Martin Bernhard, der «Hubelbauer», hat bei der Direktvermarktung seines Natura-Beefs einen aussergewöhnlichen Weg gewählt und geht diesen überzeugt und mit Erfolg. Gemeinsam mit seiner Frau Nadine Strub führt er den Biobetrieb mit der Postkarten-Aussicht nun in siebter Generation.

Ein erstes Mal umgestellt

Martin Bernhard führt den Hubelhof, seit sein Vater 2013 bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. Auf dem Hof wurde über viele Jahre Milchwirtschaft betrieben, aber die Grösse des Betriebs und der stetig sinkende Milchpreis hätten manches Mal Anlass zur Sorge gegeben, erinnert sich Bernhard. Oft habe er mit seinem Vater über eine mögliche Umstellung auf Mutterkuhhaltung gesprochen.

Als «Tinu» Bernhard den Betrieb dann plötzlich allein führen musste, fällte er die Entscheidung, das Melken aufzugeben und den Betrieb umzustellen. Dazu musste er zunächst den alten Anbindestall abreissen und einen neuen Laufstall bauen. So konnte er ab 2016 mit der Produktion von Natura-Veal beginnen.

Grauvieh ist ideale Kuh

Dieser Schritt beeinflusste Martin Bernhard bei der Wahl der passenden Kuhrasse. «Ich habe mich für das Tiroler Grauvieh entschieden; die kleinen Grauen eignen sich sehr gut für die Produktion von Kalbfleisch, wenn man sie mit einem Fleisch-Muni deckt. Und sie gefallen mir einfach auch gut», sagt er grinsend und blickt hinüber zum Laufhof, wo gerade einige seiner Tiere zufrieden in die Frühlingssonne blinzeln.

Er habe am Anfang «voll auf Veal gesetzt», erinnert sich der Meisterlandwirt zurück. Dank der guten Milchleistung und vor allem der guten Persistenz seiner Tiroler-Grauvieh-Kühe habe er mit jeder im Schnitt 1,8 Kälber pro Jahr aufziehen können. Daneben habe er im kleinen Rahmen mit der Produktion von Rindfleisch für die Direktvermarktung begonnen. Schliesslich habe er sich dann 2018 dazu entschieden, seinen Betrieb noch einmal ein wenig neu auszurichten und auf Bio-Produktion umzustellen.

Die zweite Umstellung

«Die Trends gehen eindeutig in Richtung biologische Produktion und ich finde die Bio-Grundsätze wichtig und gut», zeigt sich Martin Bernhard überzeugt. Nach der Umstellung habe er dann allerdings seine Natura-Veal-Produktion eingeschränkt, berichtet Bernhard. Das Zuführen und Anhängen eines zweiten Kalbes sei aufwendig, dazu kämen verschiedene Kontrollen und letzten Endes sei es gar nicht so einfach, Bio-Kälber zu finden. So setzt Bernhard heute hauptsächlich auf die Produktion von Natura-Beef, bei dem die Schlachttiere zwischen zehn und zwölf Monate alt werden.

Hubel Beef und Worber Bier

Das Fleisch der Tiere wird als «Hubel Beef» zum grössten Teil direkt ab Hubelhof verkauft. Martin Bernhard schafft es jährlich, rund 18 von 25 bis 30 Schlachttieren selber abzusetzen, den Rest verkauft er in den Gastro-Sektor. Dabei möchte er den Verkauf ab Hof noch steigern: «Mein Ziel ist ganz klar, ich will künftig alles Fleisch direktvermarkten», sagt er entschlossen.

Viermal im Jahr, jeweils im März, Juni, September und Dezember findet auf dem Hubelhof ein «Beef Day» statt, ein Anlass an einem Samstag, bei dem das hofeigene Rindfleisch im Zentrum steht. Das Ganze fühle sich immer an wie ein Fest, schwärmt Bernhard und erzählt von den vielen Besuchern, vom Grill und vom Worber Bier. Auch heuer fand schon ein «Beef Day» statt, der nächste folgt – wenn sich in Sachen Corona alles gut entwickelt –, schon bald.

Der Hubelbauer kann bei den Anlässen jeweils das Fleisch von drei bis vier Kühen absetzen, so kommt er auf neun bis zwölf Tiere, die er jährlich an den Anlässen auf dem Hof verkaufen kann. «Es sind immer etwa 700 Kilogramm über den Daumen gepeilt. Wir schauen grundsätzlich, dass wir das ganze Tier verkaufen können; nose to tail, Nase bis Schwanz, das ist uns sehr wichtig», fügt er hinzu.

Die richtige Überlegung

Martin Bernhard hat bei der Direktvermarktung einen eigenen Weg eingeschlagen: Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen verkauft er nicht grundsätzlich nur Mischpakete. «Fast alle Mutterkuhhalter bieten im Direktverkauf Mischpakete à fünf oder zehn Kilogramm an. Das ist für viele Konsumenten aber einfach zu viel Fleisch aufs Mal», sagt er und wirft einen langen Blick über den Hofplatz.

