«Neuerliche Schafrisse im Bereich Oberes Gericht und Paznauntal lassen die Forderungen der Landwirte nach einer Lösung immer lauter werden», schrieb das österreichische Fernseh ORF Mitte Juli auf seiner Homepage zu der Situation im Tirol.

Schutzstatus EU-weit senken

Ende August machte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter in der «Tiroler Tageszeitung» schliesslich seinem Ärger Luft: «Die Zeit der Wolfs-Romantik muss vorbei sein.»

Er verstehe die Sorgen der Bauern und sei der Meinung, «dass der Wolf bei uns keinen Platz hat». Daher kündigte Platter einen Vorstoss an, um den Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene zu senken. «Denn nur dann ist eine Entnahme von Wölfen, insbesondere von Problemwölfen, möglich.»

Italienische Bauern haben es satt

Auch im benachbarten italienischen Südtirol ist der Wolf ein Thema: «Was tun mit dem Wolf?», titelte Anfangs August die «Südtirol News». «Die Bauern haben es satt und fühlen sich von der Politik und den Behörden nicht ernst genommen», wird die Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Myriam Atz Tammerle, zitiert. Das Wolfsproblem müsse zeitnah gelöst werden, forderte sie.

Anfrage an EU-Kommission

Aufgrund solcher Schlagzeilen wandten sich elf konservative EU-Parlamentarier aus Deutschland, Österreich und Italien schliesslich in einem Schreiben an die EU-Kommission.

Die Herausforderungen durch den Wolf «in vielen unserer Regionen Europas» nehme stetig zu, schrieben sie. So seien im vergangenen Jahr «allein in drei deutschen Bundesländern über 1000 Nutztiere erwiesenermassen von Wölfen gerissen» worden. An vielen Orten spaziere der Wolf inzwischen durch Vorgärten und Wohngebiete, heisst es in dem Schreiben weiter.

Argumentiert mit dem Schutz menschlicher Leben

Dies sei eine «ausserordentlich bedrohliche Entwicklung». Der gerechtfertigte Schutz seltener Tiere dürfe nicht vor dem Schutz des menschlichen Lebens stehen, schreiben sie weiter und appellieren an die EU-Kommission «konkrete Vorschläge zu machen, wie die dramatische Situation für Tierhalter und die ländliche Bevölkerung zügig entschärft werden kann».

Drastische Massnahmen forderten bereits im Juni mehrere österreichische EU-Parlamentarier. Sie erkundigten sich in einer parlamentarischen Anfrage bei der EU-Kommission, ob nicht wolfsfreie Zonen im Alpenraum oder gar eine Aufweichung des Wolfschutzes möglich seien.

Konzept der Koexistenz

All diesen Forderungen erteilte der litauische EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius eine Absage. Dabei verwies er auf die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, in der der Schutz des Wolfes in der EU geregelt ist. Drin verpflichten sich die Staaten, einen günstigen Erhaltungszustand der Wolfspopulationen wiederherzustellen und zu erhalten.

Grundsätzlich gelte in der EU das «Konzept der Koexistenz zwischen Grossraubtieren und Menschen», schrieb Sinkevicius an die EU-Abgeordneten aus Deutschland, Österreich und Italien. Denn der Wolf spiele eine wichtige Rolle im Ökosystem, indem er etwa dazu beitrage, den Rotwildbestand zu regulieren.

Der Abschuss ist bereits möglich

Doch die aktuell geltende «Habitat-Richtlinie» sehe in Ausnahmefällen bereits die Entnahme oder Tötung von Wölfen vor, «sofern es keine zufrieden stellende Alternative gibt». Eine solche Ausnahme bestehe, wenn die «öffentliche Sicherheit und die Vermeidung schwerer Schäden an Nutztieren» nicht mehr gewährleistet sei.

Die EU-Kommission kenne natürlich die Konflikte, die eine Koexistenz auslösen könne, doch man unterstütze die Mitgliedstaaten, Lösungen zu finden. Beispiele aus allen Mitgliedstaaten zeigten, dass Koexistenz von Wolf und Viehzucht möglich sei, sofern entsprechende Schutzmassnahmen wie elektrische Zäune oder Herdenschutzhunde wirksam umgesetzt würden. «Die verursachten Schäden durch den Wolf verringern sich dadurch deutlich.»