Im April starben auf einem Milchviehbetrieb in Gachnang 65 Kühe an Botulismus – eine Vergiftung, verursacht durch einen Tierkadaver im Futter. Wie letzte Woche bekannt wurde, gab es nun erneut einen tragischen Fall. Diesmal ist der Milchschafbetrieb von Urs Maier in Iselisberg betroffen. Es ist damit der zweite schwerwiegende Botulismus-Fall im Kanton Thurgau innert weniger Wochen. Für Ueli Braun, Professor und Direktor des Departements für Nutztiere am Tierspital der Uni Zürich, ist das ein Zufall.


BauernZeitung: Herr Braun, der wievielte Botulismus-Fall ist das in diesem Jahr?


Ueli Braun: Für uns ist es der dritte Fall. Den Ersten hatten wir im Kanton Zürich mit 20 Kühen. Der zweite Fall war jener in Gachnang, wo 65 Kühe verendeten und der Dritte nun in Iselisberg, wo bis jetzt 200 Schafe starben.

Rechnen Sie künftig mit einer Zunahme von Botulismus-Fällen?

Ich denke, dass es sich um eine unglückliche Häufung handelt, da schon seit vielen Jahren TMR (Totalmischration) gefüttert wird.


Denken Sie, dass nach diesem zweiten hochgradigen Fall mehr Bauern ihre Tiere vorsorglich impfen werden?

Ich hoffe es. Leider sind die Fälle – wie alles Schlimme – schnell wieder vergessen und man geht zum Tagesgeschäft über.


Die beiden betroffenen Thurgauer Bauern, Urs Maier und Fritz Stettler, sagten, dass sie ihre Tiere künftig impfen werden ...


... die Impfung sollte zu einer von vielen vorbeugenden Massnahmen werden. Ein Schaden wie bei Familie Stettler oder Familie Maier ist ja nicht nur ein finanzielles Problem, sondern genauso ein Ereignis, das eine Bauernfamilie in den Grundfesten erschüttert.

In welchem Fall würden Sie einem Bauern zur Impfung seiner Tiere raten?

Ich rate jedem Landwirt zur Impfung, wenn er zerhäckselte Pflanzen, Silage, TMR verfüttert, weil er in diesen Fällen einen Kadaver erst entdeckt, wenn es zu spät ist.


Was halten Sie von Tierversicherungen gegen Botulismus?


Ich finde es besser, die Tiere vorbeugend zu impfen als das Geld für die Versicherung auszugeben. Die Tragik für eine Bauernfamilie bleibt, auch wenn die Tiere versichert sind. Es gibt immer noch sehr viele Bauernfamilien, die in ihren Tieren nicht nur Nummern, sondern Individuen sehen, die sie lieben. Zudem bekommt man nach einem Verlust von 50 oder 100 Tieren im Handel nie die gleich guten Tiere, die man vorher hatte.

Interview Stefanie Giger (schriftlich geführt)