Albert Gebhardt und sein Kollege Leo Wilhelmi studierten beide an der Universität St. Gallen und leben heute in Zürich. Sie haben einen Bezug zu ländlichen Strukturen und es störte sie, mitanzusehen, wie in manchen Gärten Mostobst liegen bleibt und vermodert. Aus der Idee, dieser Verschwendung wertvoller Ressourcen etwas entgegenzusetzen, wurde ein konkretes Engagement: Sie gründeten 2013 das Start-up-Unternehmen «Gartengold GmbH».

In Zürich sehr beliebt

Die seither in zahlreichen Privatgärten geernteten Äpfel, die meistens von Hochstammbäumen stammen, werden in der gewerblichen Mosterei Kobelt im sankt-gallischen Marbach zu Direktsaft, Schorle und neu auch zu Craft-Cider verarbeitet. Geerntet werden die Äpfel in den Privatgärten durch Männer und Frauen, welche aufgrund einer Behinderung in entsprechenden Organisationen und Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten im zweiten Arbeitsmarkt finden.

Das Team der Gartengold GmbH hat seinen administrativen Sitz in Zürich. «Für die Vermarktung der Säfte setzen wir bevorzugt auf die Mund-zu-Mund-Propaganda und vermehrt auf die Präsenz in Social Media», erklärt Ann Kristin Seige stellvertretend für das Gartengold-Team in Zürich. Um möglichst viele zusätzliche Baumspender zu finden, bewähre es sich, dass man regelmässig in der Lokalpresse präsent sei. «Über 80 Prozent der Säfte und Cider werden in Restaurants, Cafés und Bars in grösseren Deutschschweizer Städten getrunken», fährt sie fort. Besonders viele Kunden hat die Gartengold GmbH in Zürich.

Sammeln nach Regionen

Das Gartengold-Team akquiriert Gastronomen und den spezialisierten Getränke-Einzelhandel als Abnehmer. Mit der sozialen Organisation Valida in St. Gallen, die Menschen mit Unterstützungsbedarf betreut, arbeitet die Firma seit vielen Jahren erfolgreich zusammen. Valida übernimmt die gesamte Administration und Sammelkoordination in den Regionen. Es ist viel Vorarbeit unter dem Jahr notwendig, damit im Herbst in Gärten von Privaten und teils auch auf Landwirtschaftsbetrieben bei den Baumspendern die Äpfel gesammelt werden können. So ist beispielsweise die Listenführung der Apfelspender, die jährliche Kontaktaufnahme für die Organisation der Sammelstrecken, bereits ab Ende Juni nötig.

Valida sammelt in der Region westlich von St. Gallen und im ganzen Kanton Thurgau Äpfel. Die Behindertenorganisation HPV sammelt in St. Gallen und der angrenzenden Region. Das Lukashaus, ein Wohnheim mit Beschäftigungsstätten für Menschen mit Behinderung in Grabs, sammelt im Rheintal. Auch die Disposition der Muldentransporte für die Anlieferung bei der Mosterei Kobelt ist Bestandteil einer erfolgreichen Kampagne. Die Sammelregionen werden unter den drei beteiligten Institutionen aufgeteilt.

In Marbach gemostet

Ruedi Kobelt, Geschäftsführer der Mosterei Kobelt, fand die Idee der Start-up-Gründer von Gartengold auf Anhieb begrüssenswert. Sein Betrieb bietet die idealen Voraussetzungen für die Herstellung des Direktsaftes. «Die besondere Herausforderung ist, dass die Erntemengen aus den Baumspenden von Jahr zu Jahr unterschiedlich sind», sagt Kobelt.

Als gewerblicher Betrieb könne man sich gut darauf einstellen. Die logistischen und administrativen Vorarbeiten, welche Valida leistet, erleichterten die Verarbeitung. Dadurch lassen sich die internen Abläufe während der übrigen Verarbeitungskampagne spezifisch auf die Erfordernisse der Produktion für «Gartengold»-Säfte einplanen. Die Mosterei verfügt über Tanks, in denen die Zwischenlagerung von Saft möglich ist, damit von einer Ernte bis zur nächsten bedarfsgerecht die aktuell nachgefragten Chargen abgefüllt werden können.