Saatgutpflichtlager sind an sich nichts Neues. Die Schweiz hatte sie in der Vergangenheit, sie wurden aber in den 1990er Jahren im Rahmen der Politik zur Reduktion der Pflichtlager abgeschafft. Dass es nun hierzulande wieder einen ständigen Notvorrat an Saatgut geben soll, begründet der Bundesrat mit der Veränderung des Marktes: Dieser habe sich stark konzentriert und internationalisiert. Eine Überprüfung der Krisenfestigkeit der Schweizer Saatgut-Versorgung sei daher zum Schluss gekommen, dass speziell beim Raps viele Risiken bestehen.

Vollständig auf Importe angewiesen

Raps ist gemäss dem erläuternden Bericht wichtig für die Inland-Versorgung mit pflanzlichen Ölen und Fetten. Es gebe aber hierzulande keine Rapszüchtung oder -vermehrung, weshalb die Produktion vollständig von Importen abhängig sei. Die für die Ernte 2022 empfohlenen Sorten stammen von nur fünf Firmen. 

Neben diesen Schwachpunkten in der Versorgung spricht die gute Lagerfähigkeit des Raps-Saatguts aus Sicht des Bundesrat für ein Pflichtlager. Ausserdem seien Sortenwechsel frühzeitig absehbar. 

Leicht höhere Preise für Saatgut

Der Verordnungsentwurf für die Wiedereinführung von Pflichtlagern ist in der Vernehmlassung. Er sieht vor, dass die Lager von jenen Marktteilnehmern angelegt und unterhalten werden müssen, die Raps-Saatgut für die Ölgewinnung importieren oder zum ersten Mal einführen. Auch die Kosten müssen die betroffenen vier bis sieben Firmen selbst tragen, sie würden auf die Produktpreise überwälzt. 

Diese Lagerkosten wären allerdings verhältnismässig gering, heisst es beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL auf Anfrage der BauernZeitung. Pro Kilogramm schätzt das BWL Mehrkosten von etwa 14 Rappen.

Weitere Kulturen könnten folgen

Zu einem späteren Zeitpunkt könnte auch für andere Nutzpflanzen eine Pflicht zur Lagerhaltung eingeführt werden. Grösse und Qualität sollen sich nach der aktuellen Struktur des Saatgutmarktes in der Schweiz und den zulässigen Sorten richten. Für Raps soll das Pflichtlager die marktüblichen Sorten im Umfang eines Jahresbedarfs zur einheimischen Herstellung von Rapsöl abdecken.

 

Grosse Abhängigkeit von Importen

In der Schweiz konzentriert sich die Zuchtarbeit laut erläuterndem Bericht zur Vernehmlassung auf ausgewählte Kulturen wie Getreide, Leguminosen, Äpfel, Reben und Futtergräser. Für Raps, Sonnenblumen, Zuckerrüben oder Kartoffeln sei die Zucht aufwändiger, der Schweizer Absatzmarkt kleiner. Daher werde das Saat- oder Pflanzgut dieser Kulturen vollständig importiert. Vor allem von Raps-, Sonnenblumen- und Zuckerrübensaatgut sowie von Gemüsesetzlingen und -samen werden «signifikante Mengen» importiert. 

Ersatzmöglichkeiten bei Kartoffeln

Die Abklärungen des Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL haben ergeben, dass es auch in der Versorgung mit Kartoffelpflanzgut «zahlreiche Verwundbarkeiten» bestehen. Es gebe aber Ersatzmöglichkeiten, so könne man z. B. zur Not Speisekartoffeln als Pflanzgut verwenden. Daher sehe man von einem Pflichtlager für Kartoffeln ab. Das soll aber neu beurteilt werden, falls Kartoffel-Saat- statt Pflanzgut auf den Markt käme. 

Zuckerübensamen sind schlecht lagerbar

Auch bei den Zuckerrüben sei die Versorgung nicht ganz wasserdicht. Jedoch sei das Saatgut nur begrenzt lagerfähig und der Sortenwechsel geschehe rasch. Daher ziehe man für Zuckerrüben-Saatgut derzeit kein Pflichtlager in Betracht.