Ein spezielles Produkt sichert noch keinen Erfolg. Man muss die Früchte seiner Arbeit auch verkaufen können. Was sind die Geheimnisse einer gelungenen Vermarktung?

Mais ist regional verankert

«Dass der Linthmais hier eine Geschichte hat, ist für die Vermarktung ein Vorteil», erklärt Christian Bruhin. Der Schwyzer Bauer hat vor 20 Jahren begonnen, in der Linthebene eine alte Maissorte anzubauen. Anfangs sei es ihm um die Erhaltung dieser Sorte und damit ein Stück Kulturgut gegangen, so Bruhin. «Wir haben hier schwere Böden und viel Regen. Weizen und Kartoffeln wachsen schlecht, daher baute man früher Mais an». Als die Samen dieser alten Landsorte in einem Lager der Genbank auftauchten, begann Bruhin mit dem Anbau.

Der Geschmack überzeugte

In einem zweiten Schritt wurde aus dem Projekt zum Sortenerhalt ein regionales Produkt: «Wir haben traditionelle Ribeli aus dem Mais zubereitet – der Geschmack war nussiger und intensiver, als bei anderem Mais», so Bruhin. Das liege auch an der Verarbeitung, da er das ganze Korn mahle.

Wenig Theorie angewandt

Theorie zu Marketing kannte der Landwirt aus der Ausbildung und einem Betriebsleiterkurs. «Das Thema hat mich immer interessiert. Bei der Vermarktung des regionalen Maises war aber viel selbstgestrickt», erklärt Christian Bruhin.

Um seinen Linthmais bekannt zu machen, wandte er sich an die regionalen Zeitungen und erzählte die Geschichte dieser Sorte. «Die erste Frage, die ein Konsument stellt, ist ‹was ist anders daran?›», begründet er. Plakate und Auftritte an Messen und Ausstellungen machten weiter aufmerksam auf die Neuheit.

Regional am meisten verkauft

Heute vertreiben rund 40 verschiedene Detailhändler in der Region den Linthmais im Umkreis der Kantone St. Gallen, Glarus, Zürich und Schwyz. Ausserdem gibt es einen Online-Shop. Am meisten verkaufe er aber schon regional, meint Bruhin. «In der Linthebene hat Mais Tradition und die Leute haben daher einen Bezug dazu.»

Laut Bruhin ist es wichtig, den Läden gute Margen zu ermöglichen, wenn sie das Produkt verkaufen. So werde es auch beworben bzw. prominent platziert.

Immer wieder etwas Neues

Im Lauf der Jahre kam immer wieder etwas Neues dazu: Nach dem Ribelimehl folgte Bramata (ein grobes Polentagriess), später feinere Polenta und Chips. «Ein Türöffner war, als die Migros unsere Maischips als Aus-der-Region-Produkt ins Sortiment aufnahm», meint er. So kam der Linthmais in die Städte und Agglomerationen.

2009 mit Polenta Preis gewonnen

Einen Erfolg konnte der Schwyzer Bauer mit seiner «Chrütli-Polenta im Tüächli» feiern: Damit gewann er 2009 den Prix d’Excellence am Wettbewerb der Regionalprodukte. Die Idee dazu sei ihm im Gespräch mit Kunden gekommen, erklärt Christian Bruhin: «Die Leute klagten, nach dem Kochen der Polenta sei die Pfanne schmutzig und die Zubereitung aufwendig», erinnert er sich. Als er beim Einkaufen Reis im Kochbeutel sah, inspirierte ihn das zu seiner «Chrütli-Polenta im Tüächli». Sie enthält schon alle Gewürze, muss daher nicht abgeschmeckt werden und man kann sie zum Garen einfach im Baumwolltuch in heisses Wasser stellen.

Kundengespräche und mit offenen Augen einkaufen – das sind zwei Quellen für Christian Bruhins Ideen. «Ich bin manchmal zwei bis drei Stunden in einem Laden. Dabei kaufe ich nicht viel, sehe aber eine Menge.»

Am Anfang war das Bier

Das Projekt in seinen Anfängen gesichert hat aber nicht die Polenta, sondern Bier. Zu Christian Bruhins ersten Verarbeitungspartnern gehörte die Brauerei Einsiedeln, die Maisgold-Bier aus dem Linthmais herstellte. «So konnte ich garantiert eine gewisse Menge absetzen.»

Partnerbetriebe sind wichtig

Viel läuft beim Linthmais über Partnerbetriebe. Bruhin lässt die Körner zum Teil in Lohn verarbeiten. «Ich bin da ziemlich offensiv. Wenn ich eine Idee habe, rufe ich an und frage, ob man zusammenarbeiten könnte», erklärt er sein Vorgehen. So wird die «Chrütli-Polenta» zum Beispiel von einer Stiftung für Menschen mit Handicap verpackt.

In den ersten Jahren kein Gewinn

Mit einem neuen Produkt oder mit der Direktvermarktung sollte man nicht anfangen, wenn es fünf vor zwölf ist, davon ist der erfolgreiche Vermarkter überzeugt. «Ein solches Projekt braucht Aufbauzeit und -arbeit. Unter Druck geht das schlecht», erklärt Bruhin. Ausserdem verdiene man in den ersten zwei Jahren kaum etwas damit. Er selbst könne jetzt, 20 Jahre nach dem Startschuss mit dem Linthmais, langsam seinen Betrieb von Milchwirtschaft auf Ackerbau umstrukturieren. Die Anbaufläche ist von einer auf16 Hektaren angewachsen.

«Politiker fordern gerne mehr Innovation in der Landwirtschaft», sinniert Christian Bruhin. Dabei gehe aber vergessen, dass dazu erst nach der Arbeit auf dem Betrieb Zeit ist «und ich möchte den Politiker sehen, der nach einer langen Arbeitswoche noch feurige Ideen entwickeln kann.»

Selbst Schuld am Erfolg

Man müsse mit Freude bei der Sache sein und hinter seinen Produkten stehen können. Etwas selbst zu vermarkten, mache aber auch Spass. «Wenn es nicht gut läuft, ist es meine Schuld. Dann habe ich nicht gut zugehört oder die Lage falsch eingeschätzt. Aber wenn es gut läuft, ist es auch mein Erfolg», fasst Bruhin zusammen.

Maischips sind am beliebtesten

«Es ist wichtig, gute Produkte anzubieten. Dann kommen die Kunden auch wieder und fragen, ob es nicht noch etwas anderes gebe», meint er. Mit neuen Produkten lassen sich neue Kunden ansprechen. Aktuell am besten laufen die Maischips. «Die Leute mögen Snacks und bei den Chips muss man nicht kochen – Tüte auf und essen». Bis dahin war es aber ein langer Weg, vom wiederentdeckten Maiskorn bis zum fertigen Produkt.