Zweisimmen BE, 29. März 2018: Ein Bauer fährt von einem Waldstück Richtung Dorf und kommt vom Weg ab. Der Traktor überschlägt sich, der 79-Jährige gerät unter das Fahrzeug und stirbt noch auf der Unfallstelle.

Grosswangen LU, 20. Juli 2018: Ein Landwirt lädt Raps von einem Mähdrescher auf einen Anhänger um. Der Bauer gerät in die Förderschnecke und wird eingeklemmt. Die Rega fliegt ihn ins Spital, wo er kurze Zeit später verstarb.

Avers Cresta GR, 1. Oktober 2018: Ein Bauer verschiebt mit dem Heukran einen 400 kg schweren Strohballen. Dieser löst sich plötzlich, fällt zu Boden und trifft einen im Stall anwesenden Mann. Der 50-Jährige wird ins Spital geflogen, wo er an den Folgen seiner Verletzungen stirbt.

Enormer Druck

Es sind dies 3 von insgesamt 42 tödlichen Arbeitsunfällen in der Landwirtschaft, welche die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) bis Mitte Dezember registriert hat – 19 mehr als 2017 (siehe Grafik). 

"Der Druck, der auf uns lastet, ist hoch; die zeitliche Beanspruchung enorm", sagte Bauernpräsident Markus Ritter im November an der Delegiertenversammlung des Schweizer Bauernverbands (SBV). Er mahnte: "Wir müssen noch achtsamer und vorsichtiger sein." Nichts sei so schlimm für eine Familie, wie wenn sie ein Mitglied durch einen Unfall verliere.

Der SBV hat auf die Häufung tödlicher Unfälle reagiert und eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die aus Vertretern der Kantonalverbände, der Fachorganisationen und der BUL besteht. Die Arbeitsgruppe trifft sich erstmals im Januar 2019, sie will Massnahmen vorschlagen, wie die Prävention gestärkt werden kann. "Damit möchten wir natürlich die Anzahl der Unfälle in der Landwirtschaft reduzieren", erklärt Peter Kopp, der beim SBV das Departement Soziales und Dienstleistungen leitet.

Gurte retten Leben

Warum die Anzahl tödlicher Unfälle heuer deutlich über dem Vorjahr liegt, müsse noch analysiert werden, sagt BUL-Sicherheitsexpertin Dominique Thiévent. Auffallend seien unter anderem die vielen Unfälle mit Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen.

Die BUL will deshalb im nächsten Jahr die Landwirte mit einer Schwerpunkt-Kampagne sensibilisieren, vermehrt Sicherheitsgurte zu tragen. "Wir sind überzeugt, dass Gurte Leben retten", sagt Thiévent. Viele Bauern meinten, dass es besser sei, sich nicht anzugurten, um rechtzeitig abspringen zu können. "Die vielen tragischen Unfälle zeigen, dass dies ein Trugschluss ist", betont Thiévent. Das Tragen von Sicherheitsgurten müsse zu einer Selbstverständlichkeit werden.

In der Landwirtschaft war es lange üblich, sich nicht anzugurten. Erst seit 2018 müssen neu in Verkehr gesetzte Traktoren Sicherheitsgurte aufweisen. Tragen muss man diese von Gesetzes wegen nur auf der Strasse und bei einer Geschwindigkeit ab 25 km/h. Um sein Leben zu schützen, empfiehlt Thiévent, Sicherheitsgurte auch auf dem Feld sowie bei geringer Geschwindigkeit zu tragen und ältere Fahrzeuge nachzurüsten.

Michael Wahl, lid