Menschen, die ihre Lebensmittel im Reformhaus einkaufen, essen tendenziell gesünder als solche, die in einem Supermarkt einkaufen. Das heisst nicht, dass Lebensmittel beim Discounter grundsätzlich ungesünder wären. Vor allem aber trifft nicht zu, dass gesunde Ernährung kostspieliger ist. Das zeigt die Studie «Kosten gesunder Ernährung» der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen BE.


Ein ausgewogener Warenkorb mit frischen Produkten kostet demnach pro Paarhaushalt und Woche nur wenig mehr als ein ungesunder Warenkorb, nämlich rund 108 Franken gegenüber 95 Franken. Am teuersten ist ein gesunder Warenkorb mit vermehrt Fertig- und Halbfertigprodukten wie Lasagne oder Pizza zu 146,50 Franken.

Über die Berechnungen hinaus haben die Wissenschaftler der HAFL-Abteilung Food Science & Management einige Faktoren ausgemacht, welche die Kosten für gesunde Ernährung senken oder erhöhen: Je grösser der Haushalt, desto kleiner sind die Ausgaben pro Kopf, und in Haushalten mit Kindern wird gesünder gegessen. Auswärtige Verpflegung und Kinderbetreuung stellen bedeutende Kosten im Haushalt dar, und wer viel Geld ausgibt, isst nicht gesünder.

Persönliche Einstellung ist wichtig


«Weit grösseren Einfluss auf gesundes Essen als die Kosten haben unsere Haltung beim Einkauf, Kochen und zur Ernährung im breiteren Sinn», erklärt Luca Casetti. Er ist Co-Autor der gemeinsamen Studie mit Thomas Brunner, HAFL-Studienleiter für Konsumverhalten. Ihre Befragung von über 900 Personen aus der Deutsch- und Westschweiz stellte insbesondere Effekte bei den Einkaufsorten fest. «So essen diejenigen Leute ausgewogener, die oft im Weltladen, Reformhaus oder in der Landi einkaufen», resümiert Casetti.

Auch im Discounter werden Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung angeboten. Eine Person, der die Ernährung wichtig ist und im Aldi oder Lidl einkauft, ernähre sich jedoch weniger ausgewogen als eine Person, der die Ernährung genauso wichtig ist, aber im Reformhaus oder auf dem Wochenmarkt einkauft.

«Der Stellenwert der Ernährung und des Tierwohls sind sogenannte Treiber, die am meisten dazu führen, dass wir gesunde Produkte kaufen», führt Luca Casetti aus. Auch andere Ergebnisse liessen sich mit der allgemeinen Haltung zum Essen erklären. So ernähren sich Personen, die möglichst wenig Essensreste hinterlassen wollen, gesünder.


Mix zwischen Einkaufs- und Kochmustern


Einen Unterschied zwischen Stadt und Land haben die HAFL-Wissenschaftler zwar nicht festgestellt. Casetti nimmt an, dass Bauernhaushalte tiefere Kosten für Lebensmittel haben, wenn sie vieles selber im Garten oder Hof anbauen. «Allgemein sinken die Kosten für diejenigen, die Primärprodukte verwenden.»

Leute, die gerne kochen, greifen aus Zeitgründen immer wieder auf Convenience-Produkte zurück. Die Interviews ergaben oft einen Mix zwischen Einkaufs- und Kochmustern, etwa daheim gesund viel Gemüse verarbeiten, dazwischen Fertiggerichte für Mikrowellenofen im Büro und je nach Arbeit und Familie oft auswärts essen.

Saisonales ab Bauernhof und Wochenmarkt


Für die landwirtschaftlichen Produzenten interessant: Als häufigen Einkaufsort gaben zehn Prozent der Befragten einen Bauernhof an, mit Direkteinkauf oder im Abonnement. Weitere gut zehn Prozent gehen oft zum Wochenmarkt.


Wie Casetti ausführt, wird «Herkunft Schweiz» sehr hoch beurteilt: Zusammen mit dem hoch gewerteten Kriterium «saisonales Einkaufen» eröffne dies Bauern und Bäuerinnen ein Potenzial, vermehrt ab Hof zu verkaufen. «Die Leute könnten so selbst jetzt im Winter viel Abwechslung auf den Teller bringen mit Randen, Sellerie und Kohlarten.»


Der Wunsch zur gesunden Ernährung sei bei Konsumentinnen und Konsumenten vorhanden, bilanziert das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) als Auftraggeber der Studie. Es gebe aber Lücken im Ernährungswissen, die es erschwerten, sich konsequent gesund und auch günstig zu ernähren.

Viera Malach