Die schlechten Nachrichten reissen nicht ab: Die menschengemachte Klimaerwärmung sorgt für Hitzewellen in den Ozeanen und an Land, Überschwemmungen, Dürren und schmelzende Gletscher. Die Auswirkungen sind bereits heute zu spüren. Zugleich werden Lebensräume zerstört, Korallen bleichen, Insekten geht die Nahrung aus und zahlreiche Pflanzen- und Tierarten verschwinden.

Weiter wie bisher geht nicht

Die zwei wohl drängendsten Probleme des Anthropozäns, des Menschen-Zeitalters, werden oft noch gesondert betrachtet: Der Weltklimarat (IPCC) bildet die wichtigste Grundlage dafür, wie man den Klimawandel mildern und anpassen kann. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) leistet wissenschaftliche Politikberatung zur biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen.

Fachleute des IPCC und des IPBES diskutierten deshalb erstmals gemeinsam über Massnahmen, die sowohl dem Klima als auch dem Artenschutz zugute kommen. Es braucht demnach einen tiefgreifenden Wandel in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Weiter wie bisher ist keine Option.

Für umweltschädigendes Verhalten zahlen

Die gute Nachricht: «Der Trend lässt sich noch umkehren», sagte der Pflanzenökologe und Biodiversitätsforscher Markus Fischer von der Universität Bern. Er war Mitglied des zwölfköpfigen wissenschaftlichen Gremiums, unter dessen Lenkung der Bericht erstellt wurde.

Das wichtigste sei, die Kosten umweltschädlichen Verhaltens einzurechnen. Umweltschädliche Subventionen gehörten abgeschafft. Es benötige Anreize, damit die Produktion von Lebensmittel und Gütern biodiversitätsfreundlich und klimaschonend erfolge. Die Autoren verlangen zudem, dass 30 bis 50 Prozent der Meeres- und Landflächen weltweit unter Naturschutz gestellt werden.

Klimaschutz kann der Artenvielfalt schaden

Als Beispiel für schlechte Einflüsse von Klimaschutz auf die Artenvielfalt nennt Markus Fischer den Anbau von Energiepflanzen. Biotreibstoffe helfen zwar, von den Fossilen wegzukommen, können aber unter Umständen einen riesigen Biodiversitätsverlust verursachen.

Auch die Aufforstung von Wäldern mit Monokulturen schadet der Artenvielfalt. Und der Abbau von Rohstoffen für die Elektromobilität kann schädliche Folgen für die Umwelt haben. Zu den Massnahmen, die Klima- und Artenschutz fördern, gehört etwa die Wiederherstellung von Mooren sowie die Schaffung von Grünflächen in Städten.

Lösungen, die für alle tragbar sind

Die grösste Wissenslücke sieht Fischer auf der sozialwissenschaftlichen Ebene. «Wir müssen Lösungen ausarbeiten, um den Wandel möglichst gerecht herbeizuführen», sagte er. Einzelne Staaten, gesellschaftliche Gruppen und Branchen, die schon heute besonders unter der Klima- und Biodiversitätskrise leiden, sollen nicht zu den Verlierern gehören. Dafür müssten Länder miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Und es brauche einen Wertewandel in der Gesellschaft. «Wir müssen wieder lernen, im Einklang mit der Natur zu leben», so der Berner Forscher.

 

Workshop zu Biodiversität und Klimawandel

Im Dezember 2020 nahmen 50 der weltweit führenden Biodiversitäts- und Klimaexperten, ausgewählt von einem zwölfköpfigen wissenschaftlichen Lenkungsausschuss von IPBES und IPCC, an einem viertägigen virtuellen Workshop teil, um die Synergien und Kompromisse zwischen Biodiversitätsschutz und Klima zu untersuchen Veränderungsminderung und Anpassung. 

Der von IPBES und IPCC gemeinsam gesponserte Workshop-Bericht zu Biodiversität und Klimawandel wurde am 10. Juni 2021 auf einer virtuellen Medienkonferenz vorgestellt.