In der Schweiz hat der Maiswurzelbohrer noch keinen direkten Schaden verursacht. Anders sieht es aus im Elsass (F) und Süddeutschland, wo der Befallsdruck seit der Aufhebung der strengen Bekämpfungsvorschriften 2014 exponentiell ansteigt. Damit verbunden steigt auch der Befallsdruck im Schweizer Grenzraum. Damit der Schädling hierzulande keine Population aufbauen kann, muss um Fangstandorte eine Kern- und Sicherheitszone mit strenger Fruchtfolge erlassen werden (s. Kasten). Für betroffene Landwirte bedeutet dies Einschränkungen, Planungsunsicherheiten und Kosten, weil die strengen Vorschriften nur dann zum Einsatz kommen, wenn ein Käfer in die Falle ging. Das schafft ungleiche Bedingungen in der Schweiz. Deshalb fordert zum Beispiel der Kanton Luzern, die bisher effektivste Bekämpfungsmassnahme, die "Tilgungsstrategie" – kein Mais nach Mais, zu lockern. Direkt betroffene Kantone wie Basel-Land verlangen die Beibehaltung dieser Strategie.

Forderung Mais nach Mais 

Im vergangenen Jahr gingen im Kanton Luzern drei Käfer in die Fänge der schweizweit aufgestellten Pheromon-Überwachungsfallen. Das hatte zur Folge, dass über eine Fläche von 3600 Hektaren Kern- und Sicherheitszonen verhängt wurden. Wie Heinrich Hebeisen vom kantonalen Pflanzenschutzdienst dem Magazin "Landfreund" vergangenen November mitteilte, wird in diesem Gebiet traditionsgemäss bei rund einem Viertel der Betriebe Mais nach Mais angebaut. Durch den Erlass der Kern- und Sicherheitszonen wird diese Anbauweise verboten, denn es muss eine strenge Fruchtfolge eingehalten werden. Dadurch würden Mehrkosten von rund 1 Mio Franken unter anderem wegen Ertragsausfall entstehen, sagt er dem "Landfreund". Hebeisen schlägt deshalb eine schweizweite Eindämmungsstrategie vor: Es solle erlaubt sein, zwei Jahre Mais in Folge anzubauen, gefolgt von mindestens zwei Jahren ohne Mais. 

Gefährliches Unterfangen

Für Lukas Kilcher ist dieser Vorschlag aber ein "extrem gefährliches Unterfangen", wie er auf Nachfrage der BauernZeitung mitteilt. Er ist Direktor des Ebenrain im Kanton Baselland und damit Vertreter eines vom Maiswurzelbohrer stark betroffenen Kantons (2018: 428 Käferfänge). Die Eindämmung wird in der EU nach einer Lockerung im 2014 zu einer kaum mehr zu bewältigenden Aufgabe. Daher wird in Süddeutschland nun eine Strategie versucht, die dem Wunsch des Kanton Luzern ähnelt: zweimal Mais in drei Jahren. Das hat Lukas Kilcher an einer Tagung zum Maiswurzelbohrer Ende Januar in Freiburg im Breisgau (D) in seiner Funktion als Präsident der trinationalen Arbeitsgruppe Landwirtschaft im Oberrhein erfahren. "Damit kann ein weiteres Wachstum zwar verhindert werden, tilgen könne man den Schädling aber nicht, auch nicht mit Pestiziden", wie aus der Tagung hervorging, berichtet Kilcher. Erschreckend: In Süddeutschland ist die Population inzwischen so gross, dass adulte Maiswurzelbohrer auch andere Kulturpflanzen wie Gemüse befallen. Vertreter der Agrarbehörden des Bundeslands Baden-Württemberg würden gerne nach Schweizer Modell – kein Mais nach Mais – anbauen, man fürchte aber bei einer solchen Verstrengung Einsprachen der Bauern, fügt er an. In der Schweiz konnte der Maiswurzelbohrer bisher mit dieser Strategie ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden. "Würde die strenge Fruchtfolgeregelung hierzulande aufgehoben, müssten Landwirte mit ebenso wirtschaftlichen Schäden wie im EU-Raum rechnen", warnt Kilcher. 

Lockerung nicht im Sinne der Politik und Bevölkerung

Im Elsass, wo noch mehr Mais angebaut wird, wurde die Empfehlung alle 6 Jahre eine Mais-Anbaupause einzulegen, herausgegeben. Das sei eine Art Kapitulation, denn erfolgreich sei das nicht, weshalb zusätzlich Insektizide eingesetzt werden müssten (maximal 70 Prozent Erfolg), berichtet Lukas Kilcher. "Im EU-Raum zeigt sich also, zu welchen Risiken und Schäden zu viel Mais in der Fruchtfolge führen kann. Es ist daher vorteilhafter, eine strenge Regel weiter zu ziehen", folgert Kilcher daraus. Die Tilgungsstrategie zu lockern und danach bei zunehmendem Schädlingsdruck wieder zu verstrengen, sei sehr viel schwieriger und kostspieliger als ihre Beibehaltung. "Daraus sollten wir lernen", mahnt er und fügt an: "Ein Einsatz von Pflanzenschutzmittel zu riskieren, sei nicht im Sinne der Politik und Bevölkerung und liefe entgegen den Bestrebungen des Aktionsplan Pflanzenschutzmittel". Der Maiswurzelbohrer zeigt zudem auf, wohin zu hohe Erwartungen an die landwirtschaftliche Produktion führen. Kilcher plädiert daher für einen ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Maisanbau mit minimalem Pflanzenschnutzmittel-Einsatz.

Möglicher Schaden belegt

Agroscope hat wissenschaftlich belegt: Wird Mais drei Jahre in Folge angebaut, können wirtschaftliche Schäden durch den Maiswurzelbohrer entstehen. Nach zwei Jahren in Folge, wie es die Eindämmungsstrategie verlangt, kann zwar keine Population in der Parzelle aufgebaut werden. Aber der adulte Käfer sei in der Lage über 100 km in andere Parzellen einzufliegen. Eine Population könne sich so nach und nach in der Schweiz aufbauen. 

Das BLW wird die Argumente der Kantone und Branche anhören und im Verlaufe des Jahres eine Entscheidung treffen, teilt das BLW auf Anfrage mit.

Katrin Erfurt