Der Direktor des Schweizer Gemüseverbands, Matija Nuic, spricht im Interview über das Projekt der Migros, den Abstimmungskampf gegen die Pflanzenschutz-Initiativen und die Zersiedelungsinitiative.

BauernZeitung: Wie stehen Sie zum am Montag kommunizierten Projekt der Migros, die ab 2025 nur noch Gemüse aus klimaneutral beheizten Gewächshäusern verkaufen will?

Matija Nuic: Die Gemüseproduzenten unternehmen schon sehr viel in diesem Bereich. Das Projekt geht sicher in eine gute Richtung. Die Migros stellt für die Umstellung auch finanzielle Unterstützung in Aussicht – welche aber die Kosten sicherlich nicht decken wird. Das Ziel der Migros ist sehr ambitioniert. Für uns darf es nicht zu Fehlanreizen führen. Schon mehrfach wurden gewisse Energiequellen als ultimative Lösung angesehen und bald darauf kam heraus, dass sie es doch nicht sind. Es hängt stark von der Politik ab, welche Energiequellen als C02-neutral gelten. Die Investitionen in ein Heizsystem sind hoch, da braucht es eine langfristige Sicherheit. Für uns darf es nicht sein, dass Produzenten ausgeschlossen werden, weil sie die Anforderungen nicht erfüllen können. Da erwarten wir die Bereitschaft, individuelle Lösungen zu finden. Eine Umstellung ist ferner auch immer mit Mehrkosten verbunden, diese müssen abgegolten werden.

Wie sieht der VSGP der anstehenden Abstimmung über die Zersiedelungsinitiative entgegen?

Unser leitender Ausschuss hat die Nein-Parole beschlossen. Grundsätzlich unterstützen wir das Anliegen des Kulturlandschutzes. Die Forderungen der Initiative sind für uns aber nicht zielführend und gehen zu weit. Unser Problem dabei ist die Thematik der Gewächshäuser. Die bodenunabhängige Produktion soll laut den Initianten nicht mehr in der Landwirtschaftszone möglich sein. Wir haben seit einem Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2013 den Konflikt, dass auch die Produktion als bodenunabhängig gilt, die zwar im Boden wächst, aber von der Aussaat bis zur Ernte im geschützten Anbau stattfand.

Kürzlich ist die Gründung der Interessengemeinschaft (IG) Zukunft Pflanzenschutz kommuniziert worden. Zusammen mit dem Schweizer Obstverband, Jardin Suisse, der Swiss Convenience Food Association sowie Swisspatat und dem Schweizerischen Konsumentenforum als beratende Stimme will der VSGP unter anderem die Pflanzenschutz-kritischen Initiativen bekämpfen. Können Sie uns schon etwas über die Pläne der IG verraten?
Wir wollen die Bevölkerung mit einer Vorkampagne darüber informieren, welche Bemühungen in unseren Branchen bereits heute laufen. Es geht auch darum, die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmitteln aufzuzeigen und dass die Produzenten nicht die Umwelt vergiften. Wir möchten die teilweise wirklich unbegründeten Ängste entkräften.

Der Bauernverband hat bereits eine grössere Allianz mit 60 Mitgliedern eingegangen. Warum braucht es Ihre IG zusätzlich?

Die Trinkwasser-Initiative hat sehr viele Aspekte, die die gesamte Landwirtschaft betreffen. Der SBV muss auch zu Themen wie Antibiotika und Fütterung Stellung nehmen. Das sind keine Themen, zu denen der VSGP Stellung beziehen sollte. Eine Komponente der Initiative betrifft den Pflanzenschutz. Mit der Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide geht gleich noch ein zweites Volksbegehren in die gleiche Richtung. Der Pflanzenschutz ist medial unter Beschuss und wird sehr kritisch diskutiert. Deshalb müssen die Branchen, die am stärksten davon betroffen wären – und das sind jene in unserer IG – das Thema konkret ansprechen und zeigen, dass wir unsere Verantwortung wahr nehmen. Daher ist das für mich kein Widerspruch zu dem, was die Allianz des SBV macht. Wir wollen die Aktivitäten gut koordinieren. Es geht unserer IG nicht darum, nur die Annahme der beiden Initiativen zu verhindern. Man muss die Anliegen der Konsumentinnen und Konsumenten ernstnehmen. Immerhin haben über 200'000 Stimmberechtigte die beiden Initiativen unterschrieben.

Interview Jeanne Woodtli