«Jedes Messer muss man irgendwann nachschärfen», stellt Nina Klötzli fest. Als Messerschmiedin weiss sie, wovon sie spricht. Sie hat nicht nur das Handwerk erlernt, ihre Familie hat auch eine 175-jähirge Tradition in der Fertigung und der Pflege von Messern und Schneidwerkzeugen jeder Art – von der filigranen Schere bis zum Käsebohrer. Damit ist Nina Klötzli die perfekte Auskunftsperson, wenn es darum geht, wie man Messer richtig auswählt, benutzt, aufbewahrt und bei Bedarf selbst schärft.

Gestanzt, geschmiedet oder mehrlagig? 

Es gibt eine Flut verschiedener Messerarten, die sich in ihrer Form, dem verwendeten Material und ihrer Qualität unterscheiden. Laut Nina Klötzli gibt es drei grundlegende Fertigungstechniken:

  • Die einfachste Variante ist das Stanzen der Klinge und des Schafts aus einem Blech.
  • Geschmiedete Messer werden aus erhitztem Stahl geformt.
  • Damastmesser bestehen aus mehreren Lagen verschiedener Stahlarten, die ähnlich wie Blätterteig übereinandergelegt werden und sich in ihren Eigenschaften unterscheiden und ergänzen.

 

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Der mehrlagige Stahl von Damastmessern sieht zwar schön aus, ist aber kein Qualitätsgarant. (Bild Richard Iwaki / Unsplash)

 

 

 «Bei geschmiedeter Ware kommt meist hochwertigerer Stahl zum Einsatz als bei gestanzter», erläutert die Messerschmiedin. Bei allen drei Methoden gebe es aber bessere und schlechtere Qualität. Ein Damastmesser muss daher trotz seiner attraktiven Maserung nicht immer besser sein, als ein einfacheres Modell. Ein Mass für die Stahlqualität ist die Härte in Rockwell (HRC): «Ab 54 HRC ist ein Messer brauchbar», so Klötzli. Denn je höher dieser Wert, desto länger bleibt die Schneide scharf.

 

Alles in einem Schliff

 

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Hier zeigt die Klinge einen durchgehenden Schliff, der die V-Form vom Rücken bis zur Schnittfläche vorgibt. (Bild jsc)

 

 

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Dieses Messer hat mehrere Anschliffe, was den Widerstand beim Schneiden vergrössert. (Bild AustinCountyNewsOnline / Pixabay)

 

 

Einfacher als Laie zu beurteilen ist die Qualität des Schnitts, also die Beschaffenheit der Schneide. «Die Klinge sollte vom Rücken bis zum Schnitt konisch geformt sein», führt die Fachfrau aus. Mehrere, gestufte Abschliffe sind unpraktisch, da jede Stufe einen Widerstand beim Schneiden bedeutet. Je dünner die Klinge und je stärker die V-Form des Schliffs, desto weicher gleitet das Messer durch eine Tomate. Ist sie eher U-förmig, hat das Messer eine verstärkte Spaltwirkung wie bei einem Beil, was in der Küche wenig nützlich ist.

Besser nicht im Internet bestellen

Was den Griff angeht, seien Material und Form in erster Linie Geschmackssache. «Das Gewicht des Messers und der Griff müssen dem Kunden passen», ist Nina Klötzli überzeugt. Die einen bevorzugen ein leichtes Messer, die anderen schätzen schwerere, bevorzugen kühles Plastik oder warmes Holz für den Griff. «Daher ist es besser, sich in einem Laden beraten zu lassen und die Ware in die Hand zu nehmen, statt online etwas zu bestellen», fährt die Messerschmiedin fort. Schliesslich begleite einem ein gutes Messer ein Leben lang, gibt sie zu bedenken. Da lohne sich eine sorgfältige Wahl und eine gewisse Investition.

