Invasive Neophyten sind Pflanzen, die ihren Ursprung in einem anderen Land haben und sich aber nach deren Einschleppung erfolgreich hierzulande etablieren. Das Einjährige Berufkraut, das trotz seines Namens mehrjährig ist, gehört ebenfalls dazu und verbreitet sich äusserst erfolgreich. So beklagen Bauern zunehmendes Vorkommen und zwar auch ausserhalb der Ruderalstandorte. So bedroht es auf mageren Standorten mit empfindlicher Vegetation (Wiesen und Weiden) die dort heimische Flora. Eine einzige Pflanze produziert 10 000 bis 50 000 Samen.

Fläche verliert Berechtigung

Jetzt blüht das Einjährige Berufkraut wieder üppig und erinnert beim Anblick an die einheimischen Kamillenarten. Landwirte werden angehalten, gegen Neophyten wie das Berufkraut vorzugehen. Denn übermässiger Besatz an Problempflanzen kann dazu führen, dass die betroffene Fläche aus der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ausgeschieden wird und damit die Beitragsberechtigung verliert.

Obwohl das Einjährige Berufkraut bereits im 18. Jahrhundert in die Schweiz kam, beobachten verschiedene Stellen eine enorme Verbreitung in den letzten Jahren. Und dies auch ausserhalb der Landwirtschaft.

1840 km Nationalstrassen

Die verhältnismässig kleine Schweiz hat 1840 Kilometer Nationalstrassen. Entlang dieser befinden sich 4236 ha Grünräume. Zum Vergleich: diese Fläche ist grösser als der Kanton Basel-Stadt. Auch auf diesen Flächen stellen Neophyten ein bedeutendes Problem dar. Die Pflege dieser Grünflächen setzen die Gebietseinheiten (in der Regel kantonale Dienste) im Auftrag des Bundesamts für Strassen (ASTRA) um.

Die Kosten für die Grünpflege belaufen sich jährlich auf rund 35 Millionen Franken. Zum grössten Teil handelt es sich dabei um Böschungen, Hecken, Wiesen bei Ein- und Ausfahrten oder Spielwiesen auf Rastplätzen und weitere Freiflächen. Diese Grünräume sind einerseits Elemente der Landschaftsgestaltung, seien andererseits aber auch unverzichtbar für den Betrieb der Autobahnen. Hecken stabilisieren die Böschungen; niederer Pflanzenbewuchs verhindert die Erosion, Bäume bilden einen natürlichen Schutz vor Lawinen und spenden Schatten auf den Rastplätzen.

Externe Firmen jäten am Strassenrand

Im Kanton Bern ist die Abteilung Nationalstrassen Betrieb mit Sitz in Spiez BE zuständig für die Pflege. Abteilungsleiter Martin Rösti berichtet gegenüber der BauernZeitung von einer Zunahme des Einjährigen Berufkrauts entlang der Nationalstrassen in den letzten beiden Jahren. Bekämpft wird, wie in der Landwirtschaft auch, mit Ausreissen. Damit würden externe Firmen beauftragt, die von Ende Mai bis in die Herbstmonate entlang der Nationalstrassen Neophyten entfernen. Auch in angrenzendem Privatland werde nach Möglichkeit entsprechend entfernt, sofern die Zugänglichkeit gewährleistet sei.

 

Gute Erfolge mit Weghacken im Smaragdgebiet

Das Einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) ist ausserordentlich invasiv und muss bekämpft werden. Aber wie? «Mit Aushacken wurden im Smaragdgebiet Oberaargau (BE, LU, AG, SO) in den letzten drei Jahren sehr gute Erfolge erzielt», heisst es in einer Mitteilung der Biodiversa in Langenthal BE.

