Peter Trachsel nimmt kein Blatt vor den Mund: «Das ist abartig, es löscht mir fast ab», sagt der Vollweide-Milchproduzent aus Seon AG. Sein Unmut richtet sich gegen die hohe Präsenz von Fliegen aller Art und Bremsen, welche das Vieh auf der Weide schier zum Wahnsinn treiben. Auf die Frage ob es mehr seien, als in den letzten Jahren meint Trachsel, «absolut, ja». Trachsel führt die Insekten-Attacke auf den relativ milden Winter und die anschliessende Trockenheit und die fehlenden Niederschläge zurück.

Ähnlich tönt es bei Ueli Schwenk, der auf seinem Betrieb in Eigenthal LU eine grössere Black-Angus-Herde hält. «Wir haben recht Probleme», berichtet er. Vor allem die Rossbremsen seien heuer stark präsent, das könne manchmal soweit führen, dass die Tiere bluteten. «Wir achten an diesen warmen Tagen darauf, dass wir nur Weiden bestossen welche besonders viele Schattenbäume oder Waldränder aufweisen», so Schwenk. Das mindere den Leidensdruck etwas.

Auf der Suche nach Alternativen

Was tun zur Bekämpfung? Schwenk behandelt die Tiere einmal täglich mit einem Produkt aus der Landi, das er mit Sonneblumenöl und Zitronelle streckt. Warum gerade Sonnenblumenöl? «Es muss etwas Hautverträgliches sein», so Schwenk. Einstallen hilft offenbar auch nur bedingt: «Wenn ich die Kühe länger im Stall behalten riechen sie umso mehr nach Kuh und werden erst recht attackiert, wenn sie wieder rauskommen».

Trachsel wiederum, der im ersten Umstellungsjahr auf Biolandbau setzt sein bisheriges handelsübliches Bekämpfungsmittel nicht mehr ein, da es sich nicht auf der offiziellen Bio-Betriebsmittelliste befindet und ihm das Besprühen von Milchkühen mit Nervengift wegen möglicher Rückstände wiederstrebt.

Auf der Suche nach einer Alternative pröbelt Trachsel zur Zeit mit Zitronengrasöl, Oregano, Lavendel und Walnussblättertee. Man wisse ja, dass es unter Nussbäumen tendenziell wenig Ungeziefer gebe und er habe verschiedenenorts gelesen, dass ein solcher Aufguss als gutes Hausmitteli gegen Fliegenattacken gelte.

Augenentzündungen durch Fliegen

Veterinär Thomas Maurer, Inhaber einer Gross- und Kleintierpraxis in Malters hat beobachtet, dass heuer vor allem Bremsen in allen Grössen stärker vertreten sind, als andere Jahre. «Was die Bekämpfung angeht, sind wir im Moment auch nicht so glücklich mit dem Angebot», sagt er, «wir haben im Moment auch das Problem, dass die effektiven Mittel zum Teil vom Markt verschwunden sind». Als Beispiel erwähnt er Produkte mit dem Wirkstoff Cyhalothrin. Alternativ stünden etwa Deltamethrin- oder Permethrin-Präparate zur Verfügung. Wenn der Druck aber derart hoch sei wie jetzt, sei die Wirkung nicht immer gleich hoch.

Eines der Probleme, die die Fliegen verursachen seien Augenentzündungen, sagt Maurer. Es handle sich dabei um die sogenannte Pink-Eye-Krankheit, benannt nach den rosaroten Entzündungen, die sie im Auge hervorruft. Die Weidekeratitis, wie sie im Fachjargon heisst wird von den Fliegen unter den Tieren übertragen. Gerade auf den Alpen, wo die Tiere in den Ställen eng stehen, sei sie ein problematisches Phänomen, sagt Maurer. Er nennt als Beispiel die Pilatusregion, wo er unter anderem tätig ist. Er impfe dort praktisch alle Tiere vor dem Alpaufzug gegen Pink Eye.

Befragt nach Managementtipps erklärt Maurer, neben Nachtweide hätten sich Grossraumlüfter und Sprinkleranlagen in Ställen bewährt. Alle Befragten hoffen jetzt aber auf den nächsten natürlichen Niederschlag oder wenigstens Wind. Dieser würde für zumindest zwischenzeitliche Entlastung beim Fliegen- und Bremsendruck sorgen.

Adrian Krebs