Hochstammobstbäume sind geschätzt – als landschaftsprägende Elemente, die zudem gut sind für die Ökologie. Als Lieferanten von Früchten verloren sie in der Vergangenheit immer mehr an Bedeutung.

Tafelfrüchte werden heutzutage – abgesehen von Kirschen, wo Hochstämmer noch eine gewisse Rolle spielen – fast ausschliesslich in Niederstamm-Kulturen produziert. Weil deren Bewirtschaftung weniger gefährlich, effizienter und somit rentabler ist.

Auch beim Verarbeitungsobst verloren die Hochstämmer Marktanteile, weil etwa weniger Schnaps getrunken wird, oder weil Verarbeiter infolge Abbaus von Grenzschutz vermehrt kostengünstigeres Obst aus dem Ausland beziehen.

In die Defensive gerieten die Hochstämmer aber auch wegen des Feuerbrands und des Strukturwandels der Landwirtschaft. Die immer grösser werdenden Betriebe erfordern eine immer effizientere Bewirtschaftung. Möglich machen dies XXL-Maschinen, für die Hochstammbäume meist ein Hindernis sind.


All diese Gründe führten zu einem beispiellosen Niedergang dieser traditionellen Anbauform. In den letzten Jahrzehnten verschwanden Hundertausende Hochstammobstbäume. Allerdings zeichnet sich ein Silberstreifen am Horizont ab. 2011 nahm die Anzahl Bäume, für die der Bund Direktzahlungen entrichtet, erstmals wieder zu. 2012 setzte sich der Aufwärtstrend fort.

Erhalten durch Nutzung

Dass sich der Bestand stabilisiert hat, hängt zum einen mit den Beiträgen des Bundes zusammen. Dieser unterstützt Hochstammbäume wegen ihres ökologischen Werts. Bis zu 50 Franken erhalten Bauern von der öffentlichen Hand.

Doch dies reicht nicht aus, um den Bestand nachhaltig zu sichern. Dies gelingt nur, wenn es für die Früchte Abnehmer gibt, die Preise zahlen, für die sich die aufwendige Pflege und Ernte der Hochstammbäume lohnt. Andernfalls bleibt das Obst an den Bäumen hängen, werden Bäume nicht mehr gepflegt und letztlich gerodet.


Hier setzt Hochstamm Suisse an. Die 1990 gegründete Organisation fördert den Hochstamm-Obstbau, indem sie neue Absatzkanäle für die Früchte erschliesst. Verarbeiter, die das Hochstamm Suisse-Label verwenden, müssen den Produzenten zudem einen Mehrpreis bezahlen. Damit soll der Hochstammanbau attraktiver gemacht werden.

Immer mehr Produkte

Das Label hat Erfolg. Immer mehr Produkte sind im Laden erhältlich, auf denen das Logo von Hochstamm Suisse prangt. Coop führt mittlerweile 56 Hochstamm-Produkte im Sortiment. Die Palette reicht von Joghurt, Getränken, Backwaren bis hin zu Tiefkühlprodukten. Hochstamm-Produkte gibt es aber auch in der Landi, im Spar und weiteren Läden zu kaufen.

6,6 Mio. Franken betrug letztes Jahr der Umsatz mit Hochstamm Suisse-Produkten. 2010 waren es erst 2 Mio. Franken.

Man habe den Sprung aus der Nische geschafft, Hochstamm-Produkte seien heute umsatzstarke Produkte, erklärte Stephan Durrer, Geschäftsführer von Hochstamm Suisse, an der 4. Schweizerischen Hochstammtagung vom 21. Februar 2014. Im Letzten Jahr standen 101'600 Bäume unter Vertrag – knapp 65'000 mehr als im Jahr 2010.

Die Anzahl Produzenten stieg seit 2010 um 539 auf letztjährig 749. Durrer rechnet auch in Zukunft mit Wachstum. Denn zahlreiche Konsumtrends wie etwa Regionalität, Ursprünglichkeit oder Swissness würden Hochstammobst begünstigen. "Es war noch nie so ideal wie heute, Hochstammobst zu produzieren."

Industriezwetschgen

Einen besonderen Erfolg kann Hochstamm Suisse bei den Industriezwetschgen verbuchen. Diese wurden in den letzten Jahren mangels Nachfrage kaum mehr gehandelt. Inzwischen bekunden Verarbeiter wieder Interesse. Hochstamm Suisse sucht deshalb Zwetschgen-Produzenten.


Trotz des Erfolgs von Hochstamm Suisse: Von den rund 2,2 Mio. direktzahlungsberechtigten Hochstammbäumen in der Schweiz sind lediglich fünf Prozent Teil des Labels. Damit wird erst ein Bruchteil der Hochstammfrüchte explizit als solche vermarktet. Wo das Hochstamm Suisse-Logo fehlt, erhalten die Produzenten auch keinen Mehrpreis.

Mit anderen Worten: Vom Bonus, den Hochstamm Suisse garantiert, profitieren erst wenige Produzenten. "Der Marktanteil ist noch viel zu gering", erklärt Durrer. Beim Mostobst beträgt er 13 Prozent, bei den Industriekirschen 27 Prozent. In Zukunft wolle man die Bekanntheit des Labels und den Umsatz der bestehenden Produkte steigern.

Michael Wahl, LID