Es sind ja nur kleine Kügelchen, wie sollen diese denn wirken? Ein Gedanke, der wohl schon manchem Tierhalter ohne Homöopathieerfahrung in den Sinn kam. Oft ist es ein Schlüsselerlebnis, welches die Einstellung zu dieser alternativen Heilmethode verändert.

Marathon statt Asthma

Bei der Familie Monika und Albert Gisler ereignete sich dieses vor über 20 Jahren. Allerdings nicht im Stall. «Unsere jüngste Tochter erkrankte in ihren ersten Lebensjahren mehrmals an Lungenentzündungen», erinnert sich Monika Gisler. Es folgten jeweils Behandlungen mit Kortisonpräparaten. Die Ärzte prognostizierten, das Leben ihrer Tochter werde von Asthma geprägt sein. Monika Gislers Schwester ermunterte sie, bei Tierarzt und Homöopath Wendelin Gisler Rat zu suchen. Dieser verschrieb dem kleinen Mädchen ein homöopathisches Mittel. «Nach der Mittelaufnahme zeigte unsere Tochter drei Mal typische, leichtgradige Symptome einer Lungenentzündung. Darauf folgte eine starke Verbesserung des Gesundheitszustands, auf das Kortison konnte ab diesem Zeitpunkt verzichtet werden», so Monika Gisler rückblickend. Mittlerweile ist Tochter Angela Gisler 25-jährig, geht begeistert in die Berge und lief heuer ihren ersten Marathon.

«Homöopathie ist ein einzelnes Puzzlestück.»

Albert Gisler über seine Strategie zur Tiergesundheit.

Erfolg bei Kälberdurchfall

Heute ist die Homöopathie fester Bestandteil in der Tiergesundheitsstrategie auf dem Milchviehbetrieb in Silenen. Besonders bei trinkschwachen Kälbern und bei Durchfall machten Gislers gute Erfahrungen. Allerdings sei die Homöopathie immer nur ein einziges, wenn auch wichtiges Puzzlestück. «Auch der Verzicht auf den Zukauf von Kälbern, die Zucht auf robuste Tiere und der Einsatz von anderen natürlichen Mitteln sind wichtige Faktoren», so Albert Gisler. Erfolgreich behandelt hat er auch schon Galtviertel. Und das auf dem 24 Hektaren grossen Talbetrieb, ihrer Alp auf dem Urnerboden sowie auf der Oberstaffel Ober Balm, wo alle Kühe den Sommer verbringen. Dort und im ganzen Schächental sei die Homöopathie stark verbreitet. «Auf dem Urnerboden besitzen wohl die meisten Älpler eine homöopathische Stallapotheke», so der passionierte Jäger weiter. Grund dafür sei Wendelin Gisler, der auf dem Urnerboden aufgewachsen ist. Dieser habe sich schon vor Jahrzehnten in der Homöopathie weitergebildet und verfüge über ein enormes Fachwissen. Wendelin Gisler habe zwar bereits vor 30 Jahren bei Stallbesuchen auf homöopathische Behandlungsalternativen hingewiesen, hätte aber damit nie missioniert, so Albert Gisler. Dennoch habe dessen Wirken die Homöopathie im Schächental etabliert.

 

Auch die Miss Uri spricht auf Homöopathie an

Die mehrfache Miss Uri, Lematters Jongleur Evolet von Familie Manuel Arnold, Erstfeld, ist ein auffälliges Tier. Euterstark und sehr milchbetont schreitet sie jeweils durch den Ausstellungsring. «Auch moderne Milchkühe sprechen auf eine homöopathische Behandlung an, wenn sie bedarfsgerecht gefüttert werden», erklärt dazu Wendelin Gisler, Homöopath und Tierarzt aus dem Kanton Uri.

Bei Evolet sei er allerdings fast verzweifelt. Als Jungkuh habe diese mehrfach Euterentzündungen gemacht. Schulmedizinische Behandlungen und der Einsatz von verschiedenen homöopathischen Mitteln hätten keine wirklichen Fortschritte gebracht. «Ich wurde fast etwas wütend über meinen Misserfolg», so Wendelin Gisler rückblickend. In dieser Gefühlslage fand er dann ein Mittel, welches die Eutergesundheit der Ausnahmekuh nachhaltig verbesserte. «Der Erfolg in der Mittelwahl war wohl eine Mischung aus Intuition und langjähriger Erfahrung», analysiert Gisler.

Und Freude hat auch die Züchterfamilie Arnold: Mittlerweile hat Evolet schon über 50 000 Liter Milch produziert. 

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Den Tieren Zeit geben

Monika und Albert Gisler arbeiten überzeugt mit den weissen Kügelchen, haben sich mit Kursen weitergebildet und verfügen heute über viel Erfahrung. «Oft entscheide ich mich durch Intuition für ein bestimmtes Mittel, sicherheitshalber überprüfe ich meine Mittelwahl dann noch in der Fachliteratur», erklärt Albert Gisler. Für ihn hat der Einsatz aber auch klare Grenzen. Zum Beispiel bei Panaritium, wo ebenfalls homöopathische Mittel zur Verfügung stehen würden. «Die Heilung benötigt aber Zeit. Bei Milchkühen auf der Alp, welche für ihr Futter weite Wege gehen müssen, zu viel Zeit», findet der Landwirt. Mit dem schnellen und gezielten Einsatz von Antibiotika bleibe dem Tier Schmerz erspart. Homöopathie setze nicht nur viel Zeit zum Beobachten voraus, man müsse dem Tier auch Zeit zur Genesung geben. «Und dazu muss man bereit sein.» So auch bei Euterentzündungen und hohen Zellzahlen. «Der Markt erwartet heute tiefe Tankmilch-Zellzahlen. Und auch beim Zuchtviehverkauf sind tiefe Zellzahlen ein Muss», betont Albert Gisler. Hier ist er oft in der Zwickmühle: Mit einer Milchanalyse und dem gezielten Einsatz von Antibiotika könnten Euterentzündungen schnell geheilt werden. «Gebe ich dem Tier mehr Zeit und behandle es homöopathisch, kann das ebenfalls zum Erfolg führen. Treffe ich aber nicht gleich das richtige Mittel, dauert es länger und die Zellzahlen können bei der monatlichen Kontrolle erhöht sein.» Dies führe zu tieferen Einnahmen beim Zuchtviehverkauf.

Fünf bis sieben Jungkühe werden unter dem Präfix «Gislerwaid» pro Jahr verkauft. Tiere wie die Swiss-Classic-Abteilungssiegerin Blooming Cheyenne oder Bender Nessaya, ­Kategoriensiegerin vom GP Sargans, stammen aus dem Zuchtbetrieb in Silenen.

Robust dank Alpung

Homöopathie wirke zwar auch bei schwächeren Tieren, sagt Albert Gisler. Die Familie züchtet und selektioniert aber schon jahrelang auf robuste Kühe. Bereits die Kälber gehen z Alp, wo sie ein aggressives Weideverhalten erlernen und widerstandsfähig werden. «Auch wenn wir eher grosse Braunviehkühe haben, bewähren sich diese auf der Alp», so Albert Gisler. Allerdings achten Gislers darauf, dass ihre Kühe im Herbst und Vorwinter abkalben. «Ideal ist es, wenn sie im August trocken sind.» Das habe mehrere Vorteile: Unter anderem seien die Tiere so auch mit dem kargen Herbstgras noch bedarfsgerecht versorgt. Und ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt ist: Dann kann Albert Gisler mit seinem Sohn Elias unbeschwert auf die Hochwildjagd gehen.

 

Betriebsspiegel

Betriebsleiterfamilie: Monika und Albert Gisler, Sohn Elias Teilzeit
Standort: Silenen UR, 580 m ü. M.
Fläche: Talbetrieb 24 ha, davon 6 ha extensiv, Alpung total 20 Stösse: Unterstaffel auf Urnerboden, Oberstaffel Ober Balm
Tierbestand: 20 Milchkühe, 15 Jungtiere, 15 Kälber
Milchverkauf: Im Sommer auf Unterstaffel an Alpkäserei, auf Oberstaffel teilweise eigene Käseproduktion. Übrige Monate Verkehrsmilch ZMP.
Nebenerwerb: Sohn Elias Gisler, Landwirt und Automechaniker EFZ, macht mechanische Reparaturen und Arbeiten für Dritte.