War 2016 ein gutes Jahr für die Landwirtschaft? Um diese Frage zu beantworten, müssten wir rund 50 00 Interviews führen. Eine jede Bauernfamilie hätte andere Antworten parat. Ob man profitabel rotes Fleisch produzierte oder unterpreisig Milch, ob die Kartoffeln ersoffen oder das Getreide prächtig gedieh, ob man den Hof zerstückeln musste oder der nächsten Generation das Lebenswerk übergeben konnte: Hier kriegten wir die unterschiedlichsten Antworten zu hören, von Hof zu Hof, von Tal zu Tal.


Daneben gäbe es wohl auch eine ganze Reihe von Antworten, die sich gleichen. Man ist angewiesen auf die Direktzahlungen und deshalb dankbar, dass sie ein weiteres Mal ungeschoren durch den politischen Fleischwolf gingen. Aber von einem Triumphgefühl wäre wenig zu spüren, viel eher von weit verbreitetem Unwohlsein angesichts der starken Abhängigkeit von staatlicher Obhut und Finanzkraft. Über dem erneuten politischen Erfolg schwebt wie ein Damoklesschwert die Ungewissheit, wie lange diese Siege noch zu holen sind.


Denn die Bauernfamilien hatten in der Gesellschaft, die sie umgibt schon mehr Rückhalt. Die Zeiten, als noch in jeder Familie mindestens ein Bauernzweig vorhanden war, neigen sich dem Ende zu. Die Schweiz ist eine urbane Gesellschaft, die ihren bäuerlichen Wurzeln zunehmend entwächst. Das ist die normale Folge gesellschaftlicher Entwicklung und an sich noch kein Drama, aber es gilt daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und zu agieren, bevor es andere für uns tun.


Das politische Daumenhakeln bleibt zweifelsfrei wichtig und es wäre ein sträflicher Fehler, dieses zur Perfektion gediehene Feilschen zu vernachlässigen. Das gilt nicht nur im Kampf um Millionen, sondern auch bei der verfassungsmässigen Absicherung der bäuerlichen Zukunft. Allerdings darf ob lauter Konzentration auf den politischen Poker die Entwicklung ausserhalb der Parlamente und Sitzungszimmer nicht vergessen gehen.


Wenn nicht alles täuscht, wird sich die längerfristige Zukunft der Bauern nicht im Bundeshaus und eben so wenig am grünen Tisch entscheiden. Nein, es sind die Ladentheke und die Spazierwege, auf denen sich Entscheidendes zuträgt, das ob der Hitze des Vernehmlassungsgefechts manch einem bäuerlichen Funktionär zuweilen durch die Lappen zu gehen scheint. Es sind die Konsumenten und Steuerzahler, deren Herz und Verstand wir gewinnen müssen. Sie sind es, die unsere Produkte kaufen und sie sind es, welche die Steuern dafür begleichen, dass wir ihre Erholungslandschaft pflegen, die sie in der raren Freizeit bewandern wollen.


Zugegeben, es sind nicht die einfachsten Menschen, die Konsumenten. Die einen wollens billig, die andern vegetarisch, die Dritten sind allergisch und die vierten von allem ein bisschen. Darüber kann man sich aufregen, nur nützt es nichts. Denn die Konsumenten, die wir haben, können wir nicht auswechseln, ebenso wenig wie ein Präsident sein Volk ersetzen kann, wenn es nicht länger nach seinem Gusto stimmt.  

Dasselbe gilt für unsere Abnehmer. Der Detailhandel ist unser wichtigster Kunde, aber er hat ein komplett gespaltenes Verhältnis zur Landwirtschaft. Kaum etwas verkauft sich so gut, wie ein Bauer oder noch besser ein Bauernkind, umgeben von putzigen Hoftieren, am besten noch aus der Region, für die Region. Trotzdem presst er die Bauern aus wie Zitronen, die ungeachtet dessen in bester Form bleiben sollen für die nächste Inseratekampagne. Darüber kann man jammern, es wird aber nichts nützen. Vielmehr gilt es, wie Bauernpräsident Markus Ritter gerne und richtig fordert, schlau zu sein.


Kein Grossverteiler, kein Verarbeiter und kein Konsument kann ein Kilo Milch oder eine Hektare Getreide produzieren. Natürlich können sie das alles importieren, aber das wollen die meisten Konsumenten eben nicht. Denn sie sind nicht nur kompliziert, sondern im Schnitt auch recht treu. Das ist ein grosses Kapital, das es zu nutzen gilt. Und man könnte ihnen auch einmal ganz persönlich danken, sei es anlässlich einer Degustation bei einem Grossverteiler oder noch besser auf dem eigenen Hof, oder auf dem Markt oder auf dem Wanderweg ob dem Haus. Denn nur wenn wir ihre Macken kennen, können wir sie adäquat bedienen.

Ich wünsche Ihnen deshalb namens der ganzen Schweizer Agrarmedien AG im neuen Jahr neben Glück und Gesundheit viele gute Begegnungen mit Ihren merkwürdigen und einzigartigen Kunden!

Adrian Krebs