Damaris Sommer trägt einen Arm voll Holz die Treppe hinauf. In der grossen Küche ist es noch etwas kühl. Sie macht deshalb Feuer im alten Holzofen. «Ich habe zwar eine neue Küche bekommen», sagt die gelernte Hauswirtschafts-lehrerin, «aber hier drin ist es manchmal etwas feucht.» Das hat seinen Grund: Die Aussenwand grenz direkt an den Felsen, auf dem das Schloss steht. Die 50-jährige Mutter von zwei erwachsenen Kindern ist nicht nur Bäuerin und Lehrerin, sondern zusammen mit ihrem Mann Samuel Sommer auch noch Schlosswart. Das Bauernhaus ist alt und steht unter Denkmalschutz. Es gibt viele Mäuse, und im Frühling kommen von irgendwoher jeweils Ameisen. «Dann müssen wir schauen, dass wir die auf möglichst natürliche Weise wieder loswerden. Das gehört halt zu so einem alten Haus.»

Viel Handarbeit

Die Geschichte des Schlosses liegt Damaris Sommer am Herzen. Dies ist sogleich spürbar. Sie holt laminierte Karten und Bilder und gerät richtig ins Feuer, wenn sie von «ihrem» Schloss erzählt, das auf einem Hügel oberhalb von Oberbipp BE steht. Auf dem dazugehörenden Pachthof, dem «Schlossgut Bipp», ist ihr Mann aufgewachsen. Seit 2003 bewirtschaftet das Paar diesen selber. Samuel Sommer ist zusätzlich als Klauenpfleger im Nebenerwerb tätig. Zwölf Hektaren Land, das meiste extensive Wiesen, dazu viel Wald. «Das Land zu bewirtschaften ist nicht einfach», erzählt sie. Maschinen kann man nur begrenzt einsetzen. Und fürs Mähen und Jäten auf der Schlossruine muss man sich zum Teil anseilen. «Wir haben hier aber eine unglaubliche Artenvielfalt», betont sie. Sommers haben rund hundert Schafe, die vor allem als «Rasenmäher» fungieren. Damaris Sommer arbeitet auf dem Betrieb mit und ist zudem in einem 30-Prozent-Pensum als Lehrerin im Nachbardorf tätig. Ihre praktische und unkomplizierte Art wird geschätzt. «Wir Bäuerinnen sind doch am Drücker in der Gesellschaft», findet sie. Ihr Motto ist: «Einfach mal machen!»

Zeit für die Gartenkinder

Ihre Leidenschaft neben dem Unterrichten gehört aber dem Garten – oder besser gesagt, den Gärten, denn davon hat es mehrere auf dem Schlossareal. Trotz Regen macht Damaris Sommer mit der Redaktorin einen Garten-Rundgang. Man schaut über Mäuerchen, schreitet durch einen Torbogen und landet schliesslich im ebenfalls denkmalgeschützten Gartenhaus. Es ist ein hoher, gemauerter Raum mit alten Fenstern und einem Tisch, auf dem in Anzuchtschalen kleine Pflänzchen spriessen. Hier ist Damaris Sommers Reich – und ebenfalls das ihrer Nachbarin, der Mieterin des Stöcklis. «Wir haben es sehr gut zusammen», freut sich die Bäuerin. Das Gartenhaus ist ihr wichtig, auch Gartenbücher stehen hier. Und sie kann es bei schlechtem Wetter für ihre Gartenkinder nutzen. Im Rahmen des Projekts «Gartenkinder» von Bioterra kommen jeweils von März bis September Kinder an einem Nachmittag pro Woche zu ihr in den Gartenkurs. Es ist ihr ein Anliegen, zu alten Pflanzensorten und Tierarten Sorge zu tragen. So hält sie Pro- Specie-Rara-Hühner und baut alte Gemüsesorten an. Im Moment macht sie auch noch eine Ausbildung zur Bioterra-Kursleiterin. Ihre Abschlussarbeit wird das Thema «Garten im Winter» haben. «Mit einem Garten, auch wenn er nur klein ist, kann man sich so viel Gutes tun», ist Damaris Sommer überzeugt.

Glaube gibt Halt

In einer Täuferfamilie im Jura aufgewachsen, engagiert sich die Bäuerin bis heute in einer Freikirche. «Der Glaube ist mir sehr wichtig. Er gibt mir Halt, Zuversicht und Hoffnung.» Seit 25 Jahren hilft sie beispielsweise mit, die Kinderwoche in Wangen an der Aare zu organisieren, in welcher Kinder biblische Geschichten hören, zusammen singen, basteln und essen. Für Ferien fehlt oft die Zeit. Doch einmal war sie mit den Kindern auf Sardinien, erinnert sie sich. «Das war herrlich. Wenigstens habe ich nun das Meer gesehen.» Natürlich wäre es schön, wenn ihr Mann und sie einmal zusammen Ferien machen könnten. Vielleicht wird es möglich, die Kinder sind ja nun erwachsen, wohnen aber noch zu Hause. Bis dahin machen sie ab und zu einen Ausflug. «Und es sagt mir ja niemand, ich dürfe nicht mal im Gartenhaus ein Buch lesen, oder das Putzen auf einen anderen Tag verschieben.» Hündin Nora kommt herein, mit nassem Fell. Es regnet noch immer. Zeit, im Öfeli nochmals Holz nachzulegen.

Renate Bigler