Ein Schatten huscht über das frisch gemähte Feld. Christian Zwahlen schaut auf. Hoch oben, am wolkenlosen Himmel, kreist ein Milan. "Der kennt mich und wartet schon auf die Mäuse", sagt Zwahlen und schmunzelt. Der stille Beobachter wird sich noch etwas gedulden müssen. Zwahlen hat die Mäusefallen gerade erst gerichtet. Die Chancen stehen aber gut, dass es später für den Raubvogel etwas zu fressen gibt, denn: "In fast 100 Prozent der Fälle erwische ich nach kurzer Zeit eine Maus", erzählt Zwahlen.

Jagdgebiet ausgedehnt

Der pensionierte Landwirt geht den Mäusen auf seinem Land seit 30 Jahren an den Kragen. Angefangen hatte er, weil die Mäusehaufen beim Eingrasen störten: "Die Futterqualität war schlecht und die Messer des Mähers gingen kaputt", erklärt er. Er begann, nach dem Mähen Fallen zu stellen: "Wenn ich dranbleibe, kann sich keine grosse Population entwickeln und ich habe das Problem im Griff."

Früher war das "Mausen" eine von vielen Tätigkeiten, die zum Bauernalltag dazugehörten. Zusätzlich fuhr Zwahlen für die Firma Krummen aus Kerzers BE Poulets durch die Schweiz: "Das habe ich gerne gemacht. Ich hatte die Lastwagenkabine für mich alleine und war sehr selbstständig." Mittlerweile sei er aber froh, dass er nicht mehr auf die Strasse müsse, bei dem vielen Verkehr. Seit seiner Pensionierung widmet sich Zwahlen hauptsächlich dem Mausen. der 69-Jährige hat seine fünfeinhalb Hektaren Land an seinen Nachbarn verpachtet. Gleichzeitig hat er sein Jagdgebiet ausgedehnt, auf das Land des Nachbars. Jeden Tag nimmt er sich ein anderes Feld vor. Mit einer für ihn typischen Genauigkeit – er rottete früher systematisch den Hahnenfuss auf seinem Land aus – sucht er die Fläche ab. In der Hand hat er einen Stock. Mit dem sticht er an verdächtigen Stellen in den Boden. Sobald er einbricht, weiss er, dass er den Gang gefunden hat. Dann geht er auf die Knie bereitet die nächste Falle vor.

Fuchs stiehlt Fallen

Von Beginn an verwendete Zwahlen sogenannte Ringlifallen, bis heute ist er diesem System treu geblieben. Mittlerweile besitzt er rund 100 Stück von diesen Zangen. Die spannt er mit einem Ringli und legt sie dann in den freigelegten Mäusegang. Will die Maus frische Luft schnuppern, berührt sie das Ringli, die Falle schnappt zu und klemmt die Maus ein.

Er nimmt seine Aufgabe sehr genau. Die Falle muss perfekt ausgerichtet sein, sonst erwischt sie die Maus nicht. "Deswegen unterlege ich das eine Ende der Falle mit einem Grasbüschel", erläutert der Mausexperte. Dann deckt er die Falle mit etwas Erde zu, damit die Maus sich sicherer fühlt und sich hinauswagt. Solche Kniffs hat ihm niemand beigebracht. Vielmehr hat Zwahlen seine Technik über die Jahre selbst verfeinert. So hat er auch Erfahrungen mit Wildtieren gemacht. Neben dem Milan ist auch der Fuchs an den Mäusen interessiert. Da der Schlaumeier schon mehrere Male Zwahlens Fallen gestohlen hat, fixiert der sie nun mit einem Pfosten, den er in den Boden rammt. So kann der Fuchs graben, so viel er will und er, Zwahlen, finde zudem die Falle leichter wieder, meint er und lacht.

Die Installation ist innerhalb weniger Minuten aufgebaut. Und schon geht es weiter. Mit zügigen Schritten quert  Zwahlen den Hang. Mit den Augen sucht er das Feld nach dem nächsten Haufen ab. Er sieht genau, wo Mäuse am Werk waren und wo es sich nur um eine Traktorspur handelt.

Mit Geduld und Disziplin

Beim nächsten Haufen kniet er sich wieder hin und das Spielchen beginnt von vorne. Der steile Hang sei praktisch: "So muss ich meinen Rücken weniger krümmen. Und setze ich mich zum Znüni hin, geht das Aufstehen auch lockerer", sagt er und lacht. Allerdings nimmt Zwahlen sich selten Zeit für eine Pause, wie er zugibt.

Das Handwerk des Mausens benötigt aber nicht nur Zeit, sondern auch Geduld und viel Disziplin. "Ich muss immer dranbleiben und die Fallen regelmässig kontrollieren. Das macht den Erfolg aus", sagt Zwahlen. Das Mausen ist eine Arbeit, die nie zu Ende geht. Zwahlen beobachtet eher das Gegenteil: In den letzten Jahren war die Mäusepopulation konstant auf hohem Niveau. Die milden und trockenen Winter dezimieren die Schädlinge nicht genügend. Im Frühling ist dann die Anzahl Mäuse bereits von Beginn an hoch, erklärt Zwahlen. Es macht den Eindruck, als wäre Zwahlen dankbar darum. "Irgendetwas muss ich zu tun haben. Ich kann nicht einfach Däumchen drehen", sagt er. Beim Mausen sei er in der Natur, das gefalle ihm gut. Ausserdem hält ihn die Arbeit fit: "Ich absolviere einige Kilometer am Tag. Das ist viel besser, als beim Doktor im Wartezimmer zu sitzen", sagt er und lacht.

Fang im Flug

Der Milan gibt keine Ruhe. Da Zwahlen noch keine Maus gefangen hat, holt er zwei tote Mäuse vom Vortag. Er pfeift und schon zieht der Raubvogel seine Kreise enger und enger. Zwahlen wirft die Maus in den Himmel und zack! – schnappt sich der Milan seine Beute und fliegt davon. Christian Zwahlen schaut ihm zufrieden nach, bevor er sich wieder seinen Fallen widmet.