Über hundert Teilnehmende waren am 15. April vor den Bildschirmen, um an der ­Alpmeistertagung des Plantahofs in Landquart teilzunehmen. Das ist eine stattliche Zahl – aber doch nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Teilnehmer(innen) an dieser Tagung. Diese treffen sich normalerweise im April physisch, um das Neuste zur Alpung zu erfahren, aber auch um sich unter Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Hauptthemen dieses Jahr waren die Abkalbungen auf Alpen und Grossraubtiere, vor allem der Wolf.

Wegleitung Abkalbungen

Geburten auf den Alpen sind immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Das stellte der Kantonstierarzt Giochen Bearth fest. Mit der Anwesenheit von Grossraubtieren müsse man sich so einrichten, dass diesen keine Gelegenheit geboten werde, Neugeborene zu reissen. Zu diesem Zweck wurde eine breit abgestützte Arbeitsgruppe gebildet, die auf der Suche nach praktikablen Lösungen intensiv zusammengearbeitet hat.

Die Gruppe hat eine Wegleitung erstellt, welche Abkalbungen auf Sömmerungs- und Gemeinschaftsweidebetrieben regelt. Sie ist ein integrierter Bestandteil zu den Weisungen für die Sömmerung in den Kantonen Graubünden und Glarus. Es würden ­klare Vorgaben für die Alp­organisation, Infrastruktur und Betreuung gegeben, so dass jeder wisse, was zu tun sei, sagte Bearth. Mit dem Ratgeber für Unfallverhütung werde versucht Unfälle zu vermeiden. Dieser Herdenschutz werde vom Bundesamt für Umwelt anerkannt, allfällige Risse würden als geschützte Nutztierrisse entgolten.

Erste Erfahrungen gesammelt

Auf der Porteiner Alp werden laut Alpmeister Patrick Dönz schon seit einigen Jahren Vorkehrungen getroffen, um Abkalbungen möglichst ohne Risiko zu ermöglichen. Nun wolle man die neuen Weisungen zusätzlich anwenden und dann Ende Sommer sehen, was wirklich umgesetzt werden kann, was der effektive Nutzen war und wie sich die Wegleitung bewährt hat.

 

Die Bündner Alpen sind gut ausgelastet

Riet Pedotti vom Bündner Amt für Landwirtschaft und Geoinformation legte an der Alpmeistertagung dar, dass die Sömmerungsbeiträge für die Alpen sich bei rund 23 Millionen Franken pro Jahr eingependelt haben. Seit 2015 kamen jedoch noch Beiträge für Biodiversitätsförderflächen der Qualitätsstufe II dazu. Diese liegen heute bei knapp neun Millionen Franken. Die Auslastung der Bündner Alpen  – die Schafalpen ausgenommen –, liegt bei gut 95 Prozent. Diese schwankt je nach dem Futterangebot im Sommer auf den Heimbetrieben. 2020 wurde die Sömmerungserhebung erstmals digital über das Agri-Portal erfasst – man sei mit dem Resultat sehr zufrieden, so Riet Pedotti. Die Sömmerungserhebung sei analog zur Strukturdaten-Erhebung gestaltet. Laut Pedotti werden noch verschiedene Verbesserungen angestrebt, so dass sich diese Erhebung vereinfachen sollte. Pedotti gab den Rat, sich mit dem Assistenten durch die Erhebung führen zu lassen. Nach dieser ersten digitalen Erfassung wurden viel weniger Milchkühe und Milchkuh­alpen als bisher registriert. Es ist zu vermuten, dass viele vergessen hätten, die Anzahl der Milchkühe anzugeben. Denn ein Rückgang von elf Prozent ist nicht so ohne weiteres erklärbar. vcd

 

Im Zusammenhang mit der Präsenz von Grossraubtieren trat auch Adrian Arquint vor die Kamera. Der Amtsleiter Jagd und Fischerei (AJF) zeigte das Vorkommen der Wölfe im Kanton Graubünden auf und legte dar, wo es bereits Rudel gibt und wo es Haustierrisse gegeben hat. Es wird geschätzt, dass allein in Graubünden rund 50 Wölfe unterwegs seien. Dementsprechend gebe es auch eine steigende Anzahl an Nutztierrissen.

Es gebe neue Entschädigungsansätze bei Tieren der Rindergattung, so Adrian Arquint. Das Amt für Jagd und Fischerei übernehme das Monitoring, der Plantahof den Herdenschutz. Das ­Informationssystem der AJF-Homepage solle ausgebaut werden. Arquint rief dazu auf, Verhaltensänderungen bei Tieren der Rindergattung zu melden. Herdenschutzmassnahmen würden neu durch den Herdenschutzbeauftragten des Plan­ta­hof beurteilt.

Der Zukunft Sorge tragen

«Das Genossenschaftswesen – der Bündner Vorteil»: Unter diesem Titel stand das  Referat von Valentin Luzi. Der Abteilungsleiter Agrarmassnahmen, der in diesem Jahr in Pension geht, stellte fest, dass viele Bündner Alpen im Besitz der Gemeinden sind und von Genossenschaften betrieben werden. Somit habe jeder das Recht, seine Tiere auf der Alp seiner Gemeinde zu alpen. Zu den Rechten würden aber auch Pflichten gehören. Es gebe jedoch eine steigende Tendenz, dass Alpen von Privatpersonen gepachtet würden. Bei solchen Besitzverhältnissen hätten nicht mehr alle das Recht, ihre Tiere auf der gemeindeeigenen Alp zu sömmern. Zudem würden die Pächter(innen) die Sömmerung ihres Viehs oft mit dem Geld finanzieren, welches sie von den Bestössern erhalten. Bei einer Genossenschaft sei jeder Bestösser dabei und habe Rechte und Pflichten. Die Genossenschaft müsse organisiert und geleitet werden, dazu brauche es geeignete Leute. Da eine Genossenschaft demokratisch organisiert sei, würden Veränderungen Zeit brauchen. Das Nutzungsvermögen sei aber ein wertvolles Gut für die Bündner Alpwirtschaft und im Gemeindegesetz verankert. Dem müsse man Sorge tragen, so Valentin Luzi. 

Wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft

Die Alpwirtschaft ist ein integraler Bestandteil der Landwirtschaft. Das betonte Andrea Koch vom Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband. Rund 15 000 Älplerinnen und Älpler seien in diesem Sektor tätig. Die Alpwirtschaft bilde eine wichtige Futtergrundlage und biete das Sommerfutter für rund einen Viertel des Schweizer Viehbestands. Der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verein vertrete auf verschiedenen Ebenen die Interessen der Alpwirtschaft, vermittle Wissen und helfe bei der Vermarktung von Alpprodukten.