Blüte hat begonnen

Nun blüht es wieder und ist damit gut von anderen Arten wie etwa der Flockenblume unterscheidbar. Einmal erkannt, muss es samt der Wurzel entfernt und über den Kehricht entsorgt werden, da es sich sonst weiter verbreitet. In der Landwirtschaft habe es sich insbesondere durch Heutransporte auf neuen Grünland-flächen etablieren können. Schneiden nützt in der Bekämpfung nichts. Auch wenn der Name dazu verleiten lässt, zu glauben, es handle sich um eine einjährige Pflanze, sie wächst auch im Folgejahr weiter und das entsprechend kräftiger. Auch nach einem ersten Schnitt lohnt es sich daher, die erneut austreibenden Stängel auszuhacken.

Samt den Wurzeln

Das Einjährige Berufkraut gehört der Familie der Korbblütler an. Die Samen erscheinen ab Mai bis Juni. «Es wird mit Vorteil ab sofort und – besonders wichtig – samt den Wurzeln weggejätet. Am besten gelingt dies mit Hilfe einer leichten Hacke, eines kleinen Handpickels oder mit dem eigens dafür entwickelten Berner Unkrautzieher, rät die Biodiversa. Blühende Pflanzen sollten nach dem Jäten immer sofort in einen Plastiksack verpackt werden. «Diesen verschlossen lagern und über den Kehricht entsorgen», wird empfohlen.

Wird das Einjährige Berufkraut im Jahreslauf nur gemäht, wird es zu einer mehrjährigen, recht buschigen und reichblühenden Pflanze. Nur bei mehrmaligem Schnitt pro Jahr kann das Blühen, die Samenbildung und Weiterverbreitung verhindert werden. Folgeeinsätze in den kommenden Jahren seien unerlässlich. Befallene Flächen seien zudem immer am Schluss zu mähen und die verwendeten Maschinen nach Gebrauch gründlich zu reinigen um der Gefahr eine Verschleppung der Samen vorzubeugen. 

Weitere Informationen:www.berufkraut.ch

Keine Prognose zum Berufkraut

Nach dem Ausreissen werde es gesammelt und zur Entsorgung in die Verbrennung gebracht. «Zudem werden die Flächen aufgenommen und auf einer kantonsinternen Plattform registriert», erklärt Martin Rösti. So sei eine Überwachung der Bestandsentwicklung möglich. «Es ist eine mühsame Geschichte», sagt Rösti zur Bekämpfung. Vor zwei Jahren hatte das Einjährige Berufkraut noch nicht diese Relevanz. Wohin die Entwicklung geht, kann Rösti nicht abschätzen. Man hätte in der Bekämpfung von Neophyten verschiedentlich erfolgreiche Einsätze gehabt, wie beispielsweise beim Bärenklau, der bedeutend zurückgedrängt worden sei. Zum Einjährigen Berufkraut wagt Rösti aber heute keine Prognose.

Weiterer Vormarsch

Sicher ist, auch auf landwirtschaftlichen Nutzflächen wird das Kraut künftig noch mehr anzutreffen sein. Und wenn auch die Bekämpfung entlang der Nationalstrassen ein Millionenprojekt ist, die Flächen entlang des Schweizer Strassennetzes bergen weiterhin ein Gefahrenpotenzial. Denn, Nationalstrassen machen nur rund drei Prozent des Strassennetzes in der Schweiz aus. Rund 20 000 km sind Kantonsstrassen und gar 50 000 km umfasst das Gemeindestrassennetz. Zuständig für Betrieb und Unterhalt (inkl. Grünpflege) sind hier Kantone, respektive Gemeinden.

 

Aargau wird aktiv

Der Kanton Aargau ist im Bereich der invasiven Arten aktiv geworden und hat Schwellenwerte für Neophyten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, werde eine Bekämpfung zwingend erforderlich. Der Schwellenwert liegt beim Einjährigen Berufkraut bei 33 Prozent Deckungsgrad, in Biodiversitätsförderflächen (BFF) bei 10 Prozent. Bei Sommerflieder, der gerne auch in Privatgärten angepflanzt wird, liegt der Schwellenwert bei fünf Pflanzen pro Aare, in BFF gilt Nulltoleranz. Wird ein Schwellenwert überschritten, folgt eine Nachkontrolle. Erst danach muss der Landwirt mit Sanktionen rechnen.