Nach der Besetzung des Bundesplatzes schien das Verhältnis zwischen den Berner Marktfahrenden und Aktivisten des Klimastreiks gespannt zu sein. Die Stände konnten nämlich nicht wie gewohnt aufgebaut werden, es gab weniger Platz für den Wochenmarkt am Dienstag und Einzelne fuhren sogar erbost und unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Mittlerweile verstehen sich die Mitglieder des Berner Märits und Klimastreikende aber sehr gut, wie sich an der heutigen gemeinsamen Streikminute zeigte.

Kein Gehör beim Gemeinderat

Die Idee zur Streikminute sei bei gemeinsamen Gesprächen zwischen Standbetreibern und Aktivisten nach der Räumung des Bundesplatzes entstanden, erklärt Julian Seiler vom Klimastreik. «Unsere Anliegen werden nicht ernst genommen und wir finden kaum je Gehör beim Gemeinderat», klagt Walter Stettler. Der Präsident des Vereins Berner Märit ist besorgt darüber, dass die Marktstände immer wieder anderen Veranstaltungen weichen müssen. «Bei der Lichtshow  Rendez-vous Bundesplatz müssen einzelne Stände jeweils eine Stunde früher zusammenpacken», schildert er. Dadurch gehen aber jene Kunden verloren, die nach Feierabend noch über den Märit gehen würden. 

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Julian Seiler vom Klimastreik und Walter Stettler, Präsident des Berner Märits haben dieselben Anliegen: Eine nachhaltige und klimaschonende Landwirtschaft. Kurze Transportwege dank regionaler Märkte gehören da dazu. (Bild jsc)

Unfaire Behandlung in Sachen Eisbahn

Besonders ein Dorn im Auge ist Stettler die Eisbahn, die jeweils im Winter einen grossen Teil des Bundesplatzes in Beschlag nimmt. Dieses Jahr soll sie sogar noch 14 Tage früher als üblich aufgebaut werden. «Die Verantwortlichen haben das einfach so beschlossen, um das Weihnachtsgeschäft im Dezember ausnutzen zu können und weil später das Jubiläum des Frauenstimmrechts gefeiert wird», meint Walter Stettler. Für ihn ist das eine ungerechte Ungleichbehandlung: «Wir zahlen für die Standplätze eine Jahrespauschale, für meinen Stand z. B. 1000 Franken jährlich. Die Eisbahn zahlt nichts, aber wir müssen aus dem Weg.» Schlittschuhfahren könne man schliesslich auch woanders und die Bahn auf dem Bundesplatz sei alles andere als eine Augenweide. Im Übrigen gehe es für die Mitglieder des Berner Märits um die Existenz. 

«Eine Entschädigung hat noch niemand angeboten»

Trotz der neuen guten Beziehungen zum Klimastreik kritisiert der Präsident des Berner Märits die Besetzung des Bundesplatzes während der Klima-Aktionswoche. Vor allem, weil es dafür keine Bewilligung gab.

Allgemein habe man aber die gleichen Anliegen, nämlich eine klimaschonende und nachhaltige Landwirtschaft. Zudem kam von Seiten des Klimastreiks das Angebot einer Entschädigung für die verursachten Einbussen der Marktfahrenden (siehe Kasten). «Das hat noch nie jemand angeboten», so Walter Stettler. Er könne sich weitere gemeinsame Aktivitäten in Zukunft vorstellen, «Die heutige Zusammenarbeit war jedenfalls sehr gut», bilanziert er. 

 

150 bis 300 Franken pro Stand

Die von der Besetzung der Bundesplatzes betroffenen Marktfahrenden erhalten vom Klimastreik je nach Standgrösse zwischen 150 und 300 Franken. «Es ist uns wichtig, allen etwas zu zahlen. Sei es für finanzielle Einbussen, oder auch für den Ärger, den wir verursacht haben», erklärt Julian Seiler vom Klimastreik. Am Dienstagmorgen habe es wirklich ein Problem gegeben. «Wir haben die Marktfahrenden etwa eine Stunde zu spät durch die Blockade auf den Platz gelassen. Wir haben befürchtet, die Polizei könnte eine Lücke ausnutzen und stürmen», schildert Seiler. So seien die Betroffenen zurecht verärgert gewesen. 

Man habe von Seiten Klimastreik mit allen Marktfahrenden Kontakt aufgenommen, die normalerweise ihre Stände auf dem Bundesplatz aufbauen. Teilweise konnten die Beträge laut Seiler bereits überwiesen werden, «bei Einigen fehlen uns noch die Kontoangaben oder sie möchten auf das Geld verzichten.» Das Geld komme von privaten Spenden, die während der Aktionswoche an die Klimabewegung gingen. «Dieses Geld wollten wir mit dem Märit teilen», meint Seiler. Mittlerweile seien alle Beteiligten positiv gestimmt und es herrsche gegenseitiges Verständnis.