Er verstehe jeden Produzenten, der Mischpakete verkaufe und habe das zu Beginn auch so machen wollen. Seine Frau Nadine habe ihn dann aber mit einer guten Überlegung umgestimmt: «Unser Hof liegt nahe an Bern, wo viele potenzielle Kunden wohnen. Aber in den Stadtwohnungen gibt es selten genügend Platz für eine Kühltruhe, da wird es mit Mischpaketen schwierig.» So verkauft der Hubelbauer nun auch einzelne Fleischstücke.

Nähe zu den Kunden

Nicht zuletzt dank dieser Anpassung besteht der Kundenkreis des Hubelbauern zu einem guten Teil aus jungen Familien aus Bern; viele gehören zum Bekanntenkreis. «Sie kommen zu uns, weil sie wertschätzen, wie wir unseren Betrieb führen und welche Qualität wir anbieten. Es ist eine bewusste Entscheidung, hierher zu uns zu fahren und Fleisch zu kaufen», freut sich Bernhard.

Das sei für die Betriebsleiterfamilie eine Chance, die es zu nutzen gelte, fährt er fort. «So kann sich wirklich eine echte Verbindung zwischen Produzent und Konsument entwickeln. Wir haben gute Kunden und schätzen nicht zuletzt deshalb die Direktvermarktung sehr.»

Aufs Huhn gekommen

Seit 2021 werden auf dem Hubelhof auch Legehennen gehalten und unter dem Namen «Hubel-Eggs» Bioeier produziert. Seine Hühner hält Martin Bernhard im «Rolls Royce unter den Hühnerställen», wie er lachend zu Protokoll gibt. Der moderne, mobile Hühnerstall der österreichischen Firma Steiner ist vollautomatisiert und steht auf der grossen Hausparzelle, wo die Hühner den ganzen Tag über auf der grünen Wiese leben.

Das System funktioniere völlig autark, erklärt Bernhard. Dank eines eingebauten Futtersilos und eines Wassertanks funktioniert die Versorgung der Tiere reibungslos; der benötigte Strom wird mittels einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach gewonnen.

Bernhard ist sehr zufrieden mit der mobilen Anlage, deren Standort er alle zwei Wochen wechselt: «Es entsteht schon Arbeit durch die Hühnerhaltung, aber dank dieses Systems hält es sich in einem absehbaren Rahmen.» Bernhard ist Mitglied im Verein Bio Weide-Ei, der im nahen Trimstein domiziliert ist; eine gute Sache, wie er findet. Er fühle sich durch den Verein sehr gut unterstützt und die Vorschriften zur Haltung der Tiere kämen effektiv dem Tierwohl zugute, erklärt der Worber. In der Haltung auf der grünen Wiese sieht Bernhard aber auch einen öffentlichkeitswirksamen Vorteil: «Die Leute sehen von der Strasse aus, wie schön es die Hühner hier haben. Das hat sicher eine positive Wirkung, auch über den einzelnen Betrieb hinaus.»

Auch Bruch verwerten

Wie überall, wo gehobelt wird, fallen aber auch in der Eierproduktion Späne, hier in Form von Brucheiern. Daraus macht man auf dem Hubel Eierteigwaren. Alle zehn bis vierzehn Tage werden diese mit Hilfe einer kleinen Industrie-Maschine komplett selber hergestellt. Erhältlich sind die Worber Teigwaren im Hofladen auf dem Hubel und bei einigen ausgewählten Wiederverkäufern. «Das ist sinnvoll, denn auch wenn nur etwa ein Prozent der Eier zu Bruch gehen, kommt am Ende der Woche einiges zusammen», meint der Hubelbauer.

Regional verankert

«Fast noch wichtiger als die Bio-Produktion ist für mich der Aspekt der Regionalität», stellt Martin Bernhard klar. Dazu gehören für ihn auch die guten Beziehungen zu seinen Kunden und anderen Produzenten. «Wenn man in der Region gut vernetzt ist und seine Kontakte pflegt und nutzt, kann sich viel Gutes ergeben», ist er überzeugt. Auch kurze Transportwege würden ihm am Herzen liegen, sagt er dann. So würden etwa seine Tiere im Schlachthüsli Gigax bei Konolfingen gemetzget, da kenne man sich und ihm gefalle die Art, wie «die dert wärche». Manche Produkte, wie etwa die Hamburger, die man auf dem Hubelhof kaufen kann, stellt die Metzgerei Simperl in Muri her. Auch dies sei ein guter Betrieb, findet Martin Bernhard.

Hand in Hand

Der Hubelhof sei ein echter Familienbetrieb, sagt Martin Bernhard mit Nachdruck: «Nadine und ich machen das Ganze wirklich zusammen, alleine könnte ich das nicht.» Während Bernhard sich um das Vieh und den Feldbau kümmert, kümmert sich Nadine Strub neben ihrer Arbeit als Fotografin – sie betreibt auf dem Hubel ein eigenes Fotostudio –, vor allem um die Hühner und die Vermarktung. Gemeinsam sind sie Eltern von drei kleinen Kindern. «Wenn sie arbeitet, erledige ich auch Dinge im Haus», sagt «Tinu» Bernhard und fügt lachend an, dass man die klassische Trennung in «Aussen- und Innenministerin» auf dem Hubelhof nicht kenne.