«Die Milch ist eine der schwierigeren Branchen», relativierte Rudolf Bigler die Erfolge bereits zu Beginn der Informationsveranstaltung der Aaremilch AG. Diese hatte ihre Produzenten am Mittwoch nach Thun eingeladen und sie kamen zahlreich. Zwar sei die Nachfolgelösung des Schoggigesetzes ein Erfolg und der Grüne Teppich gut gestartet: «Die Bäume werden trotzdem nicht in den Himmel wachsen». Nach wie vor leidet die Milchbranche unter dem Preisdruck aus dem Ausland. 

Grüner Teppich zu billig verkauft

Verwaltungsratspräsident Rudolf Bigler kennt auch die Stimmen aus den Reihen seiner Produzenten, welche der Ansicht sind, dass der Grüne Teppich mit drei Rappen zu billig verkauft wurde. Bigler kennt aber auch die Argumente der Milchverarbeiter, welche sich auf den Standpunkt stellen, die Anforderungen des Grünen Teppichs seien mit den Tierwohlprogrammen genügend abgegolten. So habe es mit einem Milchverarbeiter harte und lange Verhandlungen gebraucht, bis dieser zumindest auf der halben Menge die drei Rappen Zuschlag bezahlt habe. In diesem Jahr plane eben dieser Verarbeiter, diese Milchmenge im Rahmen des Veredelungsverkehrs im Ausland zu beschaffen. Um welchen Milchverarbeiter es sich handelt, wollte Bigler auch auf Nachfrage aus dem Publikum nicht sagen. Man sei auf die weitere Zusammenarbeit mit diesem Verarbeiter angewiesen, begründete er sein Schweigen. Bigler sieht das Positive, nämlich dass sich die gesamte Branche auf eine Charta geeinigt habe. Kleiner Schönheitsfehler ist die Migros, welche sich zwar zur Charta bekennt, jedoch einen eigenen Nachhaltigkeitsstandard definiert hat.

Der Makel vom Schoggigesetz

«Der Markt ist im Moment im Lot, die Richtung stimmt», betonte der Geschäftsführer der Aaremilch AG, Donat Schneider. Dies liege auch daran, dass in jedem Monat des Jahres 2019 weniger Milch eingeliefert worden sei als im gleichen Monat des Vorjahres. Als Makel musste er zugeben, dass es nicht gelungen sei, die 4,5 Rappen der Nachfolgelösung Schoggigesetz am Markt vollständig zu realisieren. Bei der Lancierung sei der Milchpreis gesunken. Schneider stellte als Trostpflaster Ende Sommer 2020 die besten Milchpreise seit vier Jahren in Aussicht. Ein Anliegen hatte er an die Produzenten, nämlich dass sie vermehrt auf Milchinhaltsstoffe züchten. So sei der Preisunterschied ­zwischen Milch mit sehr hohen und sehr tiefen Gehalten bis zu 15 Rappen.

 

Mehrwertprogramme Aaremilch 2020

 

 

Branchenstandard nachhaltige Schweizer Milch (BNSM)

Klimaschonende und Ressourceneffiziente Milchproduktion (KLIR)

Nachhaltige Milch Migros (NHM)

Wiesen-
milch

A2-Urmilch

Zuschlag Programm

3 Rp. auf Anteil A-Segment

2,4 Rp./kg
Bis 1000.–
pro Betrieb

3 Rp./kg
Bis 1000.–
pro Betrieb

5 Rp./kg
abverkaufte
Milch

12 Rp./kg
abverkaufte
Milch

BNSM pro Tag
A-Segment

3 Rp.

3 Rp.

0 Rp.

0 Rp.

0 Rp.

Total Mehrwert
pro kg MVM

1,5–2 Rp.

1,5–5 Rp.

3–3,5 Rp.

4–5 Rp.

4,5 Rp.

Menge Milch kg Verkauf

86 Mio

22 Mio

29 Mio

10 Mio

0,5 Mio

Mehrerlös
2020 in Franken

2,58 Mio

0,55 Mio

0,87 Mio

0,5 Mio

0,075 Mio

 

So viel Mehrerlös bringen die einzelnen Programme den Produzenten.Quelle: Aaremilch AG

 

Die Produzenten sind gefragt  

Geht es um nachhaltig produzierte Milch, liegt der Ball vorwiegend bei den Produzenten. So kam aus dem Publikum die Frage, warum die Massnahmen des Grünen Teppichs nur die Milchproduzenten beträfen und nicht die Verarbeiter. Rudolf Bigler meinte dazu, dass es halt der Landwirt sei, der diesbezüglich im Schaufenster stehe, jedoch hätten auch die Verarbeiter ­Anstrengungen unternommen. Wenn sich die Klimarelevanz  der Landwirtschaft vermarkten lässt, hat das durchaus seine Vorteile. So werde in bisherigen Studien die Klimarelevanz von Dauergrünland stark unterschätzt, betonte Andreas Stämpfli in seinem Referat zu den Mehrwertprogrammen. Also dürften die Landwirte künftig noch weitere Mehrwerte ihrer Milchproduktion vermarkten können. In der Schweiz ist nur ein kleiner Teil der Fläche für den Ackerbau geeignet. Der Rest kann lediglich mit Grasfressern bewirtschaftet und zu Milch und Fleisch veredelt werden. Klimapolitisch ist diese Argumentation noch nicht ausgeschöpft.