Der grosse Mittelberg im Justistal bot den idealen Rahmen für ein Podiumsgespräch der Vereinigung zum Schutz von Wild- und Nutztieren von Grossraubtieren im Kanton Bern über das Jagdgesetz. Nicht nur dank der prächtigen Bergkulisse, sondern auch weil man sich hier direkt am Ort des Geschehens befindet.

Landschaftspflege gefährdet

Auch hier hat der Wolf bereits Tiere geholt und die Frassaktivitäten der Hirsche geben immer wieder zu Diskussionen Anlass. Zudem handelt es sich hier um ein Tal, das hochgradig auf die Kulturlandpflege durch die Landwirtschaft angewiesen ist.

Als Befürworter traten die Berner SVP-Grossräte Thomas Knutti und Samuel Krähenbühl auf. Sie betonten beide, dass diese Landschaftspflege gefährdet ist. Knutti meinte, der grosse Rückgang der Schafhaltung sei nicht zuletzt auf den Wolf zurückzuführen. Immer wieder riefen ihn Bauern an und sagten, dass sie die Nase voll hätten.

Krähenbühl erklärte, die Bevölkerung renne derzeit geradezu in die Bergtäler, aber man sei sich nicht bewusst, welche Arbeit dahinterstecke. Es sei deshalb nötig, diesem Gesetz zuzustimmen, das nicht nur Tieren, sondern auch Mensch und Landschaft Schutz biete.

Was bringen Bilder von gerissenen Tieren?

Auch auf der Gegenseite diskutierte interessanterweise mit Mathias Müller ein Berner SVP-Grossrat. Er wies seine Parteikollegen mit Nachdruck darauf hin, dass die Landwirtschaft auf den Goodwill der mehrheitlich städtisch geprägten Bevölkerung angewiesen sei. Dieser werde gefährdet durch den Abschuss von Wölfen und anderen Wildtieren.

Hier kam es auch zu einem kleinen Exkurs über den Sinn der Publikation von drastischen Bildern von gerissenen Tieren, so wie diese auch am Rande des Podiums aufgestellt waren. Müller meinte, man müsse aufpassen mit solch aufrüttelnden Sujets, ähnliche Bilder von Nutztieren würden nämlich von Tierrechtlern im Kampf gegen den Fleischkonsum eingesetzt. Knutti erklärte, man sei damit bisher gut gefahren.

Klar abgelehnt wird das neue Jagdgesetz auch von Verena Wagner, der Präsidentin der Berner Sektion von Pro Natura und derzeit Kampagnenmanagerin des Gegenkomitees im Kanton.

Pro Natura: Was gut anfing endete bös

Wagner blickte zurück auf die aus ihrer Sicht verunglückte Entstehung der Vorlage. Im Rahmen des Revisionsprozesses des 34-jährigen Jagdgesetzes sei zunächst grosser Konsens vorhanden gewesen für die Motion Engler, die aufgrund der Rudelbildungen einen neuen Umgang mit dem Wolf forderte.

Dieser hatte im Jahr 2015 eine komfortable Mehrheit im Parlament zugestimmt. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen sei die Vorlage aber zu heterogen und überladen worden, deshalb müsse man sie ablehnen und die Revision frisch aufgleisen, so Wagner.    

Ein Dorn im Auge ist ihr vor allem die grössere Kompetenz der Kantone in Sachen Abschüssen von Wölfen, Steinböcken und Schwänen. Die Rede war von «Abschuss auf Vorrat». Davon wollten die Befürworter allerdings nichts wissen, es gehe vielmehr darum, den administrativen Aufwand für dier Erwirkung einer Abschussbewilligung zu senken. Darauf erwiderte Wagner, dass es schon heute nur 10 Tage gehe, um eine solche zu erhalten.

Auch Befürworter sind nicht 100% Prozent begeistert

Ein weiterer Vorwurf der Gegner betraf den ungenügenden Herdenschutz durch viele Schafhalter. Damit lösten sie beim Publikum viel Widerspruch aus. Thomas Knutti erinnerte daran, dass laut einer Agridea-Studie nur 15 Prozent der Alpen gut schützbar seien.

Genau hier liegt übrigens einer der Knackpunkte für die Gesetzesbefürworter. Die neue Vorlage will die Entschädigung nämlich künftig auf Tiere beschränken, welche in geschützten Herden lebten, d.h. ohne Herdenschutz keine Entschädigung. Hier wolle man nach einer allfälligen Zustimmung des Souveräns via Verordnung noch mässigenden Einfluss nehmen, so Knutti.

Widersprüchliche Umfrageergebnisse

Was die Chancen des neuen Jagdgesetzes vor dem Volk angeht, sind die Prognosen widersprüchlich. Dieser Tage publizierten die Titel des Zürcher TX-Verlags eine Umfrage mit 53 Prozent Nein-Anteil. Nur kurz darauf wurden die SRG-Ergebnisse bekannt. Diese prognostizieren derzeit 54 Prozent Zustimmung.