Wer exportieren will, kann auf die Unterstützung des Bundes zählen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unterstützt nämlich sämtliche Branchen der Schweizer Wirtschaft «dort wo es sinnvoll und notwendig ist, beim Export ihrer Produkte und beim Erschliessen neuer Absatzmärkte.» Konkret geht es dabei meist um Bewilligungsverfahren und Marktzulassungen.

Einigen Akteuren innerhalb der Milch- und Fleischbranche ist das aber zu wenig, sie gründeten deshalb am Donnerstag den Verein «Plattform Agrarexporte». Dieser soll den Absatz von Fleisch und Milchprodukten im Ausland einfacher möglich machen und ergänzt eine Arbeitsgruppe des Bundes, die bisher als Koordinationsplattform diente.  Getragen wird sie von der Vereinigung der Schweizer Milchindustrie (VMI), dem Verband der gewerblichen Käser – Fromarte, Switzerland Cheese Marketing (SCM), Der Fleischbranchen-Organisation Proviande und dem Fleischverarbeiter Centravo.

Zu viel für einen Verband

Dass der Verein in dieser Form gegründet wurde, hat viel mit der Arbeit zu tun, die von den Verbänden nicht bewältigt werden kann. VMI-Geschäftsführer Lorenz Hirt erklärt, dass die Anforderungen, die an den Export von Nahrungsmittel tierischen Ursprungs – Käse, zum Beispiel – gestellt werden, im Vergleich zu anderen Industrieprodukten oft komplexer und vielschichtiger sind. Für den Export setze das eine rebiungslose Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden voraus, so Hirt weiter. Die Plattform Agrarexporte sei aus Sicht der Milchbranche  nötig, weil die bestehenden Exportförderungsmassnahmen des Bundes nicht ausreichen.

Kern des Problems sind vor allem die sogenannt nichttarifären Handelshemmnisse. Diese sorgen regelmässig für Probleme, wie Hirt am Beispiel von Käseexporten nach Russland zeigt: Vergangenes Jahr musste die Branche innert weniger Monate ein fast 100-seitiges Dokument erarbeiten, das als Grundlage für den Export von Käse dient. Diese Checkliste dient den Schweizer Behörden als Grundlage für jährliche Audits, die nach russischem Recht erfolgen müssen. Wie Hirt weiter ausführt, müsse schliesslich ein Vertreter des kantonalen Labors bei jedem einzelnen Verlad der Ware auf den Lastwagen physisch anwesend sein, damit am Ende das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen den notwendigen Stempel auf die Exportdokumente geben kann. Wer nach China Milchpulver exportieren will und dazu ein neues Werk aufstellt  – wie das der Luzerner Milchverarbeiter Hochdorf tat – muss ein zusätzliches Audit durchführen.

Wie VMI-Geschäftsführer Lorenz Hirt sagt, sei deshalb eine gemeinsame Drehscheibe, die die Schnittstellen zwischen den Unternehmen, der Branche, den Kantonen und dem Bund betreut zentral für die Entwicklung der Milchbranche. «Wir sind auf Exporte angewiesen. Diese Märkte sind zwar schwierig, aber interesssant», sagt Hirt.

Unzureichendes Angebot

Das Problem an und für sich ist nicht neu. Selbst der Bund weiss um die Schwierigkeit mit den nichttarifären Handelshemmnissen. Das Seco verweist darauf, dass die Agrarexportbranche – wie jede andere Branche auch –  die Dienstleistungen von Switzerland Global Enterprise (SGE) nutzen könne. Die Plattform wird vom Seco mandatiert und unterstützt alle Export-Interessierten dabei, im Ausland Fuss zu fassen. Bei der Plattform Agrarexporte indes will sich das Seco zurückziehen. Offenbar ist es dem Bundesamt nicht wohl dabei, einzelne Branchen separat zu behandeln.

Anders sehen das dem Vernehmen nach das Bundesamt für Landwirtschaft und das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Beide haben signalisiert, die Plattform Agrarexporte mit einer Anschubfinanzierung zu unterstützen. Federführend wird das BLV sein, derweil das BLW die Plattform Agrarexporte finanziell unterstützen und auch als Teil der Agrarpolitik 2022+ berücksichtigen will. Entsprechend ist mit der Vereinsgründung ein Gesuch um Anschubfinanzierung als Exportinitiative  verbunden, das laut Lorenz Hirt demnächst eingereicht werden soll. Das Geld des Bundes und der Mitglieder soll dann für die Besetzung einer Geschäftsstelle eingesetzt werden.

Das Seco sieht auf Anfrage in der neuen Plattform keine Bedrohung für Switzerland Global Enterprise sondern eine «willkommene Ergänzung der Exportförder-Landschaft».