Heiratet ein Bauer eine Frau bzw. eine Frau einen Bauern wird aus dem Ehepaar – sofern der Bauer einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb führt – automatisch ein Geschäftspaar. Und ebenfalls automatisch wird die Frau zu einer Bäuerin. Obwohl auch heute noch der Grossteil der Landwirtschaftsbetriebe im Besitz der Männer ist, arbeiten und/oder führen viele Frauen mit. Dieses Modell der gemeinsamen Betriebsführung zeichnet sich als Erfolgsmodell aus. 

Kompetenzen erweitern

Die Zeiten, als ein Landwirt ausschliesslich Nahrungsmittel produzierte, sind vorbei. Heute sind neben dem Wissen in der Produktionstechnik und bei den Maschinen auch Administration, strategische Kompetenzen, Personalführung usw. gefragt. Betreiben Bauer und Bäuerin innovative Betriebszweige, wie Direktvermarktung oder Agrotourismus, sind von Vorteil auch noch Wissen in Produkteverarbeitung, Marketing oder Verkauf vorhanden. Diese Breite an Fachwissen kann von einer Person allein kaum abgedeckt werden. So ist es wertvoll, wenn Bäuerin und Bauer es auf vier Schultern verteilen und damit die Leistung von eher drei als nur von zwei Menschen erreichen. Für die gemeinsame Betriebsführung ist es von Vorteil, wenn die Talente von Bäuerin und Bauer unterschiedlich sind. So können diese zum Vorteil des Betriebes eingesetzt werden und alle davon profitieren. 

Gemeinsam gut entscheiden

Bei Diskussionen gibt es unterschiedliche Sichtweisen, die Bäuerin und Bauer einbringen. Denn bekanntlich ticken Männer und Frauen unterschiedlich. Dies ist sicherlich in der Kommunikation herausfordernd. Doch birgt es grosses Potenzial für gut überlegte und durchdachte Entscheidungen. Denn zwei Köpfe wissen mehr als einer und vier Augen und Ohren sehen und hören mehr als zwei. Vorausgesetzt das Paar schafft es, der Meinung des anderen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen und sachlich miteinander zu diskutieren. Können so gemeinsame Entscheidungen getroffen werden, ist die Chance gross, dass diese auch gemeinsam getragen und umgesetzt werden. Das führt zu gemeinsamen Erfolgen und manchmal auch zu gemeinsamen Misserfolgen, beides verbindet Bäuerin und Bauer – sowohl betrieblich als auch privat.

Stichentscheide fällen

Und was ist, wenn kein gemeinsamer Entscheid gefällt werden kann? Das kann vorkommen. Wurde gemeinsam diskutiert und gibt es keine fachliche Einigung, dann gilt es den Verantwortungsbereich des Einzelnen zu wahren. Liegt die Entscheidung in einem Bereich, in dem die Bäuerin die Hauptverantwortung trägt, gibt die Bäuerin den Stichentscheid. Liegt die Entscheidung in einem Bereich, in dem der Bauer die Hauptverantwortung trägt, macht der Bauer den Stichentscheid. 

Rollen aufteilen

Bei Stichentscheiden ist es für Bäuerin und Bauer wichtig zu wissen und es sich gegenseitig zu zeigen, dass man sich trotz unterschiedlicher Meinung liebt. Je klarer die Rollen und Verantwortungen zwischen Bäuerin und Bauer definiert und verteilt sind, desto weniger Frustration und Chaos entsteht im Alltag. Die Aufteilung kann bewusst in einem Gespräch erfolgen, was den Vorteil hat, dass die eigene Rolle und Verantwortung selbst gewählt werden kann. Auf vielen Betrieben kristallisiert sich die Aufteilung von Verantwortungen und Rollen unbewusst durch die tägliche Arbeit heraus. Auch dies ist eine Möglichkeit.

Nicole Amrein