Letzte Woche ist die Vernehmlassungsfrist für das landwirtschaftliche Verordnungspaket 2017 abgelaufen. In diesem Paket will der Bundesrat auch die Anforderungen an die Ausbildung der Gesuchsteller für den Erhalt von Investitionskrediten und Starthilfe erhöhen.

Lehre reicht nicht mehr

Mit den neuen Bestimmungen, welche am 1. Januar 2018 in Kraft treten sollen, müssten Landwirte die einen Investitionskredit erhalten wollen, nebst dem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) die Betriebsleiterschule (BLS) absolviert haben. Alternativ zur BLS ist eine ausgewiesene erfolgreiche Betriebsführung während drei Jahren der höheren Berufsbildung gleichgestellt. 

Steigende Herausforderungen

Da stellt sich die Frage: Was ist die Überlegung dahinter? Jonny Fleury, stellvertretender Leiter Fachbereich Betriebsentwicklung des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), erläutert: «In Zukunft stehen die Landwirte vor immer grösser werdenden Herausforderungen. Die Preisschwankungen, der Klimawandel und vieles mehr machen alles schwieriger. Ein junger Landwirt, der den Betrieb übernimmt, muss sich dessen bewusst sein. Er muss seinen Betrieb den Bedingungen anpassen können, um zu überleben. Wir wollen sicher sein, dass ein junger Landwirt in Zukunft erfolgreich sein wird. Unserer Ansicht nach stehen die Chancen dazu besser, wenn die Ausbildung der Landwirte sehr gut ist.»Es sollten diejenigen Landwirte Investitionshilfen bekommen, die bessere Chancen haben, gut zu wirtschaften, führt Fleury weiter aus. 

Bauernverband dagegen

Der Schweizer Bauernverband (SBV) ist da anderer Meinung. Er lehnt die geplante Anforderungserhöhung ab. In der Stellungnahme zum Verordnungspaket schreibt er: «Obwohl in der höheren Berufsbildung betriebswirtschaftlich relevante Themen vertieft behandelt werden, ist sie kein Garant für erfolgreiche Betriebsführung. Auch Landwirte ohne höhere Berufsbildung können ihren Betrieb erfolgreich führen. Wenn eine vertiefte Ausbildung zur Betriebsführung und Betriebswirtschaft nötig sein sollte, müssten entsprechende Kurse in den Regionen angeboten werden.»

Weiter argumentiert der SBV, dass die Anforderung einer dreijährigen erfolgreichen Betriebsführung bei der Starthilfe dem Zweck der Investitionshilfe widerspreche, da der Junglandwirt ja erst den Betrieb übernehme und so keine eigene Buchhaltung vorweisen könne.

Auch für Quereinsteiger

Auch die Kleinbauern-Vereinigung fordert den Bundesrat auf, die Verschärfung bei der Vergabe von Investitionskrediten abzulehnen. «Vielen jungen Landwirten mit guten Projekten würden so unnötig Steine in den Weg
gelegt», schreibt sie in einer Medienmitteilung. Die Kleinbauern-Vereinigung hält eine landwirtschaftliche Weiterbildung als Patentrezept gegen hohe Strukturkosten für untauglich. Besonders junge, motivierte Leute, die für sich eine Zukunft in der Landwirtschaft sehen und «nur» eine Grundbildung machen, würden so von den Unterstützungsgeldern ausgeschlossen. 

Anteil ist gering

Die Erhöhung der Anforderungen würde viele Landwirte vor grosse Herausforderungen stellen. Denn der Anteil derer, die die Betriebsleiterschule mit dem Fachausweis abschliessen ist schweizweit bei nur etwa 25 Prozent. 

Schon so gehen die Gesuche um Investitionskredite Jahr für Jahr zurück. Die Summe der ausbezahlten Kredite pro Gesuch steigt im Gegenzug. Im Jahr 2016 wurden durchschnittlich 168 00 Franken pro Gesuch ausbezahlt. 1975 waren es noch rund 60'000 Franken pro Gesuch.