Angepasst an den Verwendungszweck

 

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Fleischmesser (oben) haben eine weniger hohe, dafür in der Regel dünnere Klinge als Gemüsemesser (unten). (Bild jsc)

 

 

Die meisten Leute haben einen ganzen Messerblock zu Hause, in dem es für jeden Verwendungszweck das passende Werkzeug hat. Dabei gilt: Je fester das Schnittgut, desto flexibler – und damit dünner – sollte die Klinge sein. Nina Klötzli illustriert dies an einem Tranchiermesser, dass sie ohne grossen Kraftaufwand biegen kann. «Das ist gut für eine knusprige Kruste aus dem Ofen». Ein Gemüsemesser hingegen ist deutlich dicker und unflexibel. Beim Brotmesser lässt sich dank dem Wellenschliff trotz fester Kruste eine Scheibe abschneiden, ohne das Brot zu zerdrücken. Passend für «die harte Schale und den weichen Kern», meint die Messerschmiedin lächelnd.

 

Neben der Dicke der Klinge ist auch deren Höhe bei Gemüsemessern typisch. Sie lassen genug Platz für die Finger, auch wenn die Schneide auf der gesamten Länge auf einer Unterlage steht. Hingegen sind bei Tranchiermessern Griff und Klinge ungefähr gleich hoch, da man damit anders hantiert als beim Schneiden von Gemüse. «Wenn Sie sich beschränken wollen, können Sie ein Gemüsemesser eigentlich für praktisch alles verwenden», meint Nina Klötzli.

Nicht in die Schublade oder auf Glas

«Was man gar nicht machen sollte, ist, Messer in einer Schublade aufzubewahren» – eine Ausnahme seien solche mit speziellem Einsatz, dank denen die Klingen weder an der Unterlage, noch aneinander schlagen und reiben. Empfehlenswert sind laut Nina Klötzli Messerblöcke oder Magnetleisten. Oder man schützt die Klinge mit einer Hülle. 

Auch bei der Unterlage gibt es ein No-Go: «Das Schneidebrett sollte aus weichem Holz oder Plastik sein, keinesfalls aus Glas», warnt die Fachfrau. Auch «hurti» etwas auf der blossen Küchenoberfläche zu schneiden, setzt der Klinge zu.

 

Das gilt es zu vermeiden

Damit ein Messer lange scharf bleibt, sollte man Folgendes vermeiden: 

  • Messer offen in einer Schublade aufbewahren.
  • Auf Glas oder Küchenoberflächen schneiden.
  • Schnittgut mit der scharfen Seite der Klinge wegschieben.
  • Im falschen Winkel nachschärfen.

Messer sollte man am besten von Hand abwaschen.

 

Richtig schneiden: Ziehend oder stossend, nicht sägen 

Dabei, wie man mit dem Messer umgeht, zeigen sich Gewohnheiten. «Viele arbeiten die meiste Zeit mit einem kleinen Schnitzer», schildert Nina Klötzli. Einerseits sind die praktisch und in so ziemlich jedem Haushalt vorhanden, andererseits seien sie dank des Wellenschliffs oft die einzigen Messer, die noch «hauen». Denn innerhalb der Wellen geht die Schärfe weniger schnell verloren, da dieser Teil der Klinge nicht mit der Unterlage in Berührung kommt.

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Geprägt von der kurzen Klinge benutzen laut der Fachfrau die meisten Leute das grosse Gemüsemesser wie einen Schnitzer und sägen die Tomate in kleinen Bewegungen oder mit viel Druck. «Richtig schneiden bedeutet, lange, ziehende oder stossende Bewegungen zu machen», erklärt Klötzli. So kann man die ganze Länge der Klinge nutzen.

Noch etwas, was man oft tut und besser lassen sollte: Die Tomatenscheiben oder Zwiebelwürfel mit dem Messer zur Seite schieben. Das sieht zwar irgendwie professionell aus und man behält dabei saubere Finger, aber «die Klinge leidet und wird schneller stumpf», warnt die Messerschmiedin. Daher gilt: Zum Wegschieben das Messer umdrehen und den Rücken der Klinge benutzen.

Beim Schärfen ist der Winkel entscheidend

 

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Wetzsteine gibt es in verschiedenen Farben und Körnungen, wie beim Schleifpapier. (Bild jsc)

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Generell sind Geräte zum Durchziehen von Klingen nicht empfehlenswert. «Sharpy» von Victorinox ist eine kostengünstige Ausnahme für den gelegentlichen Gebrauch. (Bild Victorinox)

 

 

Wenn mit grosser Gestik, möglichst schnell und lautstark am Familientisch vor dem grossen Braten das Tranchiermesser an einem Abziehstab gewetzt wird, bekommt Nina Klötzli Hühnerhaut. «Besser, man macht es langsam, denn oft hat man wenns schnell gehen muss den Abziehwinkel weniger unter Kontrolle.», betont sie. Ausserdem bevorzugt sie einen Stein, damit lasse sich der Winkel beim Schärfen besser kontrollieren. Dieser ist entscheidend darüber, ob die Klinge schärfer wird, oder man nur verschlimmbessert. «Europäische Messer haben in der Regel einen Winkel von 20 Grad pro Seite», fährt Klötzli fort und führt die Klinge eines Gemüsemessers sorgfältig einige Male über den Schärfstein. Abziehen sagt man dem und es geht schnell: Nach wenigen kontrollierten Bewegungen spürt man die Schärfe – damit gibt es auch aus einer weich gewordenen Tomate ansehnliche Scheiben.

 

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Kann man da noch was machen?

Nachschärfen kann man selbst, schleifen hingegen ist etwas für Profis. Dabei wird Material abgetragen und der Schnitt so wiederhergestellt. Ob man selbst noch was machen kann, oder das Messer in den Service muss, erkennt man an der Klinge: Im Licht sollten auf dem Schnitt keine glitzernden Punkte zu sehen sein, wie auf einer Wasseroberfläche im Sonnenschein. Ist das aber der Fall, muss ein Fachmann die Klinge mit professionellem Werkzeug wiederherstellen.

Scharf ist sicherer

Angesichts oder schon nur beim Gedanken an eine richtig scharfe Klinge, bringen manche vorsorglich ihre Finger in Sicherheit. Aber eine stumpfes Messer ist nicht weniger gefährlich, im Gegenteil, wie Nina Klötzli sagt: «Damit muss man viel mehr Kraft aufwenden und hat das Messer damit weniger unter Kontrolle.» Klar ist für sie aber auch, dass man beim Hantieren mit Messern immer den Kopf bei der Sache haben sollte. Bei ihr scheint das zu funktionieren. «Ich habe mich noch nie geschnitten», sagt die Messerschmiedin. Und das in einem Laden, umgeben von Klingen jeder Grösse, allesamt wortwörtlich messerscharf. Da muss etwas dran sein.

Mehr über die Messerschmiede Klötzli erfahren Sie hier.

 

Messer als Familientradition

Die Familie Klötzli feiert in diesem Jahr das 175. Jubiläum ihrer Tätigkeit als Messerschmiede, anlässlich dessen Klötzlis ein kleines Museum in Burgdorf BE eröffnen. Die Besucher können die alte Werkstatt besuchen, sich einen Überblick über die Generationen der Familie und deren Besonderheiten verschaffen und ausserdem die beeindruckende Sammlung alter Werkzeuge und Handelsware aus dem Hause Klötzli bewundern.

Ein Besuch lohnt sich, denn die liebevoll und sorgfältig ausgestellten Objekte sind nicht nur spannend anzuschauen, sondern auch Zeugen der Kulturgeschichte. Seien es Rasiermesser im 6er Set, die dank dem Rost, den sie während ihrer 7-tägigen Ruhezeit zwischen den Einsätzen ansetzen, wieder schärfer wurden, oder Messer zum Aderlass bei Vieh – man kann sich kaum sattsehen. Eine ganze Vitrine zeigt auch Käsebohrer, die noch heute von Klötzli als einem der letzten in der Schweiz hergestellt werden.

Weitere Informationen: https://www.klotzli.com/de/Geschichte/Alte-Werkstatt

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Die Ausstellung zum 175-Jahr-Jubiläum der Familie Klötzli gibt einen Einblick in altes Handwerk und zeigt auch Kulturgeschichte. Der Eintritt ist kostenlos.