Rund 820 Millionen Menschen weltweit sind unterernährt. Auf der anderen Seite aber gibt es einen sehr hohen Fleischkonsum, der viel Land verbraucht. Ausserdem werden zu viele Lebensmittel einfach weggeworfen. Die wachsende Weltbevölkerung auf gerechte Weise mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen ist eine gewaltige Herausforderung - und sie wird durch den Klimawandel noch grösser.

Weniger Wälder aufgrund der Landwirtschaft

Um die vielen Menschen zu ernähren, braucht die Landwirtschaft immer mehr Flächen. Oft geht dies zu Lasten von Wäldern. Diese aber sind wichtig, denn sie speichern das Treibhausgas Kohlendioxid. "Die Nahrungsmittelsicherheit und der Schutz der Wälder sollten unverhandelbar sein", sagt Charlotte Streck, Mitgründerin des Thinktanks Climate Focus. Ein Widerspruch?

Nein, sagt Streck, das Entweder-Oder-Spiel stört sie. Beides sei möglich. Die aus ihrer Sicht wichtigsten Hebel: Den Fleischkonsum senken und den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen forcieren.

"Rindfleisch ist besonders ressourcenintensiv. Es braucht 20 Mal so viel Land, und es entstehen 20 Mal so viele Treibhausgase pro Gramm essbaren Eiweisses wie bei pflanzlichen Eiweissen, etwa aus Bohnen, Erbsen oder Linsen", erklärt Streck. Und die Ressource Land ist begrenzt.

Zudem werden nach Angaben der Welternährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO ein Drittel der Lebensmittel weltweit weggeworfen.

Klimarat hebt den Finger

Diese Fakten wird aller Voraussicht nach auch der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC deutlich machen, der am Donnerstag in Genf veröffentlicht wird und der sich vor allem mit der Landnutzung und dem Klimawandel beschäftigt.

Die Situation ist schwierig. Der Bericht könnte daher auch eine scharfe Mahnung an die Weltbevölkerung, die Politik und die Wirtschaft enthalten. "Zu einer Zeit, in der wir es uns am wenigsten erlauben können, verlieren wir fruchtbaren Boden und biologische Vielfalt in einem alarmierenden Tempo", sagte die Geschäftsführerin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), Inger Andersen, bereits am Freitag zur Eröffnung der mehrtägigen IPCC-Sitzung.

"Wir müssen die Nutzung unserer Landflächen an den Klimawandel anpassen, damit wir die Nahrungsmittelproduktion für die heutige und für zukünftige Generationen sicherstellen können", forderte Andersen weiter.

Ein grosses internationales Forscherteam hat für den IPCC in den vergangenen Jahren eine sehr umfangreiche Analyse über den derzeitigen weltweiten Wissensstand zu diesen Themen erstellt.

Seit Freitag sitzen vor allem politisch Delegierte der IPCC-Mitgliedsländer in Genf zusammen und beraten über die Zusammenfassung der Analyse. Den so entstandenen Report will der IPCC am Donnerstag präsentieren. Das einwöchige Prozedere soll dafür sorgen, dass der IPCC-Sonderbericht auch von den Mitgliedsländern anerkannt wird.

Waldqualität sinkt

Dass nun überhaupt über die Rolle der Wälder und der Landwirtschaft diskutiert wird, wertet Expertin Streck bereits als einen grossen Erfolg. "Das Thema betrifft uns direkt, wir sehen brennende Wälder, viel Schädlingsbefall. Die Waldqualität geht ja auch bei uns bergab", sagt Streck, die vor allem einem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen viel Potenzial beimisst.

"Die Klima-Modelle werden immer wilder, wenn wir an den fossilen Brennstoffen festhalten und immer mehr Aufforstungsflächen zur Kompensation ausweisen müssen", sagt Streck weiter.

Ein Ende der fossilen Brennstoffe würde also viel Druck aus der Debatte um mögliche Landkonflikte nehmen. Der globale Ausstoss etwa von Kohlendioxid (CO2) müsste nach dem jüngsten IPCC-Bericht zum 1,5-Grad-Ziel von 2010 bis 2030 um 45 Prozent fallen und im Jahr 2050 Null erreichen.

Neben einem nachhaltigen Landmanagement werden Themen wie Dürren, Versteppung, Hitzewellen und Überschwemmungen in dem Bericht eine Rolle spielen.

Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, Hoesung Lee, betonte vergangenen Freitag vor allem die symbolische Wirkung auf die Öffentlichkeit, die der Report aussenden könnte. "Ich hoffe, dass wir die Aufmerksamkeit der Menschen für die Gefahren und Herausforderungen erhöhen können, die der Klimawandel für das Land bereithält, auf dem wir leben und das uns ernährt."