Es erleichtert den Einstieg

Wie wichtig Starthilfe und Investitionskredite für einen Landwirt sein können, zeigt das Beispiel von Stefan Baumann aus Niederbottigen BE. Er hat den Betrieb 2014 von seinem Vater übernommen. Bei der Betriebsübergabe bezog er die angemessene Starthilfe von 130 00 Franken. Damit hat Stefan Baumann seinen Eltern das Inventar des Betriebes abgekauft. Dieser zinslose Kredit wurde ihm von der Bernischen Stiftung für Agrarkredite (BAK) direkt auf sein Konto ausgezahlt. Innerhalb von zehn Jahren muss Baumann den Betrag nun zurückbezahlen, jährlich 13 00 Franken. Die BAK hatte im Vorfeld die Buchhaltung des Betriebes angeschaut und berechnet, ob die Finanzspritze auf diesem Betrieb auch wirklich Sinn mache. Die Starthilfe hat Baumann also den Start erleichtert. So konnte er in diesem Jahr auch noch vier Pferdeboxen bauen. Geplant ist ausserdem ein Pouletmaststall mit 9000 Poulets auf 600m2, für welchen er einen Investitionskredit beantragt hat. 

Bessere Chancen

Ja, auf dem Betrieb von Stefan Baumann, da geht etwas, da wird gerechnet und geplant. Dies hat er auch in der Betriebsleiterschule und für die Meisterprüfung gelernt. Diese landwirtschaftliche Weiterbildung hat er damals aus innerer Überzeugung gemacht. «Die Landwirtschaft ist für mich eine Leidenschaft und ich wollte noch mehr darüber wissen», erklärt Baumann mit einem Leuchten in seinen Augen. Eine seiner Überlegungen sei auch gewesen, dass man mit einem solchen Abschluss im Sack später bessere Chancen haben würde, wenn man mal Land kaufen oder pachten möchte, führt der Meisterbauer aus. 

Betriebszweige durchrechnen

«Aber nebst dem Papier haben mir die Betriebsleiterschule und Meisterprüfung natürlich auch viel Wissen gebracht», fährt Stefan Baumann weiter. Insbesondere die betriebswirtschaftlichen Fächer seien für ihn spannend gewesen. Er habe vieles über Grundanforderungen gelernt, was man wo auf welchem Amt einreichen oder holen muss. Ausserdem hätten sie damals gelernt, Betriebszweige durchzurechnen und wie man bei der Planung von Projekten vorgeht. Dies setzt er heute auf seinem Betrieb auch ein. Baumann fügt an: «Früher hat es genügt, wenn Ende Jahr alle Rechnungen bezahlt waren. Aber heute sind die Bedingungen anders. Wenn man etwas ändern oder investieren will auf dem Betrieb, dann muss man das rechnen können. Alles kann man nicht dem Buchhalter übertragen». 

Stefan Baumann überspringt die Hürde der Ausbildung locker. Denn er hat nicht nur die BLS, sondern auch die Meisterprüfung geschafft. Für ihn ist diese Ausbildung eine gute Basis und «in jedem Fall eine Horizonterweiterung». Doch er findet auch:«Man kann nicht alle in einen Topf werfen. Ausbildung ist auch keine Garantie und nicht für jeden das richtige.»

Das findet auch Regina Fuhrer, Präsidentin der Kleinbauern-Vereinigung. Sie sagt: «Grundsätzlich brauchen wir gut ausgebildete Leute. Doch wir müssen die Möglichkeit offen lassen, dass möglichst viele junge Leute einen Betrieb übernehmen können.» Bereits aktuell seien die Herausforderungen für jemanden der in die Landwirtschaft einsteigen will gross. Daher sehe sie nicht ein, warum man die Hürden dauernd noch höher ansetzen will.

Jasmine Baumann