Rund 200'000 Schafe verbringen jährlich ihren Sommer auf der Alp. Ein Verlorengehen, Krankheiten, Abstürze oder Stein- und Blitzschläge sind die häufigsten Ursachen für Alpabgänge, aber auch Angriffe von Grossraubtieren wie durch den Wolf. Diese Tiere wiederzufinden, ist mit sehr viel Aufwand verbunden. Manche Tiere bleiben häufig unauffindbar.

Der «Alptracker» soll nun Abgänge zum einen möglichst vorbeugen, aber auch die Suche nach den verschollenen Tieren deutlich erleichtern. Daran arbeitet aktuell die Agridea zusammen mit den Kantonen und der Alptracker AG. Letztere stellt den Sender sowie die Infrastruktur für die Übermittlung der Daten zur Verfügung. 

Selbst entlegenste Bergregionen werden nun mit einem Funknetz abgedeckt

Angefangen hat alles im Sommer 2017, als Stefan Aschwanden von der Alptracker AG und sein Team die erste Antenne im Bergkanton Uri installierten. Mit einer Reichweite von über 15 km ermöglicht sie, ein Funknetzwerk auch im entlegensten Bergterrain aufzubauen und GPS-Daten zu übermitteln.

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Zum Beispiel zur Ortung von Alptieren. Dazu hat das Jungunternehmen damals den Alptracker entwickelt, ein Funkhalsband, das dem Empfänger in Echtzeit anzeigt, wo sich sein Tier aktuell befindet.

Ähnliche Geräte arbeiten nur mit Mobilfunknetz

«Es gibt bereits ähnliche Produkte, die heute schon die Position der Tiere übermitteln», ist sich Aschwanden bewusst, «allerdings kommunizieren diese über das Mobilfunknetz und verbrauchen viel Energie.» Der Alptracker arbeite hingegen mit einem Funknetzwerk, was weniger Strahlungsintensität als ein WLAN besässe und nicht mit dem Mobilfunknetz zu verwechseln sei. Durch die Positionsübermittlung alle 15 bis 30 min, je nach Belieben des Landwirts, halten die zwei 1,5-Volt-Batterien des Senders drei bis sechs Monate und demnach eine ganze Alpsaison.

Vier Bergkantone bisher mit dem Funknetz abgedeckt

Neben Uri werden mittlerweile die Bergkantone Wallis, Graubünden und Glarus mit dem Funknetzwerk durch insgesamt 30 Antennen-Anlagen abgedeckt. Unterstützt wird das Projekt von den Kantonen, die erlauben, eine Infrastruktur aufzubauen und die Baubewilligung erteilen. Zusätzlich arbeitet die Alptracker AG seit vergangenem Jahr mit der Agridea zusammen. «Die landwirtschaftliche Beratungszentrale hilft uns unser Produkt weiterzuentwickeln, um z. B. Wolfsangriffe festzustellen und darauf reagieren zu können», setzt der Geschäftsführer des Unternehmens fort. 

Sender alarmiert bei Paniksituationen

«Vergangenes Jahr haben wir eine neue Software installiert. Wir konnten damit nachweisen, dass drei Wolfsangriffe auf Schafe stattgefunden haben», berichtet Stefan Aschwanden. Das System arbeite zwar noch nicht ganz fehlerfrei, sei aber auf einem guten Weg dahin.

«Der Sender registriert, wenn sich das Tier in Bewegung setzt und beschleunigt. Dies lässt in der Nacht, wenn die Tiere ruhen, auf eine Paniksituation schliessen, z. B. ausgelöst durch ein Raubtier», erklärt Aschwanden. Dabei zeichne der Alptracker alle paar Sekunden die Aktivitätswerte auf. Sobald es Unregelmäs­sigkeiten gibt, wird der Landwirt alarmiert, kann sogleich reagieren und das betroffene Tier im Gelände finden. Auch erhalte man damit Hinweise auf Krankheiten, Verletzungen oder gar den Tod.

Licht und Lärm werden ausgelöst und vergrämen den Wolf

Zusätzlich wird an Vergrämungsmassnahmen getüftelt, die durch den Sender ausgelöst werden können. «Wenn die Tiere durch ein Raubtier in Panik versetzt werden, soll der Sender blinkende Lichter und/oder Lärmquellen auslösen, um das Wildtier zu vergrämen», führt Stefan Aschwanden aus. Allerdings muss dieser noch auf die spezifischen Bewegungen der Tiere eingestellt werden: «Sonst werden die Vergrämungsmassnahmen auch durch Wanderer oder andere Tiere ausgelöst.»

LandwirtIn wird per SMS über Wolfsangriff alarmiert

Zukünftig soll die LandwirtIn eine SMS erhalten, sobald ein Wolfsangriff stattfindet oder sich die Herde sonst ungewöhnlich verhält. Dabei muss das System noch soweit getestet werden, dass Fehlalarme verhindert werden und der Landwirt seine Informationsbedürfnisse individuell einstellen kann.

Virtueller Zaun hilft, das Tiere nicht verloren gehen

Auch kann das System einen Alarm absetzen, wenn sich Tiere von der Herde entfernen. «Auf unserer Plattform besitzt jeder registrierte Landwirt einen eigenen Account. Dort erhält er über eine geografische Karte einen Überblick über seine Herde, kann aber auch virtuelle Zäune einzeichnen. Wenn sich ein Tier also ausserhalb dieses Zauns aufhält, erhält der Tierhalter eine Nachricht und kann sofort reagieren», so Stefan Aschwanden.

Sender an echten Zäunen informieren bei Schaden und Spannungsabfall

Aber auch echte Zäune sollen in Zukunft mit den Sendern ausgestattet werden. «Bisher konnte man nicht nachweisen, ob der Zaun genügend Spannung hatte und das Tier innerhalb des eingezäunten Bereichs war, wenn ein Schaf gerissen wurde.»

Dieses Problem könne man nun mit Sendern umgehen: Eine kleine Batterie wird mit dem Sensor und fünf Litzen verbunden und übermittelt alle fünf Minuten Spannungswerte. «Sobald das Gras zu hoch oder ein Schaden vorhanden ist, was die Spannung unterhalb der nötigen 6000 Volt setzt, wird alarmiert. Der Landwirt kann das Leck dann schnell finden und beheben.» Diskussionen darüber, ob die Herde ungenügend geschützt wurde, würden damit entfallen.

Bisher 2000 Sender im Einsatz

Bislang wurden 2000 Tiere mit dem Alptracker ausgestattet, nicht nur Schafe, sondern auch weitere Kleinwiederkäuer, Mutter- und Milchkühe. «Wenn man Panik in der Herde feststellen möchte, sollten 15 Prozent der Tiere Sender erhalten», empfiehlt Stefan Aschwanden. Dies sei jeder LandwirtIn aber selbst überlassen. «Die meisten starten mit wenig und ergänzen später.»

Weil das Projekt finanziell von den Kantonen Graubünden, Glarus und Wallis sowie dem WWF unterstützt wird, tragen interessierte Landwirte nur etwa zehn Prozent der Kosten. Der Alptracker ist bei der Alptracker AG in 5er-Packs für 395 Franken erhältlich. Zusätzlich fallen etwa vier Franken pro Sender und Monat für die Plattform und das Funknetz an.

Neue Funktionen voraussichtlich ab 2022 verfügbar

Während dieses Sommers soll das System dank möglichst vielen AnwenderInnen und Daten noch optimiert werden, damit die Erkennung von Wolfsangriffen, der SMS-Alarm sowie die Vergrämungsmassnahmen bis zum nächsten Jahr fehlerfrei funktionieren.

 

Die Agridea stellt übrigens den Alptracker an der Online-Jahrestagung «Internet of Things» am 15. Juni vor. Interessierte können sich noch bis zum 7. Juni bei der Beratungszentrale anmelden.