiere verantwortlich und werden wöchentlich von uns besucht. Die Lohnmäster erhalten ein Entgelt für den Aufwand. Das Marktrisiko tragen wir.

Warum werden Molkereinebenprodukte verfüttert?
Die Kälbermast schliesst den Kreislauf der Milch: Sie verwertet aus der Milchproduktion überzählige Kälber, überschüssige Milch und Nebenprodukte der nachgelagerten Milchverarbeitung. Rohmilch ist sehr wertvoll und es besteht der Anspruch, dass sie direkt in die menschliche Ernährung fliessen soll.Mit der Verfütterung von Milchnebenprodukten verfolgen wir dieses Ziel.

Können Sie das erklären?
Die Kälbermast mit Rohmilch vergrössert den CO2-Fussabdruck des Kalbfleisches.Bereits der Milchproduktion wird ein hoher CO2-Ausstoss zugeschrieben. Molkereinebenprodukte hingegen finden nur wenig Verwendung und sind deshalb wenig CO2-belastet. Die Integrationskälbermast verhindert sozusagen Food Waste.

Welche Bedeutung hat die Integrationskälbermast in der Schweiz?
Die Lohnmäster mästen rund einen Drittel aller Kälber. Die bäuerlichen Kälbermäster, die nur für die Kälbermast Milch produzieren, nehmen ständig ab. Dies, weil heute der Milchpreis für Industriemilch wieder etwas besser ist und die Landwirte keine Direktzahlungen mehr pro Tier erhalten. So ist das für sie nicht mehr wirtschaftlich.

Eigenständige Mäster (Berufsmäster) nehmen seit der Reduktion von Label-Kalbfleischproduktion auch ab. Sie produzieren jährlich zwischen 50 und 150 Kälber im Rein-Raus-Verfahren und mästen sie auch mit flüssigen Milchnebenprodukten, ergänzt mit Milchpulver Den grössten Anteil haben die Überschussmäster, die ihre eigenen Kälber plus ein paar zusätzliche mit ihrer Überschussmilch und Milchpulver mästen.

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Was denken Sie über Kälbergesundheitsprogramme?
Die Kälbergesundheit ist ein wichtiges Thema für uns. Einerseits des Tierwohls wegen, aber auch wegen der Wirtschaftlichkeit. Kranke Kälber führen zu Tierleid, einem erhöhten Betreuungsaufwand und zu Verlusten. Die Gefu Swisskalb AG setzt ihre Priorität auf Tierwohl, Tiergesundheit und Nachhaltigkeit.

Und was machen Sie konkret?
Wir machen laufend bei Projekten des Kälbergesundheitsdienstes (KGD) mit. Aktuell ist zum Beispiel das Einstallungsprogramm. Dabei geht es darum, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, indem das Management auf den Betrieben verbessert wird. Um aktuelle Fehler zu vermindern, muss auch der Tränkerhandel einbezogen werden.

Wie meinen Sie das?
Oft haben die Kälber viel zu lange Transportwege, sind vom Morgen bis am Nachmittag in einem Viehtransporter unterwegs und werden mehrmals umgeladen. Zudem ist das Immunsystem bei Kälbern im Alter von drei Wochen sehr schwach. Wir haben das Ziel, dass die Kälber an einer Sammelstation angeliefert, versorgt und für den Mastbetrieb vorbereitet werden.

Wo sammeln Sie diese Kälber?
Wir sind daran, eine regionale Stationen einzurichten. Dorthin werden die Tränkekälber gebracht, auf ihren Gesundheitsstatus überprüft, geimpft und angetränkt. Sie erhalten genügend Platz zum Ruhen und um sich an ihre Artgenossen zu gewöhnen. Nur gesunde Tiere werden von dort in gleichmässigen Gruppen zu den Mästern gebracht. Zudem möchten wir, dass Kälber bis zu einem Körpergewicht von 80 kg auf dem Geburtsbetrieb bleiben.

Ältere Kälber sind aber doch auch teurer für die Mäster?
Wir sind jetzt schon daran, nur noch Kälber mit mindestens 70 kg Körpergewicht – lieber80 kg und mehr – zu kaufen.Wir hoffen, dass sich dies in der Praxis etablieren wird. Ich denke, dass, wenn alle nur noch schwerere Kälber kaufen werden, sich auch irgendwann der Markt regulieren wird.

Weitere Informationen: www.gefu-oberle.ch