Die Saison der Fahrenden ist zwar vorbei. Dennoch sind sie im Kanton Bern immer noch ein Thema. Im Gebiet Froumholz in Muri bei Bern soll ein Ganzjahresstandplatz für Schweizer Fahrende entstehen, berichtete die Tageszeitung «Der Bund» vergangene Woche. Der vorgesehene Platz, der weder mit Strom noch mit Wasser erschlossen ist, wird derzeit als Kulturland genutzt. Zur Parzelle führt momentan noch keine geeignete Zufahrtsstrasse. Die Gemeinde Muri möchte laut «Der Bund» die Strasse durch den Wald verbreitern, so, dass die Fahrenden mit ihren Wohnwagen durchkommen. Was die zuständige Regierungsrätin Evi Allemann zu den Plänen im Froumholz sagt, lesen Sie hier

Bereits im nächsten Jahr sollte der Platz bereitstehen. Doch ein betroffener Waldbesitzer wehrt sich gegen die drohende Enteignung. 

 

Der Zeitplan zur Realisierung

Laut Regierungsrätin Evi Allemann sieht der Zeitplan zur Realisierung des Halte­platzes in Muri bei Bern wie folgt aus:

- Öffentliche Mitwirkung zum Entwurf der Kantonalen Überbauungsordnung
  (KUeO) Froumholz seit 15. November bis am 16. Dezember.
- Ämterkonsultation (Bereinigung unter den ­betroffenen kantonalen Amts-
  und Fachstellen) im Frühling/Sommer 2020 (drei Monate).
- Öffentliche Auflage mit der Möglichkeit für Einsprachen im Herbst/Winter
  2020 (30 Tage).
- Erlass der kantonalen Überbauungsordnung durch die Direktion für
  Inneres und Justiz (DIJ) im Frühling 2021.
- Bau und Betrieb ab Sommer 2021.

Dieser Zeitplan stehe unter dem Vorbehalt der Rechtsmittelverfahren. Sollten Beschwerden geführt werden (allenfalls bis vor Bundesgericht), verzögert sich die Realisierung des Halteplatzes entsprechend, erläutert die Regierungs­rätin.

 

Grosse Verunreinigungen im Feld

Keine Freude an den Plänen des Kantons und der Gemeinde Muri hat auch Landwirt Walter Lüthi aus Allmendingen bei Bern. Er bewirtschaftet Land direkt neben dem geplanten Platz. Ihn stört, dass wertvolles Landwirtschaftsland geopfert werden solle. Zudem macht er sich Sorgen, dass die Fahrenden die Grenzen zu seinem Feld nicht einhalten und Schäden verursachen könnten. Eine Angst, welche die Landwirte Matthias Hügli und Christoph Herren aus Wileroltigen nachvollziehen können. Beide haben die letzten drei Jahre miterlebt, was es heisst, Fahrende angrenzend zum eigenen Land zu haben. Im Jahr 2017 öffneten ausländische Fahrende eine Abschrankung und besetzten nahe der Autobahn Land, das dem Bundesamt für Strassen (Astra) gehört. Sowohl Herren wie auch Hügli berichten der BauernZeitung von Verunreinigungen in umliegenden Feldern und auf Flurwegen. «Die Sauerei, die sie gemacht haben, ist das grösste Problem», erklärt Christoph Herren, der in der Nähe einen Legehennenstall betreibt. Derselben Meinung ist auch Matthias Hügli. Er hat drei grosse Müllsäcke mit Unrat aus seinem Feld geholt. Dazu einen Autopneu und eine Stossstange. «Das Heu habe ich wegen starker Verunreinigungen nicht gepresst, sondern entsorgt», erklärt er. Nebst Exkrementen sei Abwasser einer Waschmaschine in sein Feld geleitet worden. Stossend findet Hügli zudem, dass die Fahrenden im Gras Fensterläden abgelaugt und neu gestrichen hätten. Wasser sei zudem gratis von einem Hydranten gezapft worden. Dabei seien Camper, welche ihre Tanks hätten füllen wollen, nicht zum Hydranten gelassen worden. Heuer und bereits vergangenes Jahr haben sich die ausländischen Fahrenden auf dem Autobahnrastplatz bei Wileroltigen installiert. Dies habe eine gewisse Beruhigung gebracht, vor allem von dem Zeitpunkt an, als der Kanton den Platz durch private Sicherheitskräfte überwachen liess, erläutert Christoph Herren.

Der Protest aus der Bevölkerung

In Wileroltigen will der Kanton bekanntlich einen fixen Transitplatz für 35 Wohnwagen einrichten. Dieser Platz würde auf dem Land des Astra zu stehen kommen, auf dem die Fahrenden bereits 2017 Halt machten. Die ursprüngliche Zufahrt hätte vom Dorf Wileroltigen erfolgen sollen. Zudem sah der ­Kanton vor, dass die kleine Gemeinde zum Platz schauen sollte. Nach Protesten der Bevölkerung von Wileroltigen gegen den geplanten Transitplatz, versucht der Kanton, in diesen beiden Punkten der Gemeinde etwas entgegenzukommen, berichtet Christoph Herren. Die Zufahrt solle nur über die Autobahn möglich sein, der Kanton werde den Platz bewirtschaften und das geplante Defizit von jährlich 60 000 Franken übernehmen, sollte er denn wirklich zustande kommen.

Der Steuerzahler wird zur Kasse gebeten

Christoph Herren stört sich an den hohen Kosten, die für das Einrichten des Transitplatzes vorgesehen sind. Pro Wohnwagenplatz rechne der Kanton mit 90 000 Franken. Kosten, welche die Steuerzahler zu berappen haben und Geld, das andernorts – etwa in der Bildung oder im Schulwesen – eingesetzt werden könnte, ist Herren der Meinung. Zudem sei der Platz für 35 Wohnwagen ein Tropfen auf den heissen Stein, seien doch zu Spitzenzeiten rund 200 Wohnwagen dagestanden. Christoph Herren hat Angst, «dass der Platz eine Sogwirkung erzeugt und das Signal sendet, die Berner schauen, und dass damit noch mehr Fahrende angezogen werden, welche dann wieder auf den Feldern illegal campieren.»