Maya Graf, Nationalrätin der Grünen und Co-Präsidentin der Fair-Food-Initiative, erläuterte an der Veranstaltung der Hilfsorganisation Swissaid die Initiative, die beim Import sozial und ökologisch produzierte Lebensmittel bevorzugen will. „Dabei geht es nicht darum, dass die Schweiz anderen Ländern vorschreibt, wie sie produzieren sollen“, sagte Graf. Es gebe in den Entwicklungsländern viele Initiativen und Labels, die garantierten, „dass Tiere artgerecht gehalten werden, die Umwelt geschont wird und die Menschen einen gerechten Lohn erhalten“, erläuterte Graf. Die Initiative wolle solchen Label-Produkten beim Import den Vorzug geben.

 

«Ärger mit der WTO» 

Bei der Podiumsdiskussion oblag es dem Botschafter und Delegierten des Bundes für Handelsverträge, Markus Schlagenhof, die Initiative zu kritisieren. „Mit der WTO bekommen wir durch eine Präferenzpolitik, wie die Initiative sie vorsieht, bestimmt Ärger“, sagte Schlagenhof. Denn nach ihren Regeln müssten gleiche Produkte bei der Einfuhr auch gleich behandelt werden. „Wenn die Charakterisitik der Endprodukte nicht unterscheidbar ist, könnte die WTO das als versteckten Protektionismus auslegen und den Vorwurf erheben, man wolle damit nur die Schweizer Bauern schützen“, ergänzte der Handelsexperte.

Flexible Handhabung der Vorgaben

Dem widersprach die Juristin und Wissenschaftlerin Elisabeth Bürgi Bonanomi vom Berner Zentrum für Entwicklung und Umwelt CDE. Die Rechtsprechung des WTO-Schiedsgerichts für Handelsstreitigkeiten sei nicht statisch, betonte Bürgi. Sie trage zunehmend auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsanliegen Rechnung. Als Beispiel führte sie einen Streit zwischen den USA und Mexiko an, in dem die USA nur die Einfuhr von Schildkröten zulassen wollte, die mit nachhaltigen Methoden gefangen wurden. Das Urteil des Schiedsgerichts sei darauf hinausgelaufen, dass eine solche Unterscheidung zulässig war. „Allerdings durften die Nachhaltigkeitskriterien nicht so formuliert werden, dass sie US-Anbietern einen Vorteil verschafften“, erläuterte Bürgi. Auf Schlagenhofs Einwurf, die WTO tendiere zu sehr engen Auslegungen, konterte Bürgi, der Bundesrat verharre lieber auf der sicheren Seite und wolle möglichst keine Risiken eingehen.

Schlagenhof bezweifelte zudem, dass es „die Aufgabe des Staates sei, zu sagen, was auf den Teller kommt“. Es gebe schon jetzt viele Akteure, die sich bemühten, dem Konsumenten mit Label-Produkten tiergerecht produziertes Fleisch anzubieten. Man könne nicht „handelspolitische Instrumente missbrauchen“, um ökologischen und sozialen Normen zum Durchbruch zu verhelfen. Dem hielten die Befürworter der Initiative entgegen, der Staat mische bereits jetzt mit, indem er zum Beispiel ökologischen Treibstoff fördere oder in bilateralen Handelsverträgen das problematische Palmöl gesondert behandle. Maya Graf betonte, dass sich die Grossverteiler zwar mit nachhaltigen Labels profilierten, gleichzeitig aber auch an Billigimporten verdienten. Es gehe lediglich darum, das bereits existierende Zollsystem so umzugestalten, dass nicht die billigste Ware importiert werde, sondern die nachhaltigste.

Preise würden kaum steigen

Auch das vielfach vorgebrachte Argument, die Fair-Food-Initiative fördere in der Konsequenz den Einkaufstourismus, weil Lebensmittel in der Schweiz teurer würden, kam bei der Podiumsdiskussion zur Sprache. CVP-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter sagte, die Behauptung von Economiesuisse, dass die Lebensmittelpreise um 50% steigen würden, sei ein Lügenmärchen. Für den Schweizer Lebensmittelmarkt von 63 Milliarden Franken machten Importe lediglich 6 Milliarden Franken aus. Die Preise würden „im schlimmsten Fall“ um drei bis fünf Prozent steigen. Wenn wir ein paar Rappen mehr bezahlen, macht uns das nichts aus, aber für den Bauern in einem Entwicklungsland ist das ein grosser Unterschied. Zudem verdienten die Händler mit dem Import billig gekaufter Lebensmittel einen Haufen Geld. Wenn sie nur auf einen kleinen Teil ihrer Marge verzichten würden, liesse sich Fair Food praktisch ohne Preissteigerung umsetzen.

 Anita Merkt