Ob in einer Rindviehherde ein gesundheitliches Problem auf Bestandesebene vorliegt, zeigt sich oft durch die tierärztliche Erhebung von sogenannten Kennzahlen (siehe Kasten). Dies ist in den Bereichen Fruchtbarkeit und Eutergesundheit durch Kennzahlen wie Erstkalbealter, Brunsterkennungsrate oder dem monatlichen Prozentsatz an Kühen, bei denen eine klinische Mastitis vorliegt, bereits etabliert. Durch die regelmässige Aufzeichnung dieser Daten können betriebliche Schwachstellen früh erkannt und korrigiert werden.

 

Was sind Kennzahlen?

Kennzahlen dienen in der tierärztlichen Bestandesbetreuung als Hilfsmittel, die es ermöglichen, die Herdengesundheit effizient und standardisiert zu beurteilen. Dabei gibt es primäre Kennzahlen, welche zunächst eine Antwort darauf geben, ob auf dem Betrieb ein Herdenproblem vorliegt.

Die sekundären Kennzahlen grenzen im nächsten Schritt die Ursache des Problems durch die Festlegung von Grenzwerten für Tiergesundheitsdaten genauer ein. Liegen die auf dem Betrieb gemessenen Daten ausserhalb des durch die Grenzwerte definierten Normbereichs, weist dies auf ein Bestandesproblem hin.

Die Kennzahlen und Grenzwerte helfen so dabei, die betriebliche Tiergesundheit anhand eines standardisierten Vorgehens zu bewerten. Im Bereich der Klauengesundheit lagen bislang keine anerkannten Kennzahlen vor.

 

Für die beiden häufigsten Abgangsursachen in der Milchviehhaltung – ungenügende Fruchtbarkeit und schlechte Eutergesundheit – ist die Nutzung von Kennzahlen in der tier-ärztlichen Bestandesbetreuung nicht mehr wegzudenken. Für die die dritthäufigste Abgangsursache – die Klauenerkrankungen – ist dies allerdings nicht der Fall. Obwohl Klauenerkrankungen in Schweizer Milchviehherden mit einer Prävalenz von etwa 14,8 Prozent je Herde weit verbreitet sind, wird das Problem häufig unterschätzt. Massnahmen zur Verbesserung der Klauengesundheit werden oft als nicht notwendig angesehen.

«Fundament für die Zukunft»

Hier setzte das 2019 vom Bundesamt für Landwirtschaft genehmigte Ressourcenprojekt «Gesunde Klauen – das Fundament für die Zukunft» an (wir berichteten). Speziell ausgebildete Klauenpfleger begannen im Rahmen des Projektes mit der digitalen Erfassung jeder Routineklauenpflege. Dies soll betriebsspezifische und nationale Prä-valenzen aufzeigen und ermöglichte somit die Berechnungund Definition von Kennzahlenzur Klauengesundheit für die Schweiz.

13 Kennzahlen wurden definiert

Eine nationale Anpassung der Kennzahlen ist unbedingt notwendig, da es im Ländervergleich zu erheblichen Unterschieden bei der Lahmheitsprävalenz innerhalb der Herden kommt. Die Festlegung der Kennzahlen und angemessener Grenzwerte basierte weiterhin auf einer wissenschaftlichen Literaturrecherche, einer Diskussion mehrerer Expert(innen), sowie einer Befragung von Landwirtinnen, Klauenpflegern und Tierärztinnen. Forschende der Wiederkäuerklinik an der Vetsuisse-Fakultät Bern sowie des Rindergesundheitsdienstes haben so kürzlich drei primäre und zehn sekundäre Kennzahlen und die dazugehörigen Grenzwerte im Bereich Klauengesundheit speziell für die Schweizdefiniert (siehe Tabelle).

Primäre Kennzahlen mit dazugehörigen Grenzwerten:

KennzahlGrenzwert
Abgänge15%
Lahmheit10%
KlauenerkrankungenGrenzwert ausstehend

 

Sekundäre Kennzahlen mit dazugehörigen Grenzwerten:

Klötze10%
Ballenhornfäule30%
Dermatitis digitalis20%
Doppelte Sohle5%
Klauengeschwüre10%
Limax5%
Klauenrehe5%
Weisse Linie Erkrankung10%
Klauenerkrankung RindGrenzwert ausstehend
Klauenerkrankung KuhGrenzwert ausstehend


Tabellen: Die Kennzahlen mit den dazugehörigen Grenzwerten geben Auskunft über die wichtigsten Merkmale und Normbereiche einer stabilien Klauengesundheit auf dem Betrieb.(Quelle Vetsuisse Bern)

Viele Daten helfen

Zeigen beispielsweise bei der routinemässigen Klauenuntersuchung auf dem Betrieb mehr als zehn Prozent der Tiere Lahmheiten, wird empfohlen, Verbesserungsmassnahmen zu ergreifen. Die Forscherinnen legen nahe, dass mit der Durchführung einer halbjährlichen, routinemässigen Klauenpflege die Möglichkeit besteht, mit vergleichsweise wenig Mehraufwand eine grosse Menge an Klauengesundheitsdaten zu erheben. So kann sowohl beim Einzeltier, als auch bei der Herde eine kontinuierliche Kontrolle der Klauengesundheit sichergestellt werden. Gemäss der Forscher stellen sie ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Klauengesundheit auf Schweizer Betrieben